Wissing: Bahn hat sich bei Europameisterschaft übernommen
Archivmeldung vom 12.07.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićBundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) stellt der Deutschen Bahn ein schlechtes Zeugnis für ihren Einsatz während der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland aus.
"Was den Fans teilweise widerfahren ist, entspricht nicht dem Anspruch
Deutschlands und nicht dem Anspruch, den ich an unsere
Verkehrsinfrastruktur habe", sagte Wissing der "Welt am Sonntag". Er
sehe vor allem zwei Gründe für die Probleme des Staatskonzerns während
der EM: "Mit der Ankündigung, während der EM täglich 10.000 zusätzliche
Sitzplätze im Zugverkehr zur Verfügung zu stellen, hat sich die DB
übernommen", sagte Wissing. "Auch wenn die Absicht dahinter sicher gut
war, kann das Netz im derzeitigen Zustand diese zusätzlichen Kapazitäten
nicht bewältigen."
Die zweite Ursache für die Schwierigkeiten
der Bahn sieht der Verkehrsminister in den Wetterverhältnissen: "Die
ersten Wochen der EM waren geprägt von Starkregen und den anhaltenden
Folgen der Überschwemmungen im Süden. Für solche Extremwetterlagen ist
das Netz nicht ausgelegt, weil die Entwässerungssysteme diese
Wassermassen nicht aufnehmen können", so Wissing. Deshalb werde man bei
der am Montag beginnenden Generalsanierung der Hochleistungskorridore
auch Entwässerungsanlagen verbessern. "Die Infrastruktur wird also nicht
nur moderner, sondern auch resilienter gegenüber klimawandelbedingten
Extremwetterlagen", sagte der Minister.
Wissing ergänzte, dass
die geplante Generalsanierung von insgesamt 41 vielbefahrenen
Bahnstrecken bis 2031 fest eingeplant sei, auch wenn die Finanzierung
noch nicht gesichert ist. "Das Paket ist gesetzlich vereinbart", sagte
er. Das Bundesverfassungsgericht habe aber nun mal entschieden, dass die
Haushaltsentscheidungen "strikt dem Jährlichkeitsprinzip unterliegen".
Man müsse daher jedes Jahr aufs Neue darlegen, wie viele Mittel man für
die im kommenden Jahr anstehenden Arbeiten brauche. "Das macht die
Planung solcher Großprojekte nicht einfacher, weil die Bauindustrie
langfristige Planungssicherheit braucht, um Baukapazitäten aufbauen zu
können", gab Wissing zu. "Darum kämpfe ich nicht nur für den jeweils
kommenden Haushalt, sondern auch darum, dass die Mittelfristplanung
diese Sicherheit widerspiegelt."
Er denke aber auch darüber nach,
wie sich die Finanzierung dauerhaft absichern lasse. "Wegen des
Investitionsstaus in Deutschland - den ich vorgefunden und nicht
verursacht habe - müssen wir auch fragen, wie wir die
Infrastrukturinvestitionen verstetigen können", sagte Wissing. "Wir
müssen aber parallel noch einen Krieg ertragen, den Russland über die
Ukraine gebracht hat, und werden mit immer neuen Stresssituationen in
der Haushaltspolitik konfrontiert."
Wissing kündigte zudem an,
das derzeitige System der Trassenpreise, einer Art Schienenmaut für alle
Züge, überprüfen zu wollen. Gestiegene Kosten und die Erhöhung des
Eigenkapitals der Bahn würden in den kommenden Jahren zu einem massiven
Anstieg der Trassenpreise und damit womöglich deutlich teureren
Bahntickets führen. "Wir schauen uns die Entwicklung der Trassenpreise
genau an", sagte der Verkehrsminister. "Die aktuell geltenden Regelungen
können keine dauerhafte Lösung sein. Perspektivisch werden wir nicht
umhinkommen, das zu modifizieren." Dennoch müsse auch die dem Gemeinwohl
verpflichtete Infrastruktur-Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn,
InfraGo AG, Geld erwirtschaften, da sie sonst die Infrastruktur nicht
instand halten könne. "Gleichwohl: Wir schauen uns die aktuellen Effekte
sehr genau an", sagte Wissing. "Und dort, wo wir eine nicht
sachgerechte Erhöhung der Trassenpreise vermeiden können, werden wir
Verbesserungen vorschlagen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur