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Expertengremium mahnt akuten Reformbedarf im Familienrecht an: Bundesfamilienministerium verhindert Veröffentlichung des eigenen Gutachtens

Archivmeldung vom 14.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Eine Familie (Symbolbild)
Eine Familie (Symbolbild)

Bild: © CC0 / Stephanie Pratt/pixabay

Der wissenschaftliche Beirat des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) präsentierte im März 2021 sein Gutachten "Gemeinsam getrennt Erziehen" und dokumentierte darin den überfälligen Reformbedarf im bundesdeutschen Familienrecht. "Seit Jahren werden die notwendigen Reformen im Familienrecht systematisch verhindert.

Es wird spannend, wie konsequent nun die neue Regierungskoalition die Empfehlungen umsetzen wird", mahnt Gerd Riedmeier, Vorsitzender des Vereins Forum Soziale Inklusion (FSI) an. Die beiden letzten Familienministerinnen, Franziska Giffey und Christine Lambrecht (beide SPD), verweigerten die Veröffentlichung des Gutachtens und fuhren eine Verhinderungs- und Verzögerungspolitik. Erst aufgrund der Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz eines engagierten Mitglieds des Vereins sah sich das Ministerium gezwungen, das Gutachten herauszugeben.

Die Ausführungen im Gutachten zeigen, "es besteht weitreichender Reformbedarf, um eine geteilte Betreuung von Kindern durch ihre getrennten Eltern in unserem Rechtssystem zu verankern." Dies betreffe "insbesondere die Unterhaltsregeln, die unterschiedlichen Ausprägungen geteilter Betreuung Rechnung tragen sollten", aber auch weitere Rechtsbereiche wie Melderecht und statistische Erhebung von Trennungsfamilien.

"Den Bemühungen um eine zukunftsorientierte Familienpolitik, welche die gemeinsame Elternverantwortung fördert", so der Beirat, stehe bislang "ein familienrechtliches Regelwerk gegenüber, das die Rollen beider Eltern nach Trennung und Scheidung ungleich verteilt und neben dem hauptbetreuenden einen lediglich umgangsberechtigten Elternteil vorsieht" und konkretisiert: "Der Änderungsbedarf ist offenkundig".

Der Beirat spricht sich weiter dafür aus, dass "die Betreuung und Erziehung der Kinder durch beide Eltern vor und nach einer Trennung und Scheidung Ziel einer zukunftsorientierten Familienpolitik sein sollte". Es sei "ein großes Anliegen, die geteilte Betreuung im Rechtssystem zu integrieren." Auch die Aufteilung von staatlichen Leistungen wie Kindergeld auf beide Haushalte der Trennungseltern müsse angemessen geregelt werden.

Inhalte und Empfehlungen liegen auf einer Linie mit früheren Beiträgen des Deutschen Juristentags, der Bundeskonferenz der Justizminister sowie der Entschließung 2079 des Europarats aus dem Jahr 2015. [A1] Auch FSI begrüßt grundsätzlich die Empfehlungen des Gutachtens des mit 21 Professorinnen und Professoren namhaft besetzten wissenschaftlichen Beirats. [A2]

Es stellt sich jedoch die Frage, warum das BMFSFJ die Studie des eigenen Beirats bisher nicht selbst veröffentlicht hat. Da die Empfehlungen zu großen Teilen der Argumentation als auch der Handlungslinie des Ministeriums widersprechen, steht der Verdacht im Raum, dass das Gutachten unsichtbar gemacht werden sollte. Eine ähnliche Verschleppungsstrategie ist bereits aus früheren Fällen bekannt. [A3] Dazu passt auch die Weigerung des Ministeriums, die Ergebnisse ihrer eigenen Studie "Kindeswohl und Umgangsrecht" (Petra-Studie) zu veröffentlichen, die 2017 beauftragt wurde.

Die Vorschläge zur zeitgemäßen Aufteilung von Betreuungs- und Barunterhaltsleistungen auf beide Haushalte in Trennungsfamilien gehen FSI und anderen familienpolitischen Initiativen jedoch nicht weit genug. Nicht immer ist der Leitgedanke zweier gleichwertiger und gleich wichtiger Eltern Basis aller Überlegungen im Gutachten.

FSI und viele weitere Stimmen aus der Mitte der Zivilgesellschaft fordern eine zügige Umsetzung der überfälligen Reformen im Familienrecht. Die Empfehlungen des Beirats können hierbei einen wichtigen Beitrag leisten. FSI fordert einen breiten öffentlichen Diskurs zu den anstehenden Reformen.

Quelle: FSI - Forum Soziale Inklusion e.V. (ots)

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