Wehrpflicht-Wiedereinführung könnte Milliardenkosten verursachen
Archivmeldung vom 10.07.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland könnte gesamtwirtschaftliche Kosten in Milliardenhöhe verursachen. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie des Ifo-Instituts für das Bundesfinanzministerium, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Die Studie untersucht die Kosten der Wehrpflicht in drei Szenarien.
Betrifft die Wehrpflicht einen gesamten Jahrgang (100 Prozent), wäre mit
einem Rückgang der Wirtschaftsleistung (Bruttonationaleinkommen) um 1,6
Prozent oder knapp 70 Milliarden Euro zu rechnen. Falls ähnlich wie bei
der alten Wehrpflicht knapp ein Viertel eines Jahrgangs eingezogen
würde, könnte die Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent oder 17 Milliarden
Euro zurückgehen. Werden nur fünf Prozent eines Jahrgangs eingezogen
(ähnlich wie in Schweden), beträgt der Rückgang 0,1 Prozent oder drei
Milliarden Euro.
"Eine Wehrpflicht im Rahmen eines sozialen
Pflichtjahres würde jährlich wirtschaftliche Kosten verursachen, die in
etwa so groß sind, wie die Mittel aus dem Verteidigungshaushalt und dem
Sondervermögen Bundeswehr im Jahr 2024 zusammen", sagte
Ifo-Militärexperte Marcel Schlepper.
Die Kosten entstehen vor
allem, weil junge Menschen erst später beginnen, Humankapital und
Vermögen aufzubauen. "Als Alternative zur Wehrpflicht wäre es
sinnvoller, die Bundeswehr mit mehr Mitteln auszustatten, um sie als
Arbeitgeber attraktiver zu machen. Denkbar wäre, den
Wehrdienstleistenden höhere Gehälter zu bezahlen", sagte Ifo-Forscher
Panu Poutvaara, Leiter des Ifo-Zentrums für Internationalen
Institutionenvergleich und Migrationsforschung.
Dies würde zwar
den Staatshaushalt stärker belasten, die gesamtwirtschaftlichen Kosten
fielen aber um fast die Hälfte geringer aus als bei der Wehrpflicht: 37
statt 70 Milliarden Euro (im 100-Prozent-Szenario), neun statt 17
Milliarden Euro (im 25-Prozent-Szenario) und zwei statt drei Milliarden
Euro (im Fünf-Prozent-Szenario). Die militärischen Fähigkeiten der
Bundeswehr würden bei der Marktlösung in jedem Szenario im gleichen Maße
wie bei der Wehrpflicht wachsen.
Die Kosten einer Wehrpflicht
wären zudem nicht gleichmäßig in der Gesellschaft verteilt, sondern
fielen primär bei den Wehrpflichtigen selbst an. Der Wehrdienst zwingt
die Wehrpflichtigen, ihre Bildungs- und Berufsplanung anzupassen. In der
Studie können negative wirtschaftliche Folgen bei Einkommen und Konsum
bis zum Lebensende festgestellt werden.
"Wenn nur ein kleiner
Anteil eines Jahrgangs verpflichtet werde, wirft das angesichts der
ungleichen Verteilung der Lasten erhebliche Zweifel an der
Wehrgerechtigkeit auf", sagte Poutvaara. Bei einer Marktlösung mit
höheren Gehältern müssen dagegen alle gleichermaßen die höheren
Staatsausgaben finanzieren. "Bei einer Wehrpflicht entstehen für die
Nicht-Wehrpflichtigen kaum Kosten. Das mag erklären, warum eine
Wehrpflicht insbesondere bei jenen Altersgruppen so beliebt ist, die
nicht selbst betroffen wären", sagte Ifo-Militärexperte Schlepper.
Quelle: dts Nachrichtenagentur