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Städtebund: Krippen-Initiative kostet 9,5 Milliarden Euro zusätzlich

Archivmeldung vom 03.03.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Auf 9,5 Milliarden Euro zusätzlich summiert sich, nach Berechnungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, die Kinder-Krippen-Initiative der großen Koalition. Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Gerd Landsberg, sieht dafür in einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Montag-Ausgabe) denBund in der Zahlungspflicht und geht von einer sehr viel stärkeren Nutzung des versprochenen Krippenplatz-Angebots in der Praxis aus, als von Union und SPD skizziert.

Um dem Bund eine solche Initiative zu ermöglichen, will sein Verband bei den laufenden Verhandlungen über die Föderalismusreform II eine entsprechende Grundgesetzklausel verankern, die es dem Bund ermöglichen soll, den Gemeinden auf direktem Weg zweckgebundene Mittel zukommen zu lassen, kündigte Landsberg an.

"Bei einem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz - den wir nach wie vor ablehnen - gehen wir davon aus, dass mindestens 40 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen solchen Platz auch beanspruchen werden. Also bräuchten wir in etwa 897 000 Krippenplätze", sagte Landsberg. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) geht von 500 000 aus, unterstellt aber, dass nur 30 Prozent der Kinder unter drei Jahren von ihren Eltern auch in Krippen zur Betreuung gegeben werden. "Die Erfahrung" lehre, beispielsweise bei der Umsetzung des Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, dass es eine größere Nachfrage gebe. "Wenn ein Anspruch da ist, wird der auch vermehrt genutzt. Erst recht, wenn die Nutzung kostenlos sein sollte."

Der Verbandsvertreter warnte deshalb die Politik davor, sich ihre Initiativen ständig schön zu rechnen. "Bei insgesamt notwendigen 897 000 Krippenplätzen entstehen dadurch zusätzliche Kosten von rund 6,8 Milliarden Euro pro Jahr. Kommt dann noch das erklärte politische Ziel der Kostenfreiheit hinzu - das wir für politisch falsch halten - erhöht sich diese Summe auf insgesamt 9,5 Milliarden Euro." Landsberg meinte, man habe bei der Betreuungs-Verbesserung derartig viel zu erledigen, dass man sich eine Kostenfreiheit der Krippenplätze keinesfalls leisten könne. "Unstreitig sind die Mängel in der Infrastruktur. Wir haben auch Mängel in der Qualifizierung des Personals. Es gibt großen Nachholbedarf in den baulichen Anlagen. Das ist alles viel, viel wichtiger als die Frage, ob Eltern einen kleinen Beitrag dazu leisten oder nicht." Zumal die Zuzahlungen sozial gestaffelt seien.

Landsberg warnte zudem die Politik vor der Annahme, wegen der sinkenden Geburtenraten würden bald verstärkt Mittel für die dann noch notwendige Betreuung frei. Das Prinzip der so genannten "demokratischen Rendite" funktioniere nicht. "Was nützt es einer Stadt in Süddeutschland, wenn irgendwo in Mecklenburg Kindergartenplätze frei sind? Die Politik sollte aufhören, neue Wohltaten mit den angeblichen Einsparungen von übermorgen zu finanzieren. Das hat noch nie funktioniert."

Mit Blick auf die angeregte Grundgesetz-Änderung, um den Bund Eigeninitiativen auf kommunaler Ebene zu ermöglichen, warb Landsberg bei den Parteien und Ländern um Unterstützung. "Man sollte bei der Föderalismusreform II, die jetzt in Arbeit ist, den Mut haben, zu sagen: Wir schaffen die Möglichkeit, dass es eine Bundeskompetenz für zweckgebundene Zuwendungen an die Gemeinden gibt, zum Beispiel für Kinderbetreuung und Bildung." Aus seiner Sicht gehörten dazu auch noch der Katastrophenschutz und die öffentliche Sicherheit. "Das ist keine grundsätzliche Aufgabenübertragung, sondern eine zweckgebundene Zuwendung von Mitteln, die gegebenenfalls dann die Länder kontrollieren könnten." Die Alternative wäre, dass die Länder als Zwischenstation eingeschaltet würden. "Aber da haben wir so unsere Erfahrung gemacht. Die Länder haben gern etwas klebrige Hände, wenn Geld vom Bund an die Kommunen weitergegeben werden soll", warnte der Hauptgeschäftsführer. "Wenn man die Krippen-Offensive gesamtgesellschaftlich will, und es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dann muss man auch den Mut und die Kraft haben, dafür die rechtlichen Voraussetzungen im Grundgesetz zu schaffen." Landsberg sagte, sein Verband werde einen entsprechenden Vorschlag in die Kommission einbringen.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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