Grüne für Neuanfang in der Flüchtlingspolitik
Archivmeldung vom 15.04.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtIn der Debatte um die Aufnahme von mehr Flüchtlingen in Deutschland hat der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Tom Koenigs, die Bundesregierung zu einem Neuanfang in der Flüchtlingspolitik aufgefordert. "Das Dublin-System ist gescheitert, die Bundesregierung muss endlich sagen, was an seine Stelle treten soll", sagte Koenigs der "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe).
Zwar stimme er Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) zu, der sich für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge in Deutschland ausgesprochen hatte. "Vom Vorsitzenden der größeren Regierungsfraktion erwarte ich aber nicht nur Betroffenheit, sondern handlungsorientierte Vorschläge zur Reform der EU-Flüchtlingspolitik", sagte Koenigs. "Wir brauchen einen Neuanfang, Deutschland ist da in der Verantwortung", so der Grünen-Politiker.
Zum jüngsten Flüchtlingsdrama im Mittelmeer sagte Koenigs: "Ich bin zutiefst erschrocken, nicht nur über den Tod so vieler Menschen, sondern vor allem darüber, dass diese Katastrophe so vorhersehbar war." Sie sei vorausgesagt worden, als die EU vor einem halben Jahr anstelle der Seenotrettung durch "Mare Nostrum" wieder die Grenzsicherung durch Frontex ins Zentrum gerückt habe.
Kauder: Deutschland kann "noch deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen"
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, weitere Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen: "In Kurdistan leben fünf Millionen Einwohner mit einer Millionen Flüchtlinge zusammen. Wir können in Deutschland noch deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen", sagte Kauder der "Bild". "Diese Menschlichkeit müssen und können wir uns leisten."
Die Forderungen der Bundesländer nach mehr Geld vom Bund für die Unterbringung der Flüchtlinge wies Kauder allerdings zurück. "Die Kommunen und Länder erhalten jetzt eine Milliarde Euro extra aus Bundesmitteln für die Unterbringung. Das ist viel Geld. Wenn die Länder weitere Mittel wollen, müssen auch sie ihre Anstrengungen erhöhen und zum Beispiel mehr abgelehnte Asylbewerber abschieben. Erforderlich ist eine Kraftanstrengung aller", sagte Kauder.
Zugleich betonte der Christdemokrat, dass es ein Einwanderungsgesetz nicht geben werde. "Es geht nicht um Begriffe: Wir haben gute Regeln, wenn es da von Seiten der Wirtschaft konkrete Änderungswünsche gibt, können wir darüber reden. Ein völlig neues Gesetz brauchen wir nicht", erklärte Kauder. "Qualifizierte Fachkräfte unter den Flüchtlingen können auch jetzt schon vielfach bleiben. Ansonsten sollten wir uns mehr um die Qualifikation unserer eigenen junge Leute kümmern."
NRW-Innenminister will mehr Engagement des Bundes bei Flüchtlingshilfe
Vor dem Treffen der sozialdemokratischen Innenressortchefs am Montag in Bremen hat der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) ein stärkeres Engagement des Bundes in der Flüchtlingshilfe angemahnt. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) nannte Jäger die Aufnahme von Flüchtlingen eine "nationale Aufgabe".
Angesichts der "dynamischen Entwicklung" des Asylbewerberzustroms "fordern wir eine strukturelle Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterbringung", erklärte der Minister, "und - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - eine Verkürzung der Asylverfahren auf längstens drei Monate".
Entsprechende Gespräche müssten nun "mit Hochdruck fortgeführt werden, um schnell zu Ergebnissen zu kommen". In Anbetracht der wachsenden Asylbewerberzahlen sehen sich Länder und Kommunen laut Jäger mit immer größeren Herausforderungen konfrontiert. "Dies können wir nur gemeinsam meistern." Der NRW-Innenminister begrüße es daher, "wenn der Bund nun anerkennt, dass weitergehender Handlungsbedarf besteht."
Die Bundesregierung hatte sich vorsichtig bereit erklärt, mit den Bundesländern über eine höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten der Flüchtlingsunterbringung zu sprechen. Das Thema werde in den laufenden Verhandlungen zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen eine Rolle spielen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur