Ärzte: Digitalisierung reduziert Bürokratie nicht
Archivmeldung vom 10.02.2020
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Freigeschaltet durch André OttBürokratie-Wahn in Deutschlands Arztpraxen: 65 Prozent der niedergelassenen Ärzte müssen täglich mehr als eine Stunde dem Kampf mit den Formularen opfern, zeigt eine aktuelle Umfrage des Ärztenachrichtendienstes (änd.de). Zeit, die bei der Patientenbehandlung fehlt.
Über 1.400 niedergelassene Haus- und Fachärzte beteiligten sich an der Befragung zum Thema Bürokratie, die der änd in der vergangenen Woche durchführte. Bei der Frage, wie viel Zeit das Ausfüllen von Formularen und das Abklären von schriftlichen oder telefonischen Anfragen verschlingt, gab sogar fast jeder vierte Niedergelassene (23 Prozent) an, mehr als zwei Stunden täglich dafür zu benötigen.
Insbesondere Anfragen von und Dokumente für Krankenkassen, Versorgungs- oder Arbeitsämter sowie Sozialgerichte verstopfen demnach die Praxen. Aber auch QM-Bögen, Hygiene- und Datenschutzformulare rauben nach Berichten der Ärzte wichtige Zeit. Auf die Frage, welches Formular ein besonderes Ärgernis darstellt, führen Muster 52 (Bericht für die Krankenkasse bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit) sowie die 61 (Beratung zu medizinischer Rehabilitation) die Hitparade der Ärgernisse an.
Alarmierend: 91 Prozent der Ärzte sind fest davon überzeugt, dass die bürokratische Belastung in der ambulanten medizinischen Versorgung in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat.
Politik unwissend oder ignorant?
Über die Gründe dafür gibt es keine zwei Meinungen: Satte 95 Prozent der Ärzte betonen, dass immer mehr gesetzliche Bestimmungen, die Vertragsärzte erfüllen müssen, zu der Entwicklung geführt hätten. Rund die Hälfte (51 Prozent) sieht einen Nebenfaktor außerdem in immer häufigeren Patientenanfragen und -forderungen oder (44 Prozent) in einer immer komplexer werdenden, modernen Medizin.
Gut die Hälfte der befragten Ärzte (49 Prozent) glaubt dabei, dass Politikern und Körperschaften gar nicht bewusst ist, was in den Praxen durch die Bürokratie für eine Belastung entsteht. 41 Prozent sind dagegen pessimistischer: Sie denken laut Umfrage, dass die Probleme durchaus bekannt sind - aber nichts dagegen unternommen wird, weil der Kampf gegen die Bürokratie für die Verantwortlichen keinen hohen Stellenwert hat.
Ist denn wenigstens im Zuge der Digitalisierung Besserung zu erwarten? Nein, meint die Mehrheit der Niedergelassenen: Satte 78 Prozent fürchten, dass mit neuen digitalen Prozessen sogar zusätzliche Verwaltungsarbeit anfällt. Nur vier Prozent hegen die Hoffnung, dass es zu spürbaren Verbesserungen kommt.
Datenbasis: An der Online-Befragung unter den änd-Mitgliedern nahmen vom 4. bis zum 7. Februar 2020 insgesamt 1.411 niedergelassene Haus- und Fachärzte aus dem ganzen Bundesgebiet teil. Der in Hamburg ansässige Ärztenachrichtendienst (änd) ist eine Verbindung aus berufsbezogenem Nachrichtendienst und aktiver Diskussionsplattform zum innerärztlichen Wissensaustausch. Rund 50.000 Ärzte sind derzeit Mitglied auf www.aend.de.
Quelle: Ärztenachrichtendienst Verlags-AG (änd) (ots)