Roth für Verteidigungsetat wie zu Zeiten des Kalten Krieges
Knapp drei Wochen vor dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump fordert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), eine eigenständigere europäische Verteidigung.
Trumps Einzug ins Weiße Haus am 20. Januar bedeute "erhebliche Risiken
für Europa sowohl in der Sicherheits- als auch in der Handelspolitik",
sagte Roth dem "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe). So habe Trump
"mehrfach die US-Sicherheitsgarantie für die Nato infrage gestellt und
strebt einen Deal mit Wladimir Putin an, der im schlimmsten Fall die
Sicherheitsinteressen der Ukraine und Europas ignorieren könnte".
Unabhängig
davon, wer künftig im Weißen Haus regiere, müsse Europa mehr
Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen, forderte der
SPD-Politiker. "Das bedeutet, dass unsere Verteidigungsausgaben deutlich
steigen müssen - die zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts dürfen
dabei nur das Minimum sein", sagte Roth: "Gegen Ende des Jahrzehnts
sollten wir Verteidigungsinvestitionen erreichen, die mit denen der Zeit
des Kalten Krieges vergleichbar sind." In den 1960er-Jahren gab die
Bundesrepublik im Schnitt mehr als vier Prozent ihrer Wirtschaftskraft
für Verteidigung aus, in den 1970er-Jahren im Schnitt gut drei Prozent.
In diesem Jahr sind es 2,1 Prozent.
Die Bedrohung durch Russland
sei heute mindestens genauso ernst zu nehmen wie damals durch die
Sowjetunion, sagte Roth. Ziel müsse "ein Europa sein, das in der Lage
ist, sich konventionell eigenständig zu verteidigen". Eine Abhängigkeit
von den USA sollte sich allein auf die nukleare Abschreckung
beschränken.
In der Handelspolitik betrachte Trump die EU als
Gegner und werfe ihr vor, die USA seit Jahrzehnten auszunutzen, sagte
der SPD-Politiker: "Ein Handelskonflikt mit gegenseitigen Strafzöllen
scheint unausweichlich." Die zweite Amtszeit Trumps werde eine
"ernsthafte Bewährungsprobe für Europa". Doch in jeder Krise stecke eine
Chance, sagte Roth: "Sie könnte Europa enger zusammenführen und den
Anstoß für neue Integrationsschritte sowie ein stärkeres, geeinteres
Europa geben."
Roth mahnte eine gemeinsame China-Strategie
Deutschlands mit den USA an. "Europa steht vor der Gefahr eines zweiten
China-Schocks", sagte er. Der Industriestandort Deutschland gerate
zunehmend durch Chinas Überproduktion in der Elektromobilität und
anderen grünen Technologien unter Druck. Hinzu komme Chinas
Unterstützung für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, "die unsere
Sicherheitsinteressen direkt beeinträchtigt", so Roth: "Deshalb ist es
in unserem zentralen Interesse, mit der US-Regierung - unabhängig von
ihrer politischen Führung - eine gemeinsame und entschlossene Strategie
im Umgang mit China zu entwickeln."
Quelle: dts Nachrichtenagentur