Mehrheit der SPD-Anhänger ist für Zustimmung zum Koalitionsvertrag
Archivmeldung vom 02.12.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtEine große Mehrheit der SPD-Anhänger ist dafür, dem Koalitionsvertrag mit der Union zuzustimmen. Wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag der "Welt am Sonntag" ergab, sprechen sich 78 Prozent der sozialdemokratischen Wähler für eine große Koalition auf der ausgehandelten Grundlage aus. Nur 19 Prozent empfehlen eine Ablehnung.
Die SPD hatte beschlossen, ihren 475.000 Mitgliedern das letzte Wort in der Koalitionsfrage zu überlassen. Das Basisvotum soll bis spätestens am 15. Dezember ausgewertet werden. Im Lager der Union ist die Zustimmung ähnlich hoch wie bei den Sozialdemokraten. 79 Prozent sind für eine große Koalition, 15 Prozent dagegen.
In der Gesamtbevölkerung liegt die Ablehnungsquote mit 26 Prozent höher als unter den Anhängern der wahrscheinlichen Koalitionspartner. 65 Prozent der Deutschen sagen Ja zu einem Bündnis aus Union und SPD. Zwischen dem Westen (66 Prozent Ja, 25 Prozent Nein) und dem Osten (63 Prozent Ja, 29 Prozent Nein) gibt es keine gravierenden Unterschiede.
Überwiegend negativ wird Schwarz-Rot allein unter den Wählern der Linkspartei bewertet, 60 Prozent sind dagegen, 36 Prozent dafür. Selbst im Lager der Grünen wird eine große Koalition vorwiegend positiv beurteilt. 57 Prozent stimmen ihr zu, 37 Prozent lehnen sie ab.
Nahles hält Ausgang des Mitgliederentscheids für offen
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hält den Ausgang des Mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag mit der Union für offen. "Ich bin sehr zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis und optimistisch, dass unsere Mitglieder zustimmen werden. Aber ein Selbstläufer ist das nicht", sagte Nahles im Interview der "Welt am Sonntag". "Wir haben so etwas noch nie gemacht. So viel Macht und Verantwortung hatten unsere Mitglieder noch nie."
Nahles machte deutlich, dass die gesamte Führung der SPD zurücktritt, falls die Parteibasis den Koalitionsvertrag ablehnt. "Die Entscheidung der Mehrheit der Mitglieder ist verbindlich. Es muss aber schon klar sein, was eine Ablehnung bedeuten würde", sagte sie. "Die gesamte Parteispitze hat sich reingeworfen in diesen Prozess. Wir alle haben hart verhandelt und stehen nun ein für dieses Ergebnis. Wir werden uns der Verantwortung stellen."
Nahles stellte klar, dass die SPD die Koalition mit der Union schon bei einer knappen Zustimmung der Mitglieder eingehen würde. "51 Prozent sind die Mehrheit, dann ist es entschieden", sagte sie. "Schön wäre so ein Ergebnis nicht, und ich habe ein gutes Gefühl, dass es eine deutliche Mehrheit geben wird." Wenn die SPD die Zustimmung der Mitglieder bekommet, sei das "eine ernst gemeinte, verlässliche Regierung für vier Jahre". Die Große Koalition sei ein Zweckbündnis auf Zeit und "keine Liebesheirat für die Ewigkeit".
Die Frage einer rot-rot-grünen Regierung stelle sich allerdings erst in der "Zeit nach 2017", und auch nur dann, wenn drei Voraussetzungen erfüllt seien. "Erstens muss es einen verbindlichen Koalitionsvertrag geben, der sozialdemokratischen Wertevorstellungen entspricht, zweitens eine stabile und verlässliche Regierungsmehrheit und drittens eine verantwortungsvolle Europa- und Außenpolitik", sagte sie. Außerdem lege der ostdeutsche Teil der SPD großen Wert darauf, dass die Linkspartei ihre Vergangenheit aufarbeite. "Ich kann das sehr gut nachvollziehen", so Nahles. Für die Bundestagswahl 2017 sei! en jeden falls keine festen Koalitionsaussagen zu erwarten.
CDU-Spitze optimistisch vor SPD-Mitgliederentscheid
Zu Beginn der Abstimmung der SPD-Basis über den Koalitionsvertrag der großen Koalition zeigt sich die CDU-Spitze optimistisch. "Ich bin zuversichtlich, dass die SPD-Mitglieder dem Ergebnis der Verhandlungen zustimmen", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe im Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Die SPD hat manchen Erfolg erzielt - und sie weiß um ihre Verantwortung."
Auf die Frage, ob die Union sich auch für ein Nein der SPD-Basis rüste, sagte Gröhe: "Wir brauchen keinen Plan B. Die Bevölkerung wünscht sich, Plan A` - A wie anfangen." Gröhe verteidigte die Pläne der großen Koalition für eine Pkw-Maut gegen heftige Kritik aus den europäischen Nachbarländern. "Keine Sorge! Wir werden die rechtlichen Vorgaben der EU beachten", betonte er im "Focus"-Interview.
Zugleich zeigte sich der CDU-Politiker optimistisch, dass die Maut spätestens 2016 umgesetzt ist. "Wir werden das hinkriegen", sagte Gröhe. "Dabei gilt die klare Vorgabe: Keinerlei höhere Belastungen für deutsche Autofahrer."
