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Gysi befürchtet Auseinanderbrechen der Linken

Archivmeldung vom 01.06.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.06.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Gregor Gysi Bild: Gregor Gysi
Gregor Gysi Bild: Gregor Gysi

Der Vorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, hat seine Partei vor einem "Desaster" auf dem Parteitag am Wochenende gewarnt. "Es wird schwer, aber ich hoffe darauf, dass die Delegierten den Ernst der Situation erkennen. Entweder es gelingt ein Neubeginn, oder es endet in einem Desaster bis hin zu einer möglichen Spaltung", sagte er am Donnerstag der "Süddeutschen Zeitung".

Zur Frage, ob noch in dieser Legislaturperiode ein Auseinanderbrechen der Linksfraktion im Bundestag zu befürchten sei, sagte er: "Ich hoffe aber auf die Klugheit der Delegierten, die Entscheidungen treffen können, die das von vornherein ausschließen."

In der Linkspartei liefern sich die wichtigsten Strömungen einen Machtkampf um die Führung der Partei, dessen Ausgang als völlig offen gilt. "Mein Maßstab ist, ob wir eine kooperative Führung hinbekommen, in der Repräsentanten von Volkspartei und Interessenpartei gezwungen sind, wirksam und gemeinsam zu handeln", sagte Gysi. Namen wollte Gysi nicht nennen, er kritisierte aber Forderungen aus westlichen Landesverbänden, der frühere Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch solle seine Kandidatur für den Parteivorsitz zurückziehen. "Jede und jeder hat das Recht zu kandidieren. Man sollte nicht öffentlich vorschlagen, dass einer auf seine Rechte verzichtet", sagte er.

Der frühere Vorsitzende Oskar Lafontaine hatte eine Rückkehr an die Parteispitze davon abhängig gemacht, dass Bartsch seine Kandidatur zurückzieht. Nach Bartschs Weigerung hatte Lafontaine seine Bereitschaft zurückgezogen. Die heftigen Auseinandersetzungen in der Partei hatten sich daraufhin weiter verschärft.

In der Linken steht das im Osten dominierende Reformlager der westlich geprägten Parteilinken gegenüber. Vom Parteitag in Göttingen wird daher auch eine Richtungsentscheidung erwartet. Gysi appellierte aber an die Delegierten, doch noch lagerübergreifende Kompromisse zu finden. "Die Lage in Europa, die Kriege, die Finanzkrise, die Art, wie die Banken ihre Macht gegen die Parlamente und Regierungen ausspielen, machen eine starke Linke in Deutschland erforderlich. Es wäre jammerschade, wenn die Linke sich in einer solchen Zeit zerlegte", warnte er.

Dabei gab er auch eigenes Versagen zu. "Ich bin mit meiner Integrationsaufgabe erst einmal gescheitert", räumte er ein. "Ich habe immer versucht, den Ausgleich zu wahren. Aber auch für mich ist das Ende der Fahnenstange langsam erreicht. Die Ablehnung ist so tief, dass Leiten manchmal nicht mehr möglich erscheint."

Für die zwei Chefposten der Linkspartei gab es bis Donnerstag zehn Bewerber, von denen höchstens fünf als aussichtsreich gelten, unter ihnen auch Dietmar Bartsch. Das linke Lager unter Führung der Vize-Parteichefin Sahra Wagenknecht machte es sich aber zum Ziel, eine Wahl des Ex-Bundesgeschäftsführers zu verhindern. Auch eine Kandidatur Wagenknechts in letzter Minute galt nicht als ausgeschlossen. Wagenknecht sprach sich allerdings für eine Doppelspitze aus der bisherigen Vize-Parteichefin Katja Kipping, die aus Sachsen stammt, und dem Landeschef aus Baden-Württemberg, Bernd Riexinger, aus. Chancen auf einen Sieg wurden auch der Fraktionschefin der Linken in Hamburg, Dora Heyenn, eingeräumt.

Linken-Fraktionsvize Bartsch will mehr Basisdemokratie in der Partei

Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, hat betont, dass es so wie bisher in der Partei nicht weiter gehen könne. "Ich sehe die Aufgabe der nächsten zwei Jahre darin, dass die Mitglieder in der Partei wieder das Sagen haben", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" mit Blick auf seine Kandidatur für den Parteivorsitz. "Wir haben mehr Mitglieder als die Grünen und die FDP. Das müssen wir wieder produktiv machen. Wir müssen wieder die Türen öffnen, damit Leute zu uns kommen. Dafür müssen wir ganz anders in die Gesellschaft wirken. Wenn wir von Solidarität reden, aber selbst unsolidarisch sind, ist das nicht wirkungsvoll."

Nötig seien außerdem "Beispiele praktischer solidarischer Politik. Die Mindestlohn-Kampagne war ein solches Beispiel, wie es geht. Da hatten wir die Meinungsführerschaft. Und abgesehen davon, dass wir bei der Vorbereitung des Bundestagswahlkampfes schon spät dran sind: Wir brauchen eine moderne linke Erzählung, etwas Mitreißendes, das über das Grundsatzprogramm hinausgeht. Zu sagen, wir müssen nur durchhalten und dann werden die Umfragen besser, ist falsch."

Der 54-Jährige ist auch bereit, die Linke mit der stellvertretenden Parteivorsitzenden Sahra Wagenknecht gemeinsam zu führen, wenngleich sie zu seinen erbittertsten Gegnern zählt. "Allein Sahra Wagenknecht entscheidet, ob sie kandidiert", erklärte er. "Und ich bin gegen jede Form der Ausschließeritis." Die neuen Vorsitzenden stünden in jedem Fall "vor einer gewaltigen Integrationsaufgabe". Einen Wechsel zur SPD im Falle einer Niederlage schloss Bartsch aus.

Linken-Vorsitz: Riexinger für Kipping, van Aken gegen Wagenknecht

Der baden-württembergische Linken-Chef Bernd Riexinger, Kandidat für den Bundesvorsitz der Partei, würde gern gemeinsam mit Katja Kipping aus Sachsen an der Spitze stehen. "Ich glaube, dass das gut zusammenpasst", sagte er dem "Tagesspiegel" (Freitagausgabe). Der Hamburger Bundestagsabgeordnete Jan van Aken riet Sahra Wagenknecht, nicht überraschend auf dem Parteitag als Vorsitzende zu kandidieren. "Sie wäre zwar eine tolle Vorsitzende, aber ein Teil der Partei würde sie als polarisierend empfinden", sagte van Aken dem Blatt.

Der Abgeordnete und Justiziar der Bundestagsfraktion der Linken, Wolfgang Neskovic, hat sich kurz vor dem Wahlparteitag am Wochenende für eine weibliche Führungsspitze aus Katja Kipping und Sahra Wagenknecht ausgesprochen. Gleichzeitig sprach sich Neskovic dafür aus, die übliche Besetzung der Parteiführung mit einem ostdeutschen und einem westdeutschen Vertreter aufzugeben. In einem Gastbeitrag für "Tagesspiegel.de" schreibt Neskovic: "Mit Wagenknecht und Kipping würde die Linke nicht nur zwei begabte Problemlöserinnen an der jeweils passenden problematischen Stelle ihrer Führung gewinnen. Die Partei würde sich endlich auch verabschieden von der falschen Idee einer strömungsorientierten Proporzlogik." Eine weibliche Doppelspitze könne "der Linken aus ihrer existentiellen Krise heraushelfen".

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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