Drohnen-Debakel: Generalinspekteur gibt Fehler zu
Archivmeldung vom 10.06.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, hat eigene Versäumnisse in der Affäre um die Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" eingestanden. "Natürlich sind bei der Beschaffung Fehler gemacht worden", sagte Wieker im Interview mit dem "Spiegel". "Und natürlich hätte ich, zusammen mit anderen, früher auf Fehlentwicklungen hinweisen müssen. Diesen Schuh muss ich mir anziehen."
Wieker hält es zudem für möglich, dass Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) ihn als Folge der Affäre entlässt. "Ich trage zusammen mit anderen große Verantwortung für das `Euro Hawk`-Projekt", sagte Wieker, "und wenn der Minister nun von personellen Konsequenzen spricht, dann gehöre ich natürlich zu dem Kreis derer, die damit gemeint sein könnten." Die Entscheidung habe sich aber der Minister selbst vorbehalten. "Ich bin Soldat, trage es mit Fassung, wir sind nicht unersetzlich", so Wieker.
Trotz des Zulassungsdebakels hoffe er, den "Euro Hawk" nach Abschluss der Testflüge im September dauerhaft einsetzen zu können. "Danach werden wir prüfen, ob die Drohne noch genutzt werden kann, wenn sie in den Einsätzen mit ihrer Aufklärungstechnik dringend benötigt wird", sagte Wieker. "Der ,Euro Hawk fliegt, und nur so sind wir in der Lage, das Isis-System zu testen", sagte Wieker. "Es handelt sich dabei um eine hochmoderne Isis-Technik zur Nachrichtengewinnung, die in die Drohne eingebaut wurde."
Umfrage: Union kann trotz Drohnen-Affäre in der Wählergunst zulegen
Die Drohnen-Affäre um Bundesverteidigungsminister Thomas de Mazière (CDU) hat der Union in der Wählergunst bislang nicht geschadet. Im aktuellen Sonntagstrend, den das Meinungsforschungsinstitut Emnid wöchentlich im Auftrag von "Bild am Sonntag" erhebt, kann sie sogar noch einen Prozentpunkt zulegen und erreicht jetzt 41 Prozent.
Der Koalitionspartner FDP muss allerdings einen Prozentpunkt abgeben und kommt auf nur noch 4 Prozent. Ebenfalls einen Prozentpunkt weniger als in der Vorwoche erreichen Grüne (13 Prozent) und Piratenpartei (3 Prozent). Die Anti-Euro-Partei AfD gewinnt einen Prozentpunkt auf 3 Prozent hinzu. Unverändert sind die Werte von SPD (26 Prozent) und Linkspartei (7 Prozent). Die Sonstigen landen bei 3 Prozent. Emnid befragte vom 31.05.2013 bis zum 05.06.2013 insgesamt 1.951 Personen.
Umfrage: 70 Prozent glauben Verteidigungsminister nicht
Eine Mehrheit von 70 Prozent der Deutschen glaubt den Aussagen von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière nicht, nach denen er erst am 13. Mai von den Problemen mit der Drohne "Euro Hawk" erfahren haben will. Dies ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag von "Bild am Sonntag".
62 Prozent der der Bundesbüerger haben der Umfrage zufolge wenig oder gar kein Vertrauen mehr in den Minister. Nur 24 Prozent bekunden viel oder sehr viel Vertrauen. Einen Rücktritt de Maizières lehnen 50 Prozent der Deutschen dennoch ab - allerdings sprechen sich auch 47 Prozent für einen Amtsverzicht aus. Emnid befragte am vergangenen Donnerstag insgesamt 500 Personen.
Oppermann: De Maizières "Rücktritt ist noch eine Frage der Zeit"
Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen sehen die Tage von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) in der Drohnen-Affäre gezählt. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann kritisierte in "Bild am Sonntag": "De Maizière hat ganz offenkundig die Unwahrheit gesagt. Sein Rücktritt ist noch eine Frage der Zeit. Ein Verteidigungsminister, der in einem so zentralen Punkt nicht die Wahrheit sagt, darf nicht länger im Amt bleiben."
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht in "Bild am Sonntag" keine Vertrauensbasis des Parlaments mehr zu de Maizière: "Der Minister verstrickt sich in abenteuerliche Widersprüche. Er wird sich nicht mit Spitzfindigkeiten und Wortklaubereien vom Vorwurf der Täuschung des Parlaments freisprechen können. Damit hat er das Vertrauen verspielt, das man braucht, um das Amt auszuüben. Dann kann er nicht Minister bleiben."
Im Kanzleramt hält man derzeit an de Maizière fest, sieht den Minister nach Informationen von "Bild am Sonntag" aber in einem "Fegefeuer der Kritik". Trittin kündigte für Montag eine Entscheidung der grünen Bundestagsfraktion für einen Untersuchungsausschuss zu der Affäre um das gescheiterte Drohnenprojekt an: "Wenn sich die offenen Fragen am Montag im Verteidigungsausschuss nicht endgültig klären lassen, werden die Grünen einen Untersuchungsausschuss beantragen. Der Untersuchungsausschuss würde seinen Bericht dann zur Sondersitzung des Parlaments Anfang September vorlegen."
Der grüne Verteidigungsexperte Omnid Nouripour will will im Ausschuss die Staatssekretäre befragen, wann sie ihren Chef wie informiert haben: "Dann werden wir sehen, ob die Aussage des Ministers dieser Gegenüberstellung standhält."
Quelle: dts Nachrichtenagentur