Thüringer Verfassungsschutz-Chef kritisiert Linkspartei
Archivmeldung vom 02.12.2016
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Freigeschaltet durch André OttThüringens Verfassungsschutz-Präsident Stephan Kramer hat sein Amt gegen die massive Kritik der regierenden Linkspartei in Schutz genommen und seinen nach den NSU-Pannen eingeschlagenen Reformkurs verteidigt. "Im Thüringer Verfassungsschutz ist substanziell aufgeräumt worden. Alibi-Reformen oder bloße Kosmetik waren und sind keine Lösung", sagte Kramer dem Nachrichtenmagazin "Focus". Die Umbrüche in der Behörde seien so gravierend gewesen, dass die nachrichtendienstliche Arbeit lange Zeit gefährdet war.
"Das Misstrauen der anderen Landesämter war groß. Thüringen wurde von wichtigen Informationsflüssen abgeschnitten und stand bis vor wenigen Monaten weitgehend isoliert da", sagte Kramer dem Magazin. Grund war die Tatsache, dass die Erfurter Behörde alle NSU-Akten ohne Freigabeabstimmung sofort an die Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern geliefert hatte.
"Aus politischer Sicht war es richtig, alles weiterzugeben. Was die Zusammenarbeit innerhalb des Verfassungsschutzverbunds angeht, war es ein absolutes Desaster ein Vertrauensbruch", so Kramer. Schließlich hätten die Akten auch Hinweise auf Quellen anderer Ämter enthalten. "Mittlerweile sind wir im Verbund wieder dabei", so der Verfassungsschutz-Chef.
Kramer verwahrte sich gegen die Dauerangriffe der in Thüringen mitregierenden Linkspartei und kritisierte die seiner Ansicht nach unwürdigen Umgangsformen einiger Politiker. "Dass Teile der Linkspartei nichts von uns halten, wusste ich bereits vor meinem Amtsantritt. Das ist Teil der Geschäftsgrundlage, und damit kann ich umgehen. Was mich jedoch enttäuscht, ist die Tatsache, dass einige Personen dieser Partei bis heute nicht einmal mit mir reden.
Sie lehnen jedes Gespräch ab", so Kramer. Teile der Linkspartei hätten kein Interesse, in einen kritischen Dialog mit der Sicherheitsbehörde einzutreten. "Stattdessen erleben wir nur Polemik und reflexhafte Missbilligung: Der Verfassungsschutz sieht nix, macht nix, taugt nix." Kramer stellte klar, dass er die "pauschalen Vorverurteilungen" nicht länger hinnehmen werde.
"Bei der Kritik geht es nicht um Inhalte, sondern um Stimmungsmache. Doch so schnell geben wir nicht auf. Wir sind weder faul noch dämlich, noch überflüssig." Kramer betonte, wie wichtig der Einsatz von V-Leuten zur Gefahrenabwehr sei: "Ohne V-Leute haben wir kaum eine Chance, in hochkonspirativ agierende Gruppen einzudringen.
Wir können uns natürlich in die Tasche lügen und sagen: Okay, da gibt es abgeschottete Extremistenzirkel, die ziemlich sicher Schlimmes planen, aber da wollen wir nicht ran. Und wenn was passiert, haben wir Pech gehabt." Er glaube nicht, dass das der Ansatz sei, "den wir verfolgen sollten". Zu dem von der rot-rot-grünen Landesregierung erschwerten Einsatz von V-Leuten in Thüringen sagte Kramer: "Es war richtig, die V-Leute-Regelung nach der NSU-Katastrophe neu zu überdenken und sämtliche alten Quellen abzuschalten.
In Thüringen dürfen wir V-Leute heute nur im Zusammenhang mit der Aufklärung terroristischer Gefahren nutzen. Dem geht eine umfassende Prüfung der Personen und des Verfahrens voraus. Fakt ist, dass die Arbeit eines Dienstes dadurch nicht einfacher wird."
Quelle: dts Nachrichtenagentur