Maut: Seehofer bezichtigt Schäuble der Sabotage
Archivmeldung vom 08.09.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Streit um die Maut offen der Sabotage bezichtigt. Anlass ist eine kritische Stellungnahme aus Schäubles Ressort zum umstrittenen Maut-Konzept von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, die am Wochenende an die Öffentlichkeit gelangt ist, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".
"Es ist schon ein ungewöhnlicher Vorgang, dass bei einer Ressortabstimmung die Stellungnahme vor allem eines Ministeriums, nämlich des Finanzministeriums, in die Öffentlichkeit lanciert wird. Das erhärtet eigentlich meine Vermutung, dass der Finanzminister ja alles tun möchte, um das zu verhindern."
Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet in seiner Montagsausgabe über die zahlreichen Schwierigkeiten des Maut-Konzepts bis hin zu der Befürchtung, dass das Modell zu einem Minusgeschäft werden könnte.
Vor allem Schäuble hatte sich in den vergangenen Wochen als einer der schärfsten Kritiker des CSU-Wahlkampfversprechens in der Union hervorgetan. Seehofer forderte von der Schwesterpartei erneut ein Bekenntnis, ob sie noch zu dem Projekt stehe. "Will jetzt die CDU oder will sie nicht?", sagte Seehofer. "Da muss die CDU sich jetzt klar werden und uns offen sagen, was sie will."
Die andauernden Einwände, die ausgerechnet von der Unionsschwester vorgetragen würden, seien zu einem Problem innerhalb der politischen Familie geworden. "Einmal sind es die Grenzregionen, einmal ist es der Verwaltungsaufwand, dann ist es wieder das Europarecht. Alles was ausgeräumt wird oder worüber wir zu reden bereit sind, wird mit neuen Punkten befrachtet", beschwerte sich Seehofer.
Ex-Verfassungsrichter Papier hält Ausländermaut für verfassungswidrig
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält das Mautkonzept von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für verfassungswidrig. "Eine Pkw-Maut, die auf Ausländer begrenzt ist, verstößt klar gegen das Diskriminierungsverbot im Europarecht", sagte Papier der "Welt". "Unzulässig ist auch eine indirekte Diskriminierung, indem man die Maut zwar von allen Nutzern der Bundesstraßen erhebt, aber den Deutschen den Betrag auf anderem Wege wieder erstattet."
Zwar hindere das Europarecht den deutschen Gesetzgeber nicht daran, Veränderungen im Steuerrecht, etwa bei der KfZ-Steuer, vorzunehmen. "Sie dürfen aber nicht als direkte Kompensation für die Belastungen der Maut bei den deutschen Autofahrern erscheinen. Das wäre eine indirekte Diskriminierung", betonte Papier.
Außerdem müsse man sehen, dass nicht nur der Deutsche, sondern jeder Inhaber einer inländischen Zulassung die KfZ-Steuer zu zahlen habe. "Denkbare Veränderungen müssen hier wiederum diskriminierungsfrei sein und können nicht nur für deutsche Staatsbürger gelten", hob Papier hervor. "Ich bin sehr gespannt, wie der Verkehrsminister diese Aufgabe löst." Ihm erscheine sie, so der einstige Verfassungsrichter, "wie die Quadratur des Kreises".
Dobrindt: Mein Mautkonzept ist grundgesetzkonform
Im anhaltenden Streit um die Pkw-Maut ist Verkehrsminister Alexander Dobrindt Zweifeln an der Umsetzbarkeit seines Konzept entgegen getreten: "Mein Konzept ist grundgesetzkonform und es ist europarechtskonform", sagte der CSU-Politiker dem "Tagesspiegel".
Finanzministerium hat Zweifel an Umsetzbarkeit des Mautkonzepts
Die Bedenken von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gegen das Mautkonzept von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sind offenbar weitreichender als bisher bekannt: So zweifeln Experten im Finanzministerium nicht nur an den von Dobrindt veranschlagten Einnahmen und Kosten, sie halten das Konzept in der jetzigen Form auch aus organisatorischen und technischen Gründen für schwer umsetzbar, berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf Regierungskreise.
Im Finanzministerium störe man sich unter anderem daran, dass die Maut zum Stichtag 1. Januar 2016 eingeführt werden solle. Bisher wird die Kfz-Steuer über das ganze Jahr verteilt erhoben. Immerhin geht es um 58 Millionen Fahrzeuge und entsprechend viele Bescheide.
Nach Dobrindts Plan müssten zum Jahresbeginn 2016 rund 58 Millionen Briefe mit den Bescheiden und Vignetten verschickt werden, schreibt das "Handelsblatt" weiter. Das sei kaum mehr zu schaffen, schon wegen der Ausschreibung der Druckaufträge.
Zudem gebe es noch keine Software, die Maut und Kfz-Steuer berechne, heißt es. Kritik gebe es auch am Vorgehen Dobrindts. Man sei bei der Erstellung des Konzepts nicht eingebunden gewesen, hieß es der Zeitung zufolge aus mehreren Ministerien.
Quelle: dts Nachrichtenagentur