Bundestagsabgeordnete wollen neues BND-Gesetz
Archivmeldung vom 23.05.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtIm Bundestag ist eine Debatte darüber entbrannt, die Gesetze für die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes grundlegend zu überarbeiten: "Wir müssen über ein neues BND-Gesetz nachdenken", sagte der Obmann der SPD im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages, Christian Flisek, zu "SZ.de". Er fordert, das G-10- und das BND-Gesetz einer "schnellen Überarbeitung zu unterziehen".
Das G-10-Gesetz regelt, inwiefern deutsche Geheimdienste in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis eingreifen dürfen. Das BND-Gesetz umreißt die Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes. Für Flisek besteht nach der ersten öffentlichen Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses "dringender Handlungsbedarf". In der Sitzung am Donnerstag hatten drei renommierte Staatsrechtler dem BND vorgeworfen, er handele in Teilen grundgesetzwidrig, berichtet "SZ.de".
Hans-Jürgen-Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Wolfgang Hoffmann-Riem, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, und Matthias Bäcker von der Uni Mannheim unterstellten dabei, dass der BND Daten nutze, die ihm etwa vom US-Geheimdienst NSA übermittelt würden. Die NSA saugt den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden zufolge täglich millionenfach Daten aus dem Internet ab - wohl auch von deutschen Staatsbürgern. Eine solche "anlasslose, flächendeckende Speicherung von Daten" sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, die Verwendung der Daten daher "unzulässig".
Die Richter kritisierten außerdem, dass der BND im Ausland zu Aufklärungsmitteln greife, die etwa das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, die Achtung der Privatsphäre oder den Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses verletzten. All diese Grundrechte leiteten sich aus Artikel 1 des Grundgesetzes ab, der Unantastbarkeit der Würde des Menschen, erklärte Papier. Der BND handele im rechtsfreien Raum, so die Richter. Sie empfahlen Änderungen des G-10- und des BND-Gesetzes. Für Flisek ist klar: "Das war ein erstes wirkliches Ergebnis des Ausschusses."
Unterstützung bekommt der SPD-Politiker von den Grünen. Konstantin von Notz, Obmann seiner Fraktion im NSA-Untersuchungsausschuss, sagte "SZ.de", die Rechtsexperten hätten auf "einen prekären Zustand hingewiesen". Das müsse jetzt "zeitnah geregelt werden". Von Notz bot an, sich der Sache "gerne fraktionsübergreifend" annehmen zu wollen. Er plädierte für eine Änderung des Grundgesetzes, die Wolfgang Hoffmann-Riem im Ausschuss vorgeschlagen hatte. Darin solle auch der Schutz von technischer Infrastruktur wie dem Internet und seiner Knotenpunkte als Staatsziel aufgenommen werden. Der Vorschlag wurde von Papier ausdrücklich befürwortet.
Roderich Kiesewetter, Obmann der Unions-Fraktion im Untersuchungsausschuss, warnte hingegen vor Schnellschüssen. Er bezweifle, dass es Nachsteuerungsbedarf in den Gesetzen gebe, sagte Kiesewetter "SZ.de". Durch die Aussagen der Juristen sehe er zwar "sehr großen Prüfungsbedarf". Erst danach könne abgesehen werden, "ob sich Handlungen daraus ergeben".
Kiesewetter betonte, der BND "seit 1953 auf gesetzlichen Grundlagen arbeitet". Er könne sich "nicht vorstellen, dass sich seitdem alle Bundesregierungen fehlerhaft verhalten hätten." Es gelte "klar abzuwägen für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland".
Der BND müsse weiter Augenhöhe mit den anderen Diensten operieren können. Deutschland habe einen "Schutzauftrag für die Sicherheit seiner Bürger". Selbst wenn die Gesetze überarbeitet werden müssten, dürften dadurch die Befugnisse des BND auf keinen Fall eingeschränkt werden.
Verfassungsschutz-Chef kritisiert Datensammelwut der US-Geheimdienste
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, hat die Datensammelwut der US-Geheimdienste kritisiert. "Es ist sehr wichtig mit den Amerikanern über das Thema Cybersicherheit in den Dialog zu treten und entsprechende Gespräche zu führen. Aber es gibt wahrscheinlich ein unterschiedliches Verständnis in Deutschland und Amerika über Fragen des Datenschutzes", sagte Maaßen der "Bild"-Zeitung. "Unsere amerikanischen Partner müssen verstehen, dass in Deutschland eine sehr viel größere Sensibilität hinsichtlich der Sammlung von Massendaten herrscht."
Das BfV sieht außerdem keine eigenen Fehler im Fall der NSA-Spähattacke auf das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Von einem Versagen kann keine Rede sein, diese Kritik weise ich zurück", sagte Maaßen.
Gleichzeitig gestand er ein, den Umfang der NSA-Abhörmaßnahmen in Deutschland nicht zu kennen. "Wir wissen nicht genau, was die Amerikaner machen. Technische Aufklärungsmaßnahmen, die von ausländischen Staaten vom Ausland aus durchgeführt werden, sind für uns grundsätzlich kaum feststellbar. Wir müssen uns aus deutscher Perspektive einfach besser schützen. Wir als BfV sind auch nicht dafür da, andere Staaten auszuspähen, sondern wir wollen dazu beitragen, dass wir auf unsere sensiblen Informationen bestmöglich achtgeben."
Quelle: dts Nachrichtenagentur