ZDF-Politbarometer April I 2011
Archivmeldung vom 01.04.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Manuel SchmidtNach den beiden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, bei denen die Grünen große Gewinne erzielen konnten, legt die Partei auch bundesweit stark zu. In der Politbarometer-Projektion, die Parteibindungen und koalitionstaktische Überlegungen berücksichtigt, verbesserten sich die Grünen auf 19 Prozent (plus 4). Verluste verzeichneten dagegen CDU/CSU mit 34 Prozent (minus 2), SPD mit 28 Prozent (minus 1) sowie die Linke mit 8 Prozent (minus 1). Die FDP käme unverändert auf 5 Prozent, die sonstigen Parteien zusammen erneut auf 6 Prozent.
Bei der Bewertung verschiedener Koalitionsmodelle erhält ein rot-grünes Bündnis die größte Zustimmung: Wenn es im Bund zu einer Koalition aus SPD und Grünen käme, fänden das 48 Prozent der Befragten gut (schlecht: 36 Prozent, egal: 13 Prozent), eine Regierung aus CDU/CSU und SPD beurteilten 46 Prozent als gut (schlecht: 32 Prozent, egal: 19 Prozent) und eine Koalition aus CDU/CSU und Grünen 34 Prozent (schlecht: 44 Prozent, egal: 18 Prozent). Eine Wiederauflage von Schwarz-Gelb fände lediglich die Unterstützung von 20 Prozent, 59 Prozent lehnten sie ab (egal: 18 Prozent).
In Baden-Württemberg können die Grünen jetzt erstmals in einem Bundesland den Ministerpräsidenten stellen. Eine Mehrheit von 56 Prozent begrüßt das, 25 Prozent finden dies nicht gut, und 17 Prozent ist es egal. Die geringste Zustimmung erfährt ein grüner Regierungschef von den Anhängern der CDU/CSU (30 Prozent) und der FDP (34 Prozent), während sich rund zwei Drittel der Anhänger von SPD (68 Prozent) und Linke (62 Prozent) sowie erwartungsgemäß fast alle Grünen-Anhänger (95 Prozent) positiv äußern.
Die FDP musste bei allen Landtagswahlen im März deutliche Verluste hinnehmen und ist zwei Mal an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Der Parteivorsitzende Guido Westerwelle hat für 69 Prozent der Befragten daran sehr große (25 Prozent) oder große (44 Prozent) Schuld, nur 26 Prozent weisen ihm nicht so große (22 Prozent) oder keine Schuld (4 Prozent) zu. Auf dem Bundesparteitag der FDP im Mai wird der Vorstand neu gewählt, die meisten Befragten (55 Prozent) glauben nicht, dass Guido Westerwelle danach noch Vorsitzender der FDP sein wird, 36 Prozent glauben, er bleibe im Amt. Kritisch wird aber nicht nur der Vorsitzende gesehen, sondern auch die Glaubwürdigkeit seiner Partei. So halten nur 15 Prozent die Politik der FDP eher für glaubwürdig, 79 Prozent aber für nicht glaubwürdig. Am besten schneiden in punkto Glaubwürdigkeit die Grünen mit 62 Prozent ab (nicht glaubwürdig: 33 Prozent), die Politik der SPD ist für 45 Prozent eher glaubwürdig, für 49 Prozent ist sie es nicht. Bei allen anderen Parteien sind die Skeptiker deutlich in der Überzahl: Die Politik der CSU bezeichnen 37 Prozent als eher glaubwürdig (nicht: 54 Prozent), die der CDU 35 Prozent (nicht: 60 Prozent) und die der Linken nur 22 Prozent (nicht: 71 Prozent).
Bei der Einschätzung der zehn wichtigsten Politiker nach Sympathie und Leistung auf einer Skala von +5 bis -5 liegt Karl-Theodor zu Guttenberg auch vier Wochen nach dem Rücktritt von seinen Ämtern weiter knapp an der Spitze der Top 10. Er verschlechtert sich etwas und erreicht einen Durchschnittswert von 1,2 (Feb. II: 1,4). Auf Platz zwei kommt Frank-Walter Steinmeier mit 1,0 (Feb. II: 1,1). Dann, in Note und Rang nach unten gerutscht, Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 0,9 (Feb. II: 1,4). Mit 0,7 (Feb. II: 0,8) schließt sich auf Platz vier Ursula von der Leyen an, danach Wolfgang Schäuble mit 0,6 (Feb. II: 0,8). Es folgen Horst Seehofer mit 0,3 (Feb. II: 0,4), Renate Künast mit 0,2 (Feb. II: 0,1), die sich als einzige in dieser Woche minimal verbessern kann, und Sigmar Gabriel mit 0,1 (Feb. II: 0,4). Im Negativbereich der Skala bleiben Gregor Gysi mit minus 1,0 (Feb. II: minus 0,8) und Guido Westerwelle, der große Einbußen hat und auf minus 1,7 (Feb. II: minus 1,0) fällt.
Nach der Reaktorkatastrophe in Japan plädieren 55 Prozent für einen möglichst schnellen Ausstieg aus der Atomenergie (9 Prozent für Laufzeitverlängerung bis 2035; 34 Prozent für ursprünglich geplanten Ausstieg bis 2021). Die sieben ältesten Atomkraftwerke hat die Bundesregierung nun vorübergehend stillgelegt und eine Sicherheitsüberprüfung angeordnet. Nur 39 Prozent glauben, dass diese Meiler nach Ende des Moratoriums endgültig vom Netz gehen werden, mit 55 Prozent bezweifelt das aber die Mehrheit der Befragten. Insgesamt erwarten 50 Prozent, dass die Bundesregierung deutlich schneller als geplant aus der Atomkraft aussteigen wird, 45 Prozent halten das nicht für realistisch.
Während 62 Prozent der Deutschen den internationalen Militäreinsatz in Libyen grundsätzlich richtig finden (nicht richtig: 29 Prozent), finden es auch 70 Prozent richtig, dass Deutschland sich daran nicht beteiligt (nicht richtig: 27 Prozent).
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 29. bis 31. März 2011 bei 1283 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Parteianteil von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Parteianteil von 10 Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU: 33 Prozent, SPD: 30 Prozent, FDP: 3 Prozent, Linke: 6 Prozent, Grüne: 23 Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 15. April 2011.
Quelle: ZDF