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Sprecher: Friedrich erfuhr erstmals am Donnerstag von Spitzeltätigkeit des NSU-Unterstützers S.

Archivmeldung vom 15.09.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.09.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Logo des Bundesamts für Verfassungsschutz
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Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) war nach Angaben eines Sprechers nicht über die Spitzeltätigkeit des NSU-Unterstützers Thomas S. informiert. Der Sprecher sagte "Focus", Friedrich habe "erstmals" am 13. September im Zuge der Sitzung des Untersuchungsausschusses von dem Vorgang erfahren. Die Bundesanwaltschaft wusste schon ab März 2012 über die V-Mann-Karriere von S. Bescheid.

Am Freitag war bekannt geworden, dass ein Beschuldigter im NSU-Verfahren jahrelang dem Landeskriminalamt (LKA) Berlin als Informant diente. Der Neonazi Thomas S., ein enger Bekannter der NSU-Terroristen Uwe B., Uwe M. und Beate Z. lieferte dem LKA mehrfach Hinweise auf das 1998 untergetauchte Neonazi-Trio.

Außerdem überwachte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) Thomas S. bis April 1999 intensiv. Die entsprechende Akte wurde im Februar 2012 vernichtet. Friedrichs Umgebung sieht eine Bringschuld bei den Berliner Behörden: Es sei "nun Aufgabe des Landes Berlin, den Sachverhalt lückenlos aufzuklären", so der Ministeriumssprecher zu "Focus".

Das Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium, Hans-Christian Ströbele (Grüne), hofft, dass Teile der BfV-Akte zu Thomas S. noch existieren. Notfalls werde man die Beamten befragen, die die Akte geführt hätten.

Leutheusser-Schnarrenberger will stärkere Überwachung der Geheimdienste

Nach den Pannen im Zusammenhang mit der Neonazi-Mordserie will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die Überwachung der Geheimdienste erheblich ausweiten. "Eine überzeugende Reform der Nachrichtendienste kann nicht ohne die substantielle Stärkung der Kontrolle der Nachrichtendienste gelingen", sagte die stellvertretende FDP-Vorsitzende der "Welt am Sonntag? (E-Tag: 16. September 2012). Die parlamentarischen Kontrollgremien müssten "personell und organisatorisch deutlich gestärkt und mit neuen Kompetenzen ausgestattet werden". Erheblich mehr Maßnahmen der Nachrichtendienste müssten vor deren Vollzug von den parlamentarischen Kontrollgremien genehmigt werden. Als Beispiele nannte die JustizministerinObservationen und andere Maßnahmen der heimlichen Informationsbeschaffung.

Für den Einsatz von V-Leuten müssten "klare und restriktive gesetzliche Grundlagen? geschaffen werden, forderte Leutheusser-Schnarrenberger. So müssten der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt, die Befugnisse der V-Leute geregelt und deren Anwerbung formalisiert werden. Darüber hinaus müsse das Bundesamt für Verfassungsschutz generell und umfassend über den Einsatz von V-Leuten unterrichtet werden. Nur so könnten unkoordinierte Paralleleinsätze von V-Leuten durch verschiedene Nachrichtendienste ohne Kenntnis voneinander und ohne parlamentarische Kontrolle vermieden werden. Leutheusser-Schnarrenberger forderte: "Der überfällige Umbau der deutschen Sicherheitsarchitektur durch Konzentration und Kontrolle darf nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden." Nur so könnten beschämende Pannen wie beim NSU vermieden werden. "Die überfällige Konzentration wird durch eine Zusammenlegung kleiner Verfassungsschutzämter und der Auflösung des MAD, dessen Befugnisse auf die bestehenden Dienste übertragen werden sollen, erreicht", bekräftigte die Ministerin. "Die Bekämpfung von Extremismus darf nie wieder an Kleinstaaterei scheitern."

Künast will neuen Inlandsgeheimdienst

Nach den Pannen im Zusammenhang mit der Terrorzelle NSU hat Grünen-Fraktionschefin Renate Künast tiefgreifende Veränderungen in der Sicherheitsarchitektur gefordert. "Wir brauchen einen neuen Inlandsgeheimdienst mit einem per Gesetz eng begrenzten Auftrag: Bekämpfung des aggressiven, gewaltbereiten Extremismus jeglicher Couleur", sagte Künast der "Welt". Der Einsatz von V-Leuten müsse von parlamentarischen Kontrollgremien überwacht werden, fügte sie hinzu. "Wenn man solche Leute einsetzt, dann müssen Parlamentsausschüsse über sie Bescheid wissen." Nur so lasse sich überprüfen, ob sich Informanten "jahrzehntelang vom Amt den Lebensunterhalt finanzieren lassen – und ob ihre Mitteilungen überhaupt etwas nutzen".

Der Verfassungsschutz sei in seiner bisherigen Struktur und Aufgabenstellung nicht reformierbar, kritisierte die Fraktionschefin. Es müsse einen kompletten institutionellen und personellen Neustart geben – ohne den Militärischen Abschirmdienst.

Zugleich verstärkte Künast den Druck auf Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), weil eine Akte des MAD über den späteren Rechtsterroristen Uwe Mundlos nicht an den NSU-Untersuchungsausschuss weitergegeben wurde. "Auch Verteidigungsminister de Maizière trägt die Verantwortung für diesen MAD-Skandal", sagte sie. "Auch er saß auf der Akte – und hat sie nicht weitergeleitet." Künast forderte: "Ich will Klarheit haben von de Maizière, und ich will, dass er aufräumt." Der Minister müsse sicherstellen, dass alle Informationen auf den Tisch kommen. "Ich will auch wissen, wie die Bundeswehr mit Rechtsextremisten umgeht", so Künast. "Es kann ja nicht sein, dass solche Leute als Informanten angeworben werden – und gleichzeitig in der Bundeswehr an der Waffe ausgebildet werden."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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