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Wirtschaftsforscher: Mindestlohn und "Rente mit 63" führen zu Jobabbau

Archivmeldung vom 07.04.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.04.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Die Rente mit 63 und der geplante Mindestlohn der Großen Koalition werden nach Berechnungen führender Wirtschaftsexperten zu einem Arbeitsplatzabbau im hohen sechsstelligen Bereich führen. Der Rentenexperte Axel Börsch-Supan vom Max-Planck-Institut für Sozialpolitik sagte "Bild am Sonntag": "Die Rente mit 63 wird den Facharbeitermangel spürbar verschärfen. Sie wird uns circa 250.000 Beschäftigte kosten, im Vergleich also fast zehn Prozent der derzeitigen Arbeitslosen. Das bremst die Wirtschaft."

Ökonom Hans-Werner Sinn vom ifo-Institut warnt vor einem Jobabbau durch den Mindestlohn von 8,50 Euro: "Der Mindestlohn gefährdet bis zu 900.000 Arbeitsplätze." Sein Kollege Börsch-Supan kritisiert, dass der Mindestlohn bereits ab 18 Jahren gelten soll: "Der Mindestlohn wird bei der Jugendarbeitslosigkeit voll durchschlagen. Dort werden die Zahlen signifikant ansteigen. Der Mindestlohn darf erst ab 25 Jahre gelten."

Der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Bundesregierung stellt Börsch-Supan ein verheerendes Zeugnis aus: "Die Große Koalition schwächt mit ihrer Politik den Wirtschaftsstandort Deutschland. Das gilt insbesondere für die Energiewende, die an Selbstmord grenzt. Aber auch in der Beschäftigungs- und Sozialpolitik werden die Reformerfolge der Agenda 2010 verfrühstückt. Sozialleistungen müssen nun einmal aus dem Bruttoinlandsprodukt bezahlt werden. Dieser Grundsatz wird gerade mit Füßen getreten."

Auch Lutz Goebel, Präsident des Verbandes der Familienunternehmer, kritisiert die Bundesregierung scharf: "Die Große Koalition verspielt unsere Wettbewerbsvorteile und schickt unser Land auf den abschüssigen Weg von Frankreich, dem Sorgenkind Europas."

Auch an der Energiewende gibt es heftige Kritik. Professor Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut bezeichnete die Energiewende gegenüber "Bild am Sonntag" als einen "unfassbar teuren Irrweg". Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, sagte: "Das ist schlichtweg Planwirtschaft ohne Plan mit falschen Anreizen, die die Energiewende für die Wirtschaft und Bürger unnötig unerträglich teuer macht."

Alarmiert ist auch Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft: "Die Große Koalition steuert in der Energiepolitik einen brandgefährlichen Kurs. Explodierende Energiekosten plus steigende Lohnzusatzkosten gefährden den Standort Deutschland. Schon heute zahlen unsere Unternehmen mit die höchsten Preise für Industriestrom in Europa."

Ohoven weiter: "Erste Mittelständler, darunter Weltmarktführer wie Kalle in Wiesbaden, haben bereits wegen der Energiekosten für Deutschland geplante Investitionen im Ausland getätigt und Produktionsstandorte ins europäische Ausland verlagern müssen. Der Chemiekonzern Clariant beispielsweise baut jetzt drei Werke in den USA, obwohl er lieber in Deutschland geblieben wäre."

Gutachten: Mindestlohn auch für Verlage zumutbar

Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro ist auch für Zeitungsausträger zulässig. Zu diesem Urteil kommt ein Gutachten des Staatsrechtlers Bodo Pieroth im Auftrag der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, berichtet der "Spiegel".

In der Vergangenheit hatten die Zeitungsverleger sich gegen eine solche Lohnuntergrenze für Zusteller ausgesprochen, das sei ein Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Pressefreiheit. Sie stützten sich dabei ebenfalls auf Gutachten von Staatsrechtlern. Zwar falle "auch die Verbreitung der Informationen durch Zeitungsboten" mittelbar unter die Pressefreiheit, so Pieroth nun. Sie werde "durch einen ausnahmslosen gesetzlichen Mindestlohn jedoch nicht verletzt". Schließlich sei die Sicherung der Sozialsysteme und eines wirtschaftlichen Existenzminimums der Arbeitnehmer "ein legitimes Ziel" des Staates.