Zugleich strich der Generalsekretär angesichts anhaltender Kritik aus der Wirtschaft Erfolge der Union bei den Koalitionsverhandlungen heraus. "Der Text trägt die kraftvolle Handschrift der Union", sagte er. Beispielhaft nannte er unter anderem den Verzicht auf Eurobonds, Steuererhöhungen und neue Schulden.
Gysi setzt auf rot-rot-grüne Koalition
Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, setzt auf eine rot-rot-grüne Koalition im Bund. Wie das Magazin "Der Spiegel" berichtet, orientiert sich Gysi am Vorbild Dänemark, "wo die Parteien klare Absprachen getroffen haben, wer welchen Teil mitbringt in ein Bündnis".
Gysi fordert "ergebnisoffene" Gespräche mit SPD und Grünen, in denen jede Partei ihre Identität wahren könne: "Es gibt ja mehrere Wege und Möglichkeiten für ein Mitte-links-Bündnis" so der Fraktionschef. Für den Fall, dass die Mitglieder der SPD den Koalitionsvertrag ablehnen, erklärte Gysi: "Wir sind bereit. Auch jetzt schon." Wenn inhaltlich die Richtung stimme, "kann man sich über die Länge der Schritte einigen".
Die Öffnung der SPD zur Linken könnte nach Gysi ein "vergiftetes Angebot" sein mit der Gefahr, dass die Linke verliert, wenn sie sich inhaltlich zu sehr auf die SPD zubewegt. Gysi fordert die SPD auf, zum Beispiel bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr in Thüringen, einen linken Ministerpräsidenten mitzuwählen: "Das wird der erste Test."
Seine eigene Partei sieht er in der Frage nach rot-rot-grün in einem Dilemma: "Das wird nicht einfach für uns: Geben wir zu viel, machen wir uns überflüssig. Bewegen wir uns nicht, werden unsere Wähler das auch nicht honorieren." Das Verhandlungsergebnis von Union und SPD kritisiert Gysi als "übergroße Koalition des Stillstands". Das schwarz-rote Bündnis strahle "schon jetzt eines aus: die Arroganz der übergroßen Mehrheit".
"Spiegel": SPD kann ihre Mitglieder vor Basisentscheid nicht erreichen
Ausgerechnet zu Beginn des Basisentscheids über den Koalitionsvertrag hat die SPD Schwierigkeiten, ihre Mitglieder zu erreichen und zu informieren. Grund ist der Datenschutz, berichtet das Magazin "Der Spiegel". So sind etwa Bundestagsabgeordnete nicht befugt, auf die Datensätze ihrer Geschäftsstellen vor Ort zuzugreifen, um die Mitglieder in ihrem Wahlkreis anzuschreiben oder mit Materialien zu versorgen.
Formal darf die Geschäftsstelle lokale Adressdaten zwar an Ortsvereinsvorsitzende, nicht aber an die eigenen Bundestagsabgeordneten herausgeben. "Wir wollen aufklären und informieren, und zu Hause kommen wir an unsere Mitglieder nicht heran", empört sich der Biberacher SPD-Abgeordnete Martin Gerster. "Das ist doch absurd." Zumal die Zeit knapp sei.
Auch in der Berliner SPD-Zentrale ist das Problem seit längerem bekannt. Von "enormen Problemen" spricht Generalsekretärin Andrea Nahles. Selbst Geburtstagsgrüße könne man aus Datenschutzgründen nicht verschicken. "Das geht entschieden zu weit", sagte die Spitzengenossin.
Umfrage: Große Mehrheit der SPD-Anhänger für Koalitionsvertrag
Nach der Verabschiedung des Koalitionsvertrages unterstützt die große Mehrheit der SPD-Anhänger ein Bündnis mit CDU und CSU. In einer repräsentativen Umfrage von "infratest dimap" für den "Bericht aus Berlin" sprachen sich nur 18 Prozent der befragten SPD-Anhänger dagegen aus. Die große Mehrheit von 75 Prozent ist für die Koalition. Damit ist die Zustimmung in der SPD größer als bei der Befragung aller Wähler. Hier sprechen sich zwei Drittel für die Große Koalition aus, 22 Prozent sind dagegen.
Eine Forsa-Umfrage, die erst am Samstag veröffentlicht wurde, war zu ganz ähnlichen Ergebnissen gekommen. Demnach sprachen sich 78 Prozent der sozialdemokratischen Wähler für eine große Koalition auf der ausgehandelten Grundlage aus. Nur 19 Prozent empfahlen eine Ablehnung. Sollte das Mitgliedervotum in der SPD trotzdem scheitern, ist laut der "infratest"-Umfrage gut die Hälfte der Befragten (54 Prozent) für eine Neuwahl des Bundestages. Andere Regierungskonstellationen sowie eine Minderheitsregierung der Union finden deutlich weniger Zustimmung: Ein Bündnis aus Union und Grünen befürworten 17 Prozent, eine Koalition aus SPD, Linken und Grünen halten 14 Prozent für wünschenswert.
Quelle: dts Nachrichtenagentur