Unabhängigkeit der Justiz stärken
Archivmeldung vom 04.05.2007
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Freigeschaltet durch Jens Brehl"Der Rechtsausschuss war im Februar diesen Jahres auf Informationsreise in Spanien. Wir konnten erfahren, dass die Justiz in Spanien vollständig anders organisiert ist, als in Deutschland. Aus dem Kreis der Richterinnen und Richter sowie anderer erfahrener Juristen werden die 20 Mitglieder des Consejo General de Poder judicial gewählt.
Der Consejo ist verantwortlich für die Ausbildung, Auswahl, Ernennung und Beförderung der Richterinnen und Richter und zwar für ganz Spanien. Mit dieser Konstruktion soll ein politischer Einfluss der Regierung, insbesondere des Justizministers, möglichst ausgeschaltet werden.
Funktionsstellen wie Gerichtspräsidenten werden übrigens nur auf Zeit besetzt", sagt der rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Andreas Jürgens, zur Initiative der Fraktion, die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken.
"Auch bei uns wird immer wieder die Frage diskutiert, wie wir die Unabhängigkeit der Justiz auch institutionell gewährleisten können, ohne das Demokratieprinzip zu missachten. "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" heißt es im Grundgesetz.
"Die Staatsgewalt liegt unveräußerlich beim Volke" steht in der Hessischen Verfassung. Nach allgemeiner Auffassung bedeutet dies: Jede Staatsgewalt - auch die rechtsprechende Gewalt - muss durch ununterbrochene Legitimationskette auf demokratischen Entscheidungen des Volkes beruhen."
"Andererseits muss die politische Einflussname der 2. Gewalt - der Regierung - auf die 3. Gewalt möglichst begrenzt werden, wenn wir die Unabhängigkeit der Justiz Ernst nehmen wollen. Wir haben allen Anlass, gerade bei dieser Landesregierung politisch motivierte Entscheidungen in der Justiz zu problematisieren. Wir werden es erleben: Wenn wir im nächsten Jahr die Regierung übernehmen, werden wir es mit einer Justiz zu tun haben, die auf der Leitungsebene pech-schwarz gefärbt ist. Schon Proberichterinnen und Proberichter werden im Justizministerium - z.B. als Pressesprecherin - eingesetzt, in diesem Fall sogar ohne einen Tag als Richterin tätig gewesen zu sein. Der Missbrauch der Justiz zur Förderung von CDU-Nachwuchspolitikern ist inzwischen offensichtlich."
"Die hessische Verfassung macht uns Vorgaben für die Ernennung von Richterinnen und Richtern. Sowohl die Ernennung auf Probe als auch die Lebenszeiternennung erfolgt durch den Justizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss. Wie das Verfassungsorgan Richterwahlausschuss zusammengesetzt ist, ergibt sich nicht aus der Verfassung. Wir schlagen Ihnen daher vor, den Richterwahlausschuss dafür zu nutzen, die fachliche Ausrichtung dieses Organs zu stärken und den Einfluss der Politik zurückzudrängen. Die Abgeordneten wären nach unserer Vorstellung nicht mehr in der Mehrheit im Ausschuss. Dafür würden mehr Richterinnen und Richter, nach unseren Vorstellungen auch erstmals ein Staatsanwalt, die Präsidenten beider hessischer Rechtsanwaltskammern - nicht immer nur einer im turnusmäßigen Wechsel, wie bisher - und ein Hochschullehrer angehören. Das Demokratieprinzip bliebe gewahrt. Gegen den demokratisch legitimierten Justizminister könnte keine Entscheidung zustande kommen und auch die demokratischen Abgeordneten wirken weiter mit, wenn auch nicht mehr in der Mehrheit."
"Vor allem aber wollen wir dem Richterwahlausschuss die Aufgaben des bisherigen Präsidialrats übertragen, insbesondere die Mitwirkung an einer Beförderung. Auch diese soll nach unserer Vorstellung gemeinsam mit dem Justizminister erfolgen.
Bisher entscheidet der Justizminister faktisch allein. Der Präsidialrat wirkt lediglich beratend mit. Im Streitfalle ist vom Hessischen Richtergesetz nur ein Einigungsgespräch vorgesehen. Gebunden ist der Minister allerdings nicht an eine Einigung, er kann vielmehr auch gegen das einhellige Votum des Präsidialrats entscheiden. Hier würde unser Vorschlag eine wesentlich erweiterte Beteiligung des pluralistisch zusammengesetzten Richterwahlausschusses, in dem wir einen hohen Anteil von Vertretern der dritten Gewalt vorsehen. Wir sind der Überzeugung dass unser Vorschlag zu einer wirklichen Unabhängigkeit der Justiz beitragen würde."
"Außerdem würden wir gern die Praxis in Spanien aufgreifen, wonach Funktionsstellen in der Justiz nur auf Zeit besetzt werden. Das hat sich dort bewährt und sollte - wenn es denn mit der jetzt gespaltenen Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern im öffentlichen Dienstrecht vereinbar ist, was geprüft werden sollte."
Quelle: Pressemitteilung Bündnis 90/Die Grünen