Dass die Folgen des Mindestlohnes für die Zeitungsverlage unzumutbar wären, sei "weder nachgewiesen noch ersichtlich". Pieroths Schluss: Der "besondere Stellenwert der Pressefreiheit wird durch eine Erstreckung des Mindestlohngesetzes auf Zeitungsverlage und Zustellgesellschaften in keiner Weise geschmälert".

SPD-Arbeitnehmerflügel lehnt Änderungen am Rentenpaket ab

Der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Klaus Barthel, hat Kritik aus der Union am Rentenpaket von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) scharf zurückgewiesen und Änderungen abgelehnt. "Es ist erschütternd, dass es sich Teile der Union offenbar vorgenommen haben, in ihrem Kampf für die Durchlöcherung des Tarif- und Rentenpakets ihr Mütchen an den Arbeitslosen zu kühlen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Wirtschaftsausschusses im Bundestag dem "Handelsblatt-Online". "Wir werden uns dagegen wehren, dass ausgerechnet die Schwächsten Opfer solcher Spielchen werden."

Das Rentenpaket von Nahles, welches neben der Rente mit 63 Jahren auch die sogenannte Mütterrente beinhaltet, war am Donnerstag erstmals im Bundestag beraten worden. Die Kritik der Union entzündet sich vor allem daran, dass bei dem geplanten früheren Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren auch Zeiträume berücksichtigt werden sollen, in denen Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet waren.

Barthel beharrt auf dieser Regelung: Der Koalitionsvertrag sehe "ausdrücklich" die Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit beim Rentenzugang vor, sagte der SPD-Politiker. "Dabei macht eine Unterscheidung verschiedener Arbeitslosigkeiten keinerlei Sinn." Sie sei auch nicht praktikabel. Im Übrigen sei die Rente mit 63 "für die SPD ein Eckpfeiler des Koalitionsvertrages".

Kauder will mit SPD über Änderungen bei Rente mit 63 verhandeln

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) will in Verhandlungen mit der SPD Änderungen am Gesetzentwurf zur Rente mit 63 durchsetzen. "Die von der Bundesarbeitsministerin vorgeschlagene Regelung zur Rente nach 45 Beitragsjahren ist für viele in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein Problem. Dabei geht es besonders um die Anrechnung der Zeiten der Arbeitslosigkeit. Dies könnte zu einer Frühverrentungwelle führen", sagte Kauder in einem Interview mit der Zeitung "Bild". Die Zunahme von Frühverrentungen könne "durch die Festlegung eines Stichtags verhindert werden, ab dem keine Zeiten der Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden".

Zugleich räumte Kauder grundsätzlichen Widerstand in seiner Fraktion gegen die Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Rente mit 63 ein. "Leichter würde der Fraktion die Zustimmung insgesamt fallen, wenn sich die SPD mit einem flexibleren Renteneintritt einverstanden wäre. Dazu gehört, befristete Arbeitsverhältnisse jenseits des Renteneintrittsalters möglich zu machen."

Mittlerweile hätten sich 64 Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU darauf festgelegt, dem Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form nicht zuzustimmen, berichtet die "Bild" weiter. Zu den Gegnern der Rente mit 63 zählt auch der frühere Bundesverkehrsminister und heutige Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft, Peter Ramsauer (CSU).

!"Der Entwurf in der jetzigen Form ist nicht zustimmungsfähig. Denn das ist ein weiterer Beitrag zur vorsätzlichen Verschlechterung unserer Wettbewerbsfähigkeit", sagte Ramsauer. Viel klüger sei es, in eine Beitragssenkung zu investieren und den Beitragszahlern auf diese Weise insgesamt sechs Milliarden Euro für Konsum und Investitionen zur Verfügung zu stellen.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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