Wanka für "Schulfrieden"
Archivmeldung vom 28.04.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtBundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) hat eindringlich an die Bundesländer appelliert, länger an ihren Schulsystemen festzuhalten: "Ich bin für Schulfrieden. Man muss die Schulen auch mal in Ruhe lassen", sagte die CDU-Politikerin der "Welt am Sonntag".
Schulreformen sollten über Parteigrenzen hinweg vereinbart werden, damit sie länger Bestand hätten als eine Wahlperiode. Mehrere Bundesländer kehren derzeit zum neunjährigen Gymnasium zurück, nachdem sie erst vor wenigen Jahren die Gymnasialzeit um ein Jahr verkürzt hatten.
Wanka warnte eindringlich davor, "über die Frage des acht- oder neunjährigen Gymnasiums einen ideologischen Kampf zu führen". Es dürften keine Hürden aufgebaut werden. Der Wechsel von einem Bundesland zum anderen müsse problemlos möglich sein. In der Bildung seien "jene Länder am erfolgreichsten, die über einen langen Zeitraum hinweg Kontinuität haben", sagte die Ministerin. "Man kann unterschiedliche Wege gehen, aber ständig zu wechseln, bringt Unsicherheit."
Wanka ermahnte die Länder zudem, sich nicht dem Druck der Eltern zu beugen, die eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium fordern. "In der Politik ist wichtig, dass man Stimmungen nicht ignoriert. Aber man muss auch in der Lage sein, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, wenn sie richtig sind", sagte sie. "Dafür muss man auch mal Gegenwind und Ärger aushalten. Politik nach Umfragen zu machen, halte ich für verkehrt."
Als Vorbild nannte sie "Länder wie Nordrhein-Westfalen, die beim achtjährigen Gymnasium bleiben wollen". Durchhaltevermögen sei gefragt. Wanka ließ eine persönliche Präferenz für das achtjährige Gymnasium erkennen: "Ich bin Sächsin. Und in Sachsen funktioniert das G8 klasse."
Bayern gegen Wankas Forderung nach striktem Festhalten am G-8-Abtur
Der bayerische Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU) lehnt die Forderung von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) nach einem Festhalten am achtjährigen Abitur für alle Gymnasialschüler ab. "Ein G 9 für alle ist genauso verkehrt wie ein G 8 für alle", sagte Spaenle der "Welt". Damit wandte er sich gegen Äußerungen Wankas in der "Welt am Sonntag", in der die Bundesministerin dafür plädiert hatte, die Einführung des G-8-Abiturs nicht wieder infrage zu stellen.
Wanka hatte gefordert, die Länder sollten sich nicht dem Druck der Eltern beugen, von denen derzeit viele die Rückkehr zu G 9 fordern. Die Länder, so Wanka, müssten "in der Lage sein, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, wenn sie richtig sind". Dagegen sagte nun Spaenle, man müsse "einfach feststellen, dass viele Schüler in unterschiedlichen Phasen ihrer Schullaufbahn mal ein Jahr länger benötigen, und darauf haben wir uns einzustellen, in der Grundschule genau wie am Gymnasium".
Dies bedeute konkret fürs Gymnasium, "dass wir grundsätzlich von einem Lehrplan im Umfang für ein achtjähriges Gymnasium ausgehen und dann nach gründlicher Diskussion Möglichkeiten schaffen sollten, wie man es gegebenenfalls ermöglicht, dass manche Schüler diesen Lehrplan in acht Jahren, andere in neun Jahren abarbeiten."
In Bayern wird derzeit heftig über die Rückkehr zum G 9 diskutiert. Allerdings schloss sich Spaenle Wankas Ablehnung ideologischer Debatten über das Thema an. Er gebe, so Spaenle, "Johanna Wanka völlig Recht mit ihrer Feststellung, dass ideologische Strukturdebatten nichts bringen. Den gründlichen und nicht übereilten Dialog, den die Bundesministerin fordert, gehen wir in Bayern nun an." Bis zur Sommerpause werde das bayerische Bildungsministerium "mit allen Verbänden, Interessensgruppen und Landtagsfraktionen gründlich überlegen, wie wir der zunehmenden Heterogenität der Schülerschaft an den Gymnasien gerecht werden können".
Deutlich größeren Zuspruch bekam Wanka von der grünen Schulministerin in Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann. "Johanna Wanka hat in einem Recht", sagte Löhrmann der "Welt": "Ein ständiges Hin und Her je nach Wahltermin bewirkt nichts als Verunsicherung. Deshalb wäre es verkehrt, jetzt das neunjährige Gymnasium genauso abrupt einzuführen, wie zuvor G 8 durchgesetzt wurde."
Grundsätzlich brauche Schule Zeit, Verlässlichkeit und Unterstützung. Man dürfe auch "nicht so tun, als seien Probleme an den Gymnasien, die es wie an allen anderen Schulen natürlich auch gibt, einfach dadurch zu beheben, dass man auf den Knopf drückt und wieder G 9 macht."
Die Qualität von Schulen hänge, so Löhrmann, "nicht nur von der Zahl der Jahrgänge ab, sondern vor allem von der Unterrichtsqualität. Deshalb setzen wir in Nordrhein-Westfalen weiterhin auf Dialog und einen größtmöglichen Konsens der Beteiligten, und ich habe erneut zu einem Runden Tisch eingeladen." Ziel sei es dabei zu besprechen, "welche Schwierigkeiten es gibt und wie wir die Schülerinnen und Schüler weiter entlasten können".
Quelle: dts Nachrichtenagentur