Bundestagswahl: Ministerpräsident Kretschmann will nur einen grünen Spitzenkandidaten
Archivmeldung vom 13.03.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBaden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat seiner Partei geraten, mit nur einem Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl anzutreten. "Ich war immer der Meinung, dass es das Beste ist, wenn man einen Spitzenkandidaten oder eine Spitzenkandidatin hat", sagte Kretschmann der "Rheinischen Post".
Er drängte die Grünen, die Machtfrage schnell zu klären: "Man kann die Sache auch anders lösen, aber man muss sie schnell lösen. Sonst entfernt man sich von den Interessenslagen derer, von denen man gewählt werden will", betonte Kretschmann. Mehr als zwei Kandidaten sollten die Grünen aus Kretschmanns Sicht keinesfalls nominieren. "Eine Doppelspitze ist meiner Meinung nach das Maximale für die Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl." Der baden-württembergische Regierungschef riet zudem davon ab, für 2013 die Option, eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene zu bilden, auszuschließen.
Parteienforscher warnen Grüne vor Urwahl der Spitzenkandidaten
Mehrere Parteienforscher haben die Grünen davor gewarnt, die Mitglieder per Urabstimmung die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl bestimmen zu lassen. "Urabstimmungen sind immer ein risikoreicher Weg", sagte der Bonner Politikwissenschaftler Gerd Langguth "Handelsblatt-Online". "Urabstimmungen aktivieren zwar die ganze Partei, sie geben aber keine Garantie dafür, dass wirklich der beste Kandidat nominiert wird." Man denke daran, dass auf diesem Wege einst Rudolf Scharping Spitzenkandidat der SPD geworden sei.
Auch der Potsdamer Parteienforscher Jürgen Dittberner sieht eine Urwahl, wie sie von den nordrhein-westfälischen Grünen angeregt worden war, skeptisch. "Urabstimmungen macht man in einer Partei immer dann, wenn man anders nicht weiterkommt", sagte Dittberner "Handelsblatt-Online". "Also ist der NRW-Vorschlag eher eine Verlegenheitslösung."
Kritisch sehen Langguth und Dittberner auch, dass sich die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, unter Hinweis auf die Frauenquote bereits selbst zur Spitzenkandidatin ausgerufen hat. "Es ist ein Zeichen dafür, wie einsam es um Frau Roth steht, wenn sie nicht einmal Kombattantinnen bei den Grünen findet, die in ihrem Namen diese Forderung erheben", sagte Langguth. Dittberner sprach von einem Machtspiel, bei dem sich Roth der Sitten und Gebräuche ihrer Partei bediene. "In Wahrheit geht es um Macht und Positionen", sagte er. Dessen ungeachtet müssten die Grünen die Frage beantworten, welche Wahlchancen mit welchen Personen verbunden seien, sagte Dittberner weiter. "Das müssen die Grünen selber entscheiden und das Risiko tragen." Langguth meinte dazu: "Die Frage ist mehr, ob sich die Grünen einen Gefallen damit tun, wenn Sie Herrn Trittin als einzigen Kandidaten aufstellen." Zum Schluss gehe es dem Grünen-Fraktionschef im Bundestag wie Renate Künast bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin, das er für eine "krachende Niederlage" verantwortlich gemacht werden könne. "Bei mehreren Kandidaten gleicht sich es aus, wenn die Ergebnisse n! icht so hervorragend sind", sagte der Bonner Experte. "Außerdem kann ein Kandidaten-Team eine höhere Integrationsleistung bei den Wählern erzielen."
Grünen-Politiker Beck offen für Urwahl der grünen Spitzenkandidaten
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag, Volker Beck, hat sich in der Debatte um die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl offen für eine Befragung der Grünen-Mitglieder gezeigt. "Es gibt keinen Grund, sich vor der Parteibasis zu fürchten", sagte Beck "Handelsblatt-Online". Jetzt müsse der Bundesvorstand den Gremien ein Verfahren vorschlagen, das breit getragen werde Sympathie zeigte Beck auch für den Vorstoß von Grünen-Chefin Claudia Roth, die eine männliche Einzelspitze im Bundestagswahlkampf unter Hinweis auf die Frauenquote abgelehnt und zugleich ihre Kandidatur angemeldet hatte. "Die Quote ist ein Erfolgsmodell grüner Politik. Sie wird auch für die Aufstellung bei der Bundestagswahl eine wichtige Rolle spielen", sagte Beck Der Grünen-Politiker mahnte zugleich eine abgestimmte, inhaltliche Auseinandersetzung über das Programm für die Bundestagswahl 2013 an. "Öffentlich sollten wir uns gemeinsam auf Punkte wie die Energiewende, die Durchsetzung der Finanztransaktionssteuer und die Freiheit im Netz konzentrieren, statt öffentlich durcheinanderzuschnattern", sagte er.
Quelle: dts Nachrichtenagentur