Grünen-Fraktion will Steuerprivilegien für Reiche abschaffen
Archivmeldung vom 27.09.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićIn der Debatte über die künftige inhaltliche Ausrichtung der Grünen hat sich der designierte Leiter des Bundestagswahlkampfs mit Vorschlägen zur Schere zwischen Arm und Reich zu Wort gemeldet. "Die Ungleichheit in Deutschland ist ein Problem", sagte Andreas Audretsch, Vizefraktionschef der Grünen im Bundestag, dem "Spiegel".
Die reichsten ein Prozent hätten insgesamt mehr Vermögen als 90 Prozent
der restlichen Menschen. Gleichzeitig sei es kaum möglich, durch eigene
Arbeit ein Vermögen aufzubauen, so der Grünenpolitiker. "Das liegt auch
an unserem Steuersystem, das viel zu viele Lücken aufweist, die nur sehr
reiche Menschen nutzen können."
In einem achtseitigen Papier für
den "Zukunftskongress" der Grünenbundestagsfraktion am Montag schlägt
Audretsch zusammen mit der finanzpolitischen Sprecherin der Fraktion,
Katharina Beck, konkrete Maßnahmen vor. Neben der Reform der
Schuldenbremse und einem "Deutschland-Investitionsfonds für Bund, Länder
und Kommunen" schlagen die Autoren Änderungen im Steuerrecht vor.
Bislang
gilt bei Immobilienverkäufen die Regel: Wer innerhalb von zehn Jahren
ein Objekt kauft und wieder verkauft, muss auf den erzielten Gewinn eine
Spekulationsteuer zahlen, danach nicht mehr. Audretsch und Beck
schlagen vor, Gewinne aus Immobilienverkäufen nicht mehr nach zehn
Jahren steuerfrei zu stellen. "Wir fordern die Abschaffung dieser
Spekulationsfrist für nicht zu eigenen Wohnzwecken gehaltene
Immobilien", heißt es in dem Papier. Ohne diese Steuerprivilegien, so
die Autoren, "stünden der Gesellschaft perspektivisch bis zu sechs
Milliarden Euro im Jahr mehr für das Gemeinwohl zur Verfügung".
Auch
im Erbschaftsrecht sehen die grünen Finanzexperten Reformbedarf. Die
eigentlich zu zahlende Erbschaftsteuer könne derzeit bei übertragenen
Vermögenswerten von mehr als 26 Millionen Euro vollständig erlassen
werden, wenn die Erben in einer sogenannten Verschonungsbedarfsprüfung
nachwiesen, dass sie "bedürftig" seien und die Steuer nicht aus ihrem
aktuell verfügbaren Privatvermögen zahlen könnten, kritisieren Audretsch
und Beck. Milliardenschwere Schenkungen an Kinder und
Vermögensübertragungen auf extra neu gegründete Familienstiftungen
blieben auf diese Weise steuerfrei.
Zudem wollen die beiden
Grünenpolitiker die Ausnahme abschaffen, dass Erben von
Wohnungsunternehmen mit einem Immobilienbestand von mindestens 300
Wohneinheiten keine Erbschaftsteuer zahlen müssen. Rund eine Milliarde
Euro könnten die Bundesländer dadurch mehr einnehmen.
"Wer sehr
viel erbt, zahlt häufig gar keine Erbschaftsteuer, während mittelgroße
Erbschaften fair besteuert werden und kleinere richtigerweise durch
Freibeträge befreit sind", sagte Beck dem Nachrichtenmagazin. "Es sind
Ungerechtigkeiten wie diese, die wir künftig dringend abbauen sollten."
Quelle: dts Nachrichtenagentur