Haushaltsstreit: SPD wirft Lindner "unverantwortliches" Handeln vor
Archivmeldung vom 02.08.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.08.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićNachdem Finanzminister Christian Lindner (FDP) wegen verfassungsrechtlicher Bedenken über Teile des Bundeshaushalts noch einmal neu verhandeln will und Kürzungen im Sozialbereich vorschlägt, sieht die SPD-Bundestagsfraktion eine schwere Belastungsprobe für die Ampelkoalition. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wehrt sich insbesondere dagegen, dass das Parlament nun die Probleme lösen soll.
"Es ist unverantwortlich und im Verhältnis zwischen Exekutive und
Legislative bei der Haushaltsaufstellung einmalig, wenn dabei ein Teil
der Bundesregierung die alleinige Verantwortung an das Parlament
delegiert", sagte Mützenich der "Süddeutschen Zeitung". "Bereits in der
Vergangenheit hat sich bei einigen Ressortchefs eine Haltung
herausgebildet, Probleme und Ungereimtheiten dem Bundestag zu
überantworten, ohne selbst Verantwortung tragen zu wollen", sagte er in
Richtung von Lindner, der wiederum Mützenich zum Risiko für das
Fortbestehen der Koalition erklärt hat.
Man könne Gesetzentwürfe
nicht regelmäßig mit einem Sondervotum auf den Weg bringen oder vor den
Beratungen Zweifel säen, so Mützenich. "Ich erwarte daher, dass die
Regierung beim neuen Haushalt zu einer kompetenten und einvernehmlichen
Entscheidung kommt."
Dies wird in der SPD auch als Aufforderung
an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verstanden, der sich trotz der
Forderung aus Partei und Fraktion nicht gegen Lindner durchsetzen
konnte, dass die Kosten durch den Krieg in der Ukraine von der
Schuldenbremse ausgenommen werden, um so mehr Spielraum im Haushalt zu
bekommen. Stattdessen schlug Scholz unter anderem Darlehensmodelle für
Bahn und die Autobahn GmbH vor, sowie das Nutzen von Geldern aus der
früheren Gaspreisbremse.
Lindner gab hierzu eine
verfassungsrechtliche Prüfung in Auftrag, allerdings interpretiert die
SPD-Fraktion das Hauptgutachten hierzu ganz anders als das
Finanzministerium. "Obwohl das juristische Hauptgutachten die
finanziellen Transaktionen im Kern für möglich hält, kommt das
Ministerium zu der Auffassung, dass die verfassungsrechtlichen Zweifel
überwiegen", sagte Mützenich der SZ. "Wenn es rein fachliche Gründe für
diese Auffassung gibt, dann müssen diese Fragen innerhalb der
Bundesregierung ohne öffentliches Aufheben geklärt werden. Alles andere
führt zur Verunsicherung und erweckt den Eindruck, dass hier Spielchen
gespielt werden, die dem Ernst der Lage nicht gerecht werden." Es habe
im Zusammenhang mit der abschließenden Vorlage des Haushaltsgesetzes
"eine ungewöhnliche Kommunikation durch das Bundesfinanzministerium und
den Finanzminister gegeben".
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht
in den beiden Gutachten zum Bundeshaushalt 2025 ihre
verfassungsrechtlichen Bedenken gegen mehrere außergewöhnliche Maßnahmen
der Ampelkoalition bekräftigt. "Unsere verfassungsrechtlichen Bedenken
gegen den Haushaltsentwurf haben sich bestätigt. Bis zum 16. August muss
die Regierung zeigen, wie sie das 17-Milliarden-Loch stopfen will",
sagte der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Christian Haase, der
"Rheinischen Post" (Samstagsausgabe). "Andernfalls müssen die
Haushaltsberatungen verschoben werden", sagte Haase. Mehrere Gutachter
haben Teile der von der Ampel vereinbarten Manöver zum Stopfen des
Haushaltslochs für rechtlich und wirtschaftlich nicht haltbar
eingestuft.
Quelle: dts Nachrichtenagentur