Bundesärztekammer mahnt Gesetz zur Sterbehilfe an
Fünf Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Menschen in Deutschland ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben garantiert, mahnt die Bundesärztekammer ein Gesetz zur Sterbehilfe an.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sagte der "Bild":
"Eine gesetzliche Neuregelung zur Suizidbeihilfe ist aus Sicht der
Bundesärztekammer erforderlich, um den derzeitigen ungeregelten Zustand
zu beenden, der für Menschen mit Suizidgedanken ebenso problematisch ist
wie für Ärztinnen und Ärzte."
"Leitend muss dabei der Gedanke
sein, der Selbstbestimmung des Einzelnen gerecht zu werden und zugleich
eine gesellschaftliche Normalisierung des Suizids zu verhindern", so
Reinhardt. Zentrale Bedeutung komme dem Schutzkonzept zu, das das
Bundesverfassungsgericht für notwendig erklärt hat. "Besonderer
Beachtung bedürfen dabei psychische Erkrankungen und psychosoziale
Belastungen bei Menschen mit Suizidgedanken oder Todeswünschen."
Der
Präsident der Bundesärztekammer: "Unter verbindlicher Einbeziehung
psychiatrisch-psychotherapeutischer Kompetenz muss sichergestellt
werden, dass Menschen mit Suizidgedanken vor einer Entscheidung zur
Inanspruchnahme von Suizidbeihilfe ausreichende Beratungs- und
Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden."
Außerdem müsse
sichergestellt werden, dass Menschen vor übereilten Entscheidungen
geschützt werden. Zudem müsse das Verfahren aus Sicht der
Bundesärztekammer Rechtssicherheit für Mediziner bieten. "Dies gilt
insbesondere auch für Ärztinnen und Ärzte, die im Rahmen der
Palliativmedizin Schwerstkranken und Sterbenden beistehen, ohne
Suizidbeihilfe zu leisten", so Reinhardt zur "Bild"-Zeitung.
"Es
bleibt eine freie und individuelle Entscheidung, ob sich ein Arzt in
einem konkreten Einzelfall dazu entschließt, Hilfe zur Selbsttötung zu
leisten." Auch dann gehöre die Hilfe zur Selbsttötung nicht zur Ausübung
des ärztlichen Berufs. "Ärzte sehen sich verpflichtet, das Leben zu
erhalten, Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie Leiden zu
lindern und Sterbenden bis zum Tod beizustehen und dabei das
Selbstbestimmungsrecht der Patienten zu achten." Die Hilfe bei der
Verwirklichung der Absicht, sich selbst zu töten, gehöre hingegen nicht
zu den beruflichen Aufgaben eines Arztes. Kein Arzt sei verpflichtet,
Hilfe zur Selbsttötung zu leisten.
Das Bundesverfassungsgericht
hatte das bis dahin geltende Verbot der organisierten Sterbehilfe in
Deutschland (Paragraf 217, Strafgesetzbuch) am 26. Februar 2020
aufgehoben. Ein Gesetz zur Regelung des assistierten Suizids gibt es
bisher nicht. Zwei Entwürfe von Abgeordneten hatte der Bundestag 2023
abgelehnt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur