Ex-Grünen-Chefin Lang: Merz-Wahlkampf war eine "Sauerei"
Grünen-Politikerin Ricarda Lang hält die Kehrtwende von CDU-Chef Friedrich Merz bei den Themen Schuldenbremse und Sondervermögen für demokratiegefährdend. Merz habe seine Wähler "angelogen", sagte Lang dem Nachrichtenportal T-Online. "So was kostet enorm Vertrauen, und zwar in das Funktionieren unserer Demokratie insgesamt."
Lang sagte: "Wir erleben eine Krise der repräsentativen Demokratie."
Viele Menschen hätten das Gefühl, die demokratischen Parteien sprächen
nicht ehrlich aus, was sie wollten. Rechtspopulisten wie Donald Trump
hingegen seien da sehr klar. "Das Verhalten von Friedrich Merz bestätigt
diesen Kontrast einmal mehr. Wer sich darüber freut, sind die
Antidemokraten."
Eine Blockade der Vorschläge von Union und SPD
aus Prinzip findet Lang aber nicht richtig. "Ich halte Merz' Wahlkampf
für eine Sauerei, aber daraus folgt nicht, dass ich mich beleidigt in
die Ecke stelle und den moralischen Zeigefinger hebe", sagte Lang. Für
die Grünen gehe es nun darum, die Vorschläge von Union und SPD besser zu
machen, indem man "dringend notwendige Investitionen in den
Klimaschutz" verankere und weiter auf eine grundsätzliche Reform der
Schuldenbremse dränge.
Lang mahnte ihre Partei nach dem für sie
enttäuschenden Ergebnis der Bundestagswahl zu mehr Ehrlichkeit. "Trauen
wir uns, auszusprechen, was unsere Politik an Veränderung bedeutet",
sagte Lang dem Nachrichtenportal T-Online. "Was sie Gutes bringt, aber
auch was sie kostet. Wer die Kosten trägt - und wie wir dafür sorgen
wollen, dass es nicht ausgerechnet Menschen mit ohnehin geringem
Einkommen sind."
Die ehemalige Parteivorsitzende forderte: "Wir
müssen uns auch in schwierigen Themen wieder zutrauen, meinungsbildende
Kraft zu sein." Die Grünen verbrächten "viel Zeit damit, Formulierungen
für Parteitagsbeschlüsse zu suchen, in denen jeder seinen Halbsatz
wiederfindet", sagte sie. "Das Ergebnis ist allerdings oft, dass da
draußen niemand mehr versteht, was wir genau wollen."
Es brauche
"mehr Klarheit" und dafür auch "Entscheidungen" bei innerparteilich
umstrittenen Fragen wie der Migrationspolitik. Das enttäuschende
Wahlergebnis sieht Lang "zum Teil auch als mein Ergebnis" an, sagte sie.
Denn man müsse auf die letzten Jahre schauen.
Lang war bis
November 2024 Parteichefin der Grünen. "Wir haben die Deutungshoheit
über uns selbst verloren", sagte sie. "Wir haben Fehler und es anderen
damit leicht gemacht, uns in die ideologische Ecke zu stellen." Als
Beispiele nannte sie den "verkrampften Streit" über den kurzen
Streckbetrieb für die Atomkraftwerke und den "sehr defensiven Umgang mit
dem Gebäudeenergiegesetz".
Quelle: dts Nachrichtenagentur