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Top-Ökonomen attackieren Anti-Euro-Partei

Archivmeldung vom 01.06.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.06.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: La-Liana / pixelio.de
Bild: La-Liana / pixelio.de

In der Debatte um eine mögliche Auflösung der Euro-Zone attackieren fünf der bekanntesten deutschen Ökonomen die Anti-Euro-Partei "Alternative für Deutschland". Die Wissenschaftler, darunter die Chefs der Forschungsinstitute DIW, ZEW und IW Köln, warnen in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" vor einer "chaotischen wirtschaftlichen Lage", wenn mehrere Länder den Euro verlassen.

Sie schreiben: "Wir halten das für den falschen Weg und plädieren dafür, die Währungsunion in ihrer jetzigen Zusammensetzung zu bewahren." Sie wehren sich damit dagegen, dass ihre Zunft von der neuen Partei und deren Chef, dem Ökonomen Bernd Lucke, vereinnahmt wird.

Die AfD hatte sich in ihrem Wahlprogramm zuvor für "eine geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebiets" ausgesprochen.

Die fünf Top-Ökonomen halten es dagegen für "illusorisch, dass die Auflösung der Währungsunion in einem geordneten, rationalen Verhandlungsprozess erfolgen könnte". Dafür seien die Interessensgegensätze der EU-Staaten und vor allem der Druck der Kapitalmärkte zu groß. Die fünf Top-Ökonomen warnen, dass die Krisenländer durch einen Austritt aus der Euro-Zone den Zugang zum Kapitalmarkt verlieren. Dies "kann zu einem wirtschaftlichen Kollaps der Krisenländer führen, wie die Erfahrung vergangener Schuldenrestrukturierungen allzu deutlich macht. Dieses würde eine weitere Verschärfung der Arbeitslosigkeit und der wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Länder auf viele Jahre bedeuten", schreiben sie. "Auch Deutschland würde sich einer solchen Krise nicht entziehen können und wirtschaftlich einen hohen Preis durch niedrigeres Wachstum sowie hohe direkte und indirekte finanzielle Kosten zahlen", warnen sie.

Die Autoren des Pro-Euro-Aufruf halten es zudem für kaum möglich, in den Krisenländern, so wie von der AfD vorgeschlagen, eigene Währungen parallel zum Euro einzuführen. Dieser Plan "kann nicht funktionieren", schreiben sie: "Die Kapitalmärkte würden sofort gegen die neue Währung spekulieren. Es würde zu einer massiven Kapitalflucht kommen, die die Finanzierungskosten für Staat, Unternehmen und private Haushalte sehr viel stärker anstiegen ließe, als es Europa in den letzten Jahren erfahren musste. Dies würde zu einer noch tieferen Rezession und sozialen Schieflage in den Austrittsländern führen."

Die fünf Top-Ökonomen plädieren stattdessen dafür, die Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer zu erhöhen, die Haushalte zu sanieren und für mehr Wachstum zu sorgen. "Die Alternative zur Auflösung der Währungsunion besteht in dem Versuch, die Krise unter Bewahrung der gemeinsamen Währung zu überwinden", schreiben die Wirtschaftswissenschaftler, "es wird langwierig und schwierig sein, und es wird eine hohe Disziplin seitens der Politik und Geduld erfordern."

Den Pro-Euro-Aufruf verfasst haben Marcel Fratzscher, Präsident Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin; Clemens Fuest, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim; Hans Peter Grüner, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim; Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, und Jörg Rocholl, Präsident der European School of Management and Technology in Berlin.

FDP sieht Positionen der AfD dahinschmelzen

Die FDP wertet die Gedankenspiele des Chefs der "Alternative für Deutschland" (AfD), Bernd Lucke, über eine Zusammenarbeit mit Union und FDP nach der Bundestagswahl als Beleg für die inhaltliche Leere der Partei: "Die Positionen der AfD schmelzen dahin wie Schnee in der Sonne", sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Volker Wissing, "Handelsblatt-Online". Am Anfang habe die Wiedereinführung der D-Mark gestanden, dann der Rausschmiss Italiens aus der Euro-Zone. Mittlerweile sei davon nur noch die Forderung nach einer Kontrolle der Schuldentragfähigkeit der Euroländer durch ein unabhängiges Expertengremium übrig.

"Die Kritik der AfD an der Stabilisierungspolitik der Bundesregierung hat sich damit schrittweise in nichts aufgelöst", sagte Wissing weiter. "Mit seinem weitgehenden Einschwenken auf den politischen Kurs von Union und FDP zeigt Herr Lucke, dass die AfD keine Alternative für Deutschland parat hat." Wer wolle, dass die FDP regiere, müsse FDP wählen, so Wissing.

Lucke hatte zuvor in einem Interview gesagt, es seien Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Union und FDP denkbar in Form von Koalitionen oder in Form von Tolerierungen. Dies gehe "aber nur dann, wenn der jeweilige Partner seine Position in der Euro-Rettungspolitik grundlegend verändert". Voraussetzung sei etwa, dass nicht mehr die Troika aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Union über die Freigabe von Hilfsgeldern entscheidet, sondern ein unabhängiges Expertengremium.

SPD und Union weisen Tolerierungsangebot der AfD zurück

Union und SPD haben das Angebot einer möglichen Tolerierung einer Koalition durch die eurokritische Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) zurückgewiesen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte der "Bild-Zeitung", sie schließe eine Zusammenarbeit mit der AfD aus: "Da träumt offenbar jemand. Nicht die anderen Parteien müssen ihre Euro-Politik radikal ändern, sondern die AfD."

Ablehnend reagierte auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer: "Die Union macht hervorragende Politik für Deutschland und für Europa. Unseren erfolgreichen Weg werden wir genauso weiter gehen. Für eine Zusammenarbeit mit der sogenannten Alternative für Deutschland sehe ich weder einen Anlass noch eine inhaltliche Grundlage."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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