Entwicklungsminister: Waffenlieferungen an Kurden kein Tabubruch
Archivmeldung vom 25.08.2014
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Manuel SchmidtFür Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sind deutsche Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak kein Tabubruch, sondern eine Ausnahme. Die Bundesregierung sei dem Engagement der USA im Irak sehr dankbar, "aber natürlich haben auch wir Deutsche eine Verantwortung, und die erfüllen wir, indem wir jetzt in dieser extremen Situation Hilfe zur Notwehr leisten", sagte Müller in einem Gespräch mit der Zeitung "Augsburger Allgemeine".
Demnach gehe es im Nordirak um die Verhinderung eines Völkermords. "Wir versuchen hier, einen Genozid vor unserer Haustür zu stoppen. Dieser Fall ist so einmalig, dass man ihn nicht verallgemeinern kann." Aus diesem Ausnahmefall leite sich jedoch "keine Neuorientierung unserer Außenpolitik oder gar ein lockerer Umgang mit Rüstungsexporten ab. Wir begehen keinen Tabubruch", betonte der Bundesminister.
Gleichzeitig sprach sich Müller für eine Ausweitung humanitärer Hilfsmaßnahmen aus: "In Syrien, im Irak und den umliegenden Ländern sind im Moment mehr als zwölf Millionen Menschen auf der Flucht, die Hälfte von ihnen Kinder. Die derzeitigen Hilfsmaßnahmen reichen bei Weitem nicht aus, um ihr Elend zu lindern und deshalb werden auch wir unsere Hilfe noch einmal verstärken müssen." Es helfe nichts, an der Front das Morden zu verhindern, wenn hinter der Front weiter gestorben werde.
Stegner sieht Rückendeckung für Ablehnung von Waffenlieferungen
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD, Ralf Stegner, ist dem Eindruck entgegengetreten, dass seine ablehnende Haltung zu deutschen Waffenlieferungen in den Nordirak nur eine Einzelmeinung in seiner Partei darstelle: "Nach allem, was mir bekannt ist, gibt es auch viele in der SPD, die meine Bedenken teilen. Eine kleine Minderheit ist das jedenfalls nicht", sagte Stegner der "Saarbrücker Zeitung".
Zugleich sprach sich Stegner für eine breite Debatte in der SPD zu dem Thema aus. Darin müssten auch die Unterschiede zur Union deutlich werden. "Wichtig ist, dass wir diese Debatte respektvoll miteinander führen und dabei deutlich machen, dass wir es hier nicht mit einer gemeinsamen Haltung der Bundesregierung zu tun haben", sagte Stegner.
So dürfe die SPD es Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht einfach durchgehen lassen, "wenn sie den Konflikt im Irak zum Anlass nimmt, einem generellen militärischen Tabubruch das Wort zu reden". Das nächste sei dann eine Entsendung deutscher Soldaten, wie es bereits in der Union gefordert werde, warnte Stegner. "Davon muss sich die SPD klar und deutlich distanzieren."
Kretschmann für Bundestagsabstimmung über Waffenlieferungen in den Nordirak
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann fordert eine Abstimmung des Bundestags über Waffenlieferungen in den Nordirak. Das halte er für "erforderlich", sagte der Grünen-Politiker dem Nachrichtenmagazin "Spiegel".
Die Bundesregierung will in dieser Woche Lieferungen beschließen, eine Zustimmung des Parlaments hält sie nicht für notwendig. Geplant sind lediglich eine Debatte in einer Sondersitzung des Bundestags am ersten September und eine Regierungserklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Aus Kretschmanns Sicht ist das angesichts dieser "gravierenden Frage, bei der man von der bisherigen Haltung Deutschlands abweichen will", zu wenig. "Ich würde der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen dringend dazu raten, den Bundestag über diese Frage entscheiden zu lassen." Damit widerspricht Kretschmann auch der Grünen-Bundestagsfraktion, die sich mit einer Sondersitzung samt Regierungserklärung zufrieden geben würde.
CSU-Minister Schmidt unterstützt Waffenlieferung an Kurden im Irak
Die CSU steht zu der Entscheidung der Bundesregierung, Waffen an die Kurden im Nordirak zu liefern, um sie im Kampf gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) zu unterstützen. Christian Schmidt, stellvertretender CSU-Chef und Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, sagte der "Welt am Sonntag": "Die CSU will keine Schleusen für militärisches Engagement öffnen, aber wir müssen tun, was unsere Pflicht in größter Not auch für unsere chrstlichen Glaubensbrüder ist: Beizutragen - notfalls auch durch Übergabe unserer Waffen -, dass sie eine Überlebenschance haben."
Schmidt, der auch Landeschef des Arbeitskreises Außen- und Sicherheitspolitik der CSU ist, betonte: "Es ist nicht nur abscheulich grausam, wie IS-Terroristen morden und quälen, es ist auch näher bei uns, als Afghanistan es je war." Wer Hilfeleistung unterlasse, "kann nur hoffen, dass ihm trotzdem einer hilft, wenn der Terror uns zu Hause besucht".
Die Entscheidung über die Waffenlieferungen war von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und vier Ministern ohne Beteiligung der CSU getroffen worden. Zuvor hatte Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) deutlich gemacht, dass er Waffenlieferungen skeptisch gegenübersteht.
Quelle: dts Nachrichtenagentur