Migrationsexperte Knaus kritisiert Merz-Plan
Der Politikwissenschaftler Gerald Knaus hat die Migrationspläne der Union kritisiert und vor einer weiteren Stärkung der AfD gewarnt. "Ich verstand die Motivation. Die Erwartung der Bevölkerung ist groß, gleichzeitig gewinnen in vielen Demokratien Rechtspopulisten und Rechtsextreme Wahlen", sagte Knaus dem Nachrichtenportal T-Online mit Blick auf den Fünf-Punkte-Plan von CDU-Chef Friedrich Merz.
"Doch gut gemeint ist nicht gut gemacht. Der Fünf-Punkte-Aktionsplan ist
in zu vielen Teilen einfach nicht umsetzbar. Er würde zwar einen Bruch
mit europäischem Recht und Spannungen mit europäischen Nachbarn in Kauf
nehmen, aber trotzdem scheitern."
Die Union fordert in einem
Fünf-Punkte-Migrationsplan eine Rückführungsoffensive für abgelehnte
Asylbewerber, Leistungskürzungen für Migranten, Asylverfahren außerhalb
der EU, strengere Grenzkontrollen sowie eine Verschärfung des
Staatsbürgerschaftsrechts.
Der Migrationsexperte attestiert Merz
fehlenden Realismus in der Migrationsdebatte. "Etwa die Idee, alle
Migration an der deutschen Binnengrenze zu stoppen, per Dekret. Gerade
jetzt braucht es Vorschläge, die nicht von vorneherein scheitern
werden", so Knaus. "Die politische Mitte muss zeigen, dass beim Thema
Migration Kontrolle hergestellt werden kann, ohne Humanität und die
Rechtsstaatlichkeit zu opfern. Und ohne Scheindebatten über Vorschläge
zu führen, die nicht umsetzbar sind. Ich sage der Union oft, dass sie
dabei unbedingt von den österreichischen Erfahrungen lernen sollte."
Auch
in Österreich hatte die scheidende Bundesregierung unter Führung der
ÖVP scharfe Maßnahmen gegen irreguläre Migration angekündigt, trotzdem
blieb die Anzahl der Asylanträge hoch. In Österreich habe diese Politik
laut Knaus 2024 zum Wahlsieg der FPÖ geführt. "Wenn die Union nicht
aufpasst, könnte sich das in Deutschland mit der AfD wiederholen", sagte
der Experte. "Es braucht dringend, gerade jetzt, Maßnahmen, die auch
wirken. Und das schnell und nachhaltig." Damit die Zahl der Asylanträge
zurückgeht, bräuchten Berlin wie Wien ähnliche Maßnahmen: "Eine
funktionierende Kooperation mit Ankara, wie vor 2020."
Knaus
sieht Chancen, dass ein neues Abkommen mit der Türkei und der Sturz des
syrischen Diktators Baschar al-Assad zum Rückgang der Zahl der
Asylanträge in der EU führen könnten. "Wie man diese nutzt, sollte jetzt
im Zentrum der Debatte stehen. Und nicht Vorschläge, die nichts bringen
werden, teilweise sinnlos und manchmal gefährlich sind", erklärte er.
Deutschland
laufe dementsprechend mit Grenzkontrollen und nationalen Lösungen
politisch aktuell in eine falsche Richtung. "Weil es europarechtswidrig
wäre und es unweigerlich zur Frage führen würde, ob Deutschland
einseitig aus Schengen austreten und Zäune mitten in der EU bauen wolle.
Denn dies will die FPÖ in Wien. Das will auch die AfD", kritisierte
Knaus. "Auch das nationale Aussetzen von EU-Recht, das dafür nötig wäre,
wäre ein Geschenk an Rechtspopulisten." Dies würden Rechtspopulisten
dann auch in vielen anderen politischen Bereichen fordern. "Weil sie so
die EU zerstören könnten, die letztlich nur durch das gemeinsame Recht
zusammengehalten wird. Das Recht kann man ändern, sicher. Aber es
national zu ignorieren, wäre fatal."
Quelle: dts Nachrichtenagentur