Sächsischer CDU-Landrat bezeichnet Brandmauer als "unsäglich"
In der ostdeutschen CDU gibt es nach der Bundestagswahl neue Debatten um den Umgang mit der AfD. "Ich halte den Begriff Brandmauer für unsäglich, weil er nur die Stimmung anheizt und der AfD noch mehr Auftrieb gibt", sagte Stephan Meyer, CDU-Landrat von Görlitz, dem Tagesspiegel.
"In der kommunalen Praxis gibt es die Brandmauer nicht, weil gewählte
Bürgermeister und Abgeordnete zusammenarbeiten müssen." Gleichzeitig
müsse man sich "von gewissen Leuten und Ideologien" der AfD abgrenzen.
Im
Landkreis Görlitz hatte die AfD mit 49 Prozent der Erststimmen neben
der Sächsischen Schweiz das höchste Ergebnis bei der Bundestagswahl
erzielt. Meyer sagte dazu: "Mit Blick auf Themen wie die illegale
Migration haben die Leute die Nase voll von Beschwichtigungen. Deshalb
wählen sie eine Partei, die diese Themen anspricht - selbst in dem
Wissen, dass sie keine Lösungen dafür hat."
Die Grenzkontrollen
im Landkreis Görlitz, der im Dreiländereck von Deutschland, Polen und
Tschechien liegt, zeigen dem Landrat zufolge bereits Wirkung.
"Inzwischen sehen wir erste Erfolge der temporären Kontrollen an Straßen
und Brücken. Wir merken, dass der Zustrom in den letzten Monaten
deutlich zurückgegangen ist", sagte Meyer. Durch die Schleierfahndung
werde zudem Druck auf Länder wie Polen und die Slowakei aufgebaut, auch
ihre Grenzen stärker zu schützen. Zusätzlich brauche es schnellere
Verfahren, wer asylberechtigt sei und wer nicht. Meyer: "Wir können
keine Wirtschaftsflüchtlinge, etwa aus der Türkei, mehr aufnehmen, da
wir uns erst einmal um die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine kümmern
müssen." Auch bei der Verteilung auf die Kommunen müsse es Grenzen
geben.
Vom designierten Bundeskanzler Friedrich Merz fordert der
Landrat eine Neuordnung der Finanzen für die überschuldeten Kommunen.
"Wir reden darüber, im Zweifel alle Theater und Musikschulen zu
schließen, die Volkshochschule abzuschaffen oder die Sportförderung zu
streichen. Das raubt den Menschen die Zuversicht. Das können wir nicht
machen", schildert Meyer die Lage in seinem Landkreis. "Gleichzeitig
wird vom Gesetzgeber beim Bürgergeld oder beim Teilhabegesetz immer noch
eine Schippe draufgelegt, die die Kommunen bezahlen sollen. Hier
erwarte ich von der Bundesregierung dringend eine Lösung." Der
Sozialstaat müsse die neue Bundesregierung "auf das Maß zurückführen,
mit dem man die Bedürftigen individuell unterstützt und nicht große
Gruppen mit der Gießkanne".
Mit Blick auf die politisch,
wirtschaftlich und gesellschaftlich angespannte Lage in Ostdeutschland
fordert Meyer als erster ostdeutscher CDU-Landrat einen neuen
Ost-Beauftragten der Bundesregierung. Im Wahlkampf hatte die CDU die
Abschaffung des Postens ins Spiel gebracht. Meyer sagte nun: "Ich finde
einen Ost-Beauftragten nach wie vor wichtig. Mit dieser Arbeit dürfen
wir nicht nachlassen." Zudem müsse der Bundeskanzler selbst auch Formate
finden, bei denen er direkt mit den Menschen in Kontakt komme.
Quelle: dts Nachrichtenagentur