Pistorius hält Seehofers Abschiebe-Versprechen für unglaubwürdig
Archivmeldung vom 19.03.2018
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Freigeschaltet durch André OttNiedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit Blick auf die von ihm angekündigte Abschiebeoffensive Unglaubwürdigkeit vorgeworfen. "Es werden damit Erwartungen geweckt, die nur zu Enttäuschungen führen können", sagte Pistorius der "Welt" (Montagsausgabe). In Wahrheit werde mit der Ankündigung eines "Masterplans" keine Abschiebung "realisiert".
Es sei "die große politische Lehre der vergangenen drei Jahre, dass es Politik nur unglaubwürdiger macht, Sachen zu versprechen, die kaum zu halten sind". Mit seiner Feststellung "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" habe Seehofer erneute "die unselige Debatte über `die` und `uns`" eröffnet. Der SPD-Politiker forderte die Bundesregierung auf, ihre bereits bestehende Verantwortung in der Migrationspolitik ernst zu nehmen. "Innen- und auch Außenministerium müssen es hinbekommen, dass die Herkunftsländer ihre ausreisepflichtigen Bürger endlich zurücknehmen", erklärte Pistorius. "Die Regierung muss etwa bei der Entwicklungshilfe Vereinbarungen treffen, die attraktiv und zwingend zugleich sind."
Pistorius, der auch Sprecher der SPD-geführten Innenressorts in den Ländern ist, lehnte zudem Seehofers Vorschlag für eine Ausdehnung der Grenzkontrollen auf weitere Übergänge ab. "Ich halte den bisherigen Effekt der stationären Grenzkontrollen für gering und verspreche mir von deren Ausweitung nichts", erklärte Pistorius. Kontrollen würden selbst "im Extremfall einer erneuten Massenzuwanderung kaum nützen, da man keinen Asylsuchenden zurückweisen kann". Auch bei dieser Frage warf Pistorius Seehofer eine "Anschein-Erweckungs-Politik" vor. Deutschland werde durch die Kontrollen nicht sicherer. Stattdessen solle Seehofer dafür sorgen, dass "endlich der Schutz der EU-Außengrenze funktioniert". Notwendig sei eine "richtige europäische Grenzschutzpolizei".
Ein europäisches Asylsystem müsse dabei nicht unbedingt die "hohen deutschen Standards" erfüllen, man müsse "kompromissbereit" sein. Mit Blick auf die im Koalitionsvertrag verabredeten Ankerzentren für Asylbewerber lehnt Pistorius eine Residenzpflicht für die Bewohner ab. "Wir wollen keine Menschen kasernieren, schon gar nicht in Massen", sagte er. Asylverfahren dauerten im Schnitt mehrere Monate und monatlich reisten weiterhin mehr als Zehntausend Asylsuchende nach Deutschland ein. "Die Idee der Union scheitert bereits an der Realität", sagte Pistorius.
Quelle: dts Nachrichtenagentur