Vorratsdatenspeicherung weckt immer neue Begehrlichkeiten
Archivmeldung vom 29.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Bundesrat befasst sich am Freitag, den 30. November mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung, welches die flächendeckende Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsverbindungen vorschreibt.
Dazu erklärt Oliver Süme,
Vorstand Recht und Regulierung des Verbandes der deutschen
Internetwirtschaft (eco) e.V.: "Nun tritt ein, wovor die
Internetbranche von Anfang an gewarnt hat: Die Vorratsdaten wecken
immer neue Begehrlichkeiten. Der Rechtsausschuss des Bundesrates
verlangt, die Daten auch zur Erfüllung zivilrechtlicher
Auskunftsansprüche z.B. bei Urheberrechtsverletzungen an
Privatunternehmen herauszugeben. Nachdem die Vorratsdaten im Laufe
des Gesetzgebungsverfahrens für immer neue Zwecke nutzbar gemacht
wurden, wäre das ein Quantensprung in der Ausweitung des Zugriffs.
Die Informationen, wer wann mit wem telefoniert hat, eine E-Mail
geschickt hat oder im Internet war, lassen weitreichende Schlüsse
über persönliche Lebensumstände zu. Ihre Nutzung muss deshalb auf den
Zweck der Aufklärung von gravierenden Straftaten und Auskünfte
gegenüber Strafverfolgungsbehörden beschränkt bleiben."
Die ursprüngliche Rechtfertigung für das Anhäufen riesiger Mengen
sensibler Daten über die Kommunikationsverbindungen aller Bürgerinnen
und Bürger war die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter
Kriminalität. Genutzt werden dürfen sie nun aber zusätzlich zur
Gefahrenabwehr, durch Nachrichtendienste, und zur Aufklärung auch
minder schwerer Straftaten. Eine noch weitere Ausweitung der Nutzung
der Daten durch Privatunternehmen, wie der Bundesrat sie jetzt
zusätzlich fordert, wäre verfassungsrechtlich höchst problematisch
und würde einen explosionsartigen Anstieg von Auskunftsersuchen nach
sich ziehen.
Hintergrund: Die Verbände der Musik- und Filmwirtschaft fordern, dass
der Zugang zu Vorratsdaten nicht auf die Nutzung für Zwecke der
Strafverfolgung beschränkt wird. Sie hoffen, die Daten zur Verfolgung
von Urheberrechtsverletzungen nutzen zu können. Das gegenwärtig in
parlamentarischen Beratungen befindliche Durchsetzungsgesetz wird
erstmals auch zivilrechtliche Auskunftspflichten der Provider
gegenüber Rechteinhabern einführen. Die Lobby der Rechteinhaber
möchte dabei erreichen, dass sie ohne richterliche Kontrolle einen
direkten Auskunftsanspruch bekommt. Würden die Beschränkung der
Verwendung der Daten und der Richtervorbehalt aufgehoben, hätten
Private sogar einen leichteren Zugriff auf die Vorratsdaten als
staatliche Stellen.
Quelle: Pressemitteilung eco Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.