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Stabilitätsbeirat warnt Finanzminister vor Selbstzufriedenheit

Archivmeldung vom 15.12.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.12.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Der neue Beirat beim Stabilitätsrat hat der Bundesregierung bescheinigt, dass ihre mittelfristige Finanzplanung "insgesamt plausibel" sei, warnt aber dennoch vor zu viel Optimismus. Das berichtet das "Handelsblatt" unter Verweis eine Stellungnahme des Beirates, die am Montag veröffentlicht wird.

Der Beirat unter Vorsitz des Ökonomen Eckhard Janeba soll überwachen, ob Deutschland die zulässige Obergrenze für das strukturelle gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit einhält - und soll mögliche Fehlentwicklungen aufzeigen. Im Zuge der Euro-Krise hatten sich die europäischen Staaten gegenseitig zugesagt, solch unabhängige Expertengremien einzurichten.

Der Beirat empfiehlt der Regierung, in ihre Finanzplanungen "Sicherheitsabstände" einzubauen. Ansonsten könnten Datenrevisionen dazu führen, dass plötzlich "prozyklische Konsolidierungsmaßnahmen" nötig würden. Zudem unterstreicht der Beirat, dass die Zahlenkolonnen auf mittelfristig sehr moderaten Steigerungen bei Personal- und Sachausgaben basierten. Ferner seien weiter sinkende Zinsausgaben unterstellt.

Deutsche Staatsfinanzen dauerhaft im Plus

Der deutsche Staatshaushalt wird in den kommenden Jahren dauerhaft Überschüsse erwirtschaften. Das geht aus Unterlagen hervor, die das Bundesfinanzministerium für den Stabilitätsrat erstellt hat, berichtet der "Spiegel". Das finanzpolitische Koordinierungsgremium von Bund und Ländern trifft sich am Montag in Berlin.

Der Prognose zufolge werden Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen 2014 einen strukturellen – also von Konjunktureinflüssen bereinigten – Überschuss von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufweisen, in den Folgejahren bis 2018 jeweils von 0,5 Prozent. In absoluten Größen entspricht das rund 15 Milliarden Euro pro Jahr. Spätestens 2017 werden die Länder in ihrer Gesamtheit einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, beim Bund ist dies schon nächstes Jahr der Fall. Gemeinden und Sozialversicherungen häufen schon seit Jahren Überschüsse an.

Deutsche Wirtschaft hält erstes Jahr der GroKo für misslungen

Nach Ansicht der deutschen Wirtschaft ist das erste Jahr der schwarz-roten Bundesregierung in zentralen Politikfeldern misslungen. "2014 war ein verschenktes Jahr für mehr Zukunftsfähigkeit", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, der "Bild am Sonntag". "Hoffentlich versteht die Große Koalition den Warnschuss. Wenn Deutschland so weitermacht, gefährden wir unseren Wohlstand."

Grillo weiter: "Was mich stört, ist das punktgenaue Abarbeiten des Koalitionsvertrages ungeachtet der äußeren Rahmenbedingungen. Wenn sich die Lage verschlechtert, passt jedes Unternehmen seine Planungen der Realität an. Die Regierung tut das nicht. Dabei hat das Wachstum sich eindeutig verlangsamt."

Konkret bemängelte Grillo die gestiegenen Sozialausgaben: "Es ist vor allem verteilt worden - Mindestlohn, Rente mit 63, Mietpreisbremse. Was fehlt, ist ein zukunftsfähiges Konzept für Wirtschaftswachstum. Denn das, was umverteilt wird, muss erst mal erwirtschaftet werden."

Der größte Fehler der Regierung war nach den Worten des BDI-Chefs die Rentenpolitik. "Unsere Gesellschaft wird im Durchschnitt immer älter. Und die Regierung ermöglicht es Arbeitnehmern, mit 63, zum Teil schon mit 60 in Rente zu gehen. Dieser Fehler kostet viel Geld und ist das Gegenteil von dem, was wir den europäischen Nachbarn empfehlen und was uns die Altersentwicklung vorschreibt."

Konkret fordert der BDI-Chef ein "klügeres Konzept" für die Energiewende: "Wir pumpen 23 Milliarden Euro im Jahr in erneuerbare Energien für eine Leistung, die am Ende zwei Milliarden Euro wert ist. Außerdem sollen rentable Braunkohlekraftwerke stillgelegt werden. So wird Strom immer teurer und die Energieversorgung unsicher. Da fehlt ein klügeres Konzept. Und wir brauchen viel mehr Investitionen in die Infrastruktur."

Eine bessere Bewertung der ersten zwölf Monate Große Koalition kommt hingegen von den Gewerkschaften. DGB-Chef Reiner Hoffmann gibt der Arbeit der Bundesregierung "ein gutes Befriedigend, also eine 3+". "Die Bundesregierung hat mit dem Mindestlohn einen ersten Schritt für eine Neuordnung der Arbeit gemacht. In Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, ist der Niedriglohnsektor rasant gewachsen. 24 Prozent der Beschäftigten bekommen weniger als 9,60 Euro Stundenlohn - das ist die offizielle Niedriglohngrenze."

Der größte Fehler war nach Überzeugung Hoffmanns die Finanzierung der Mütterrente aus der Rentenversicherung. "Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die muss aus Steuermitteln bezahlt werden. Ebenso ist es falsch, die Beiträge für die Rentenversicherung jetzt abzusenken. Wir brauchen eine Reserve für die Alterung der Gesellschaft."

Die persönliche Arbeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bewertet Hoffmann gemischt: "Sie moderiert gut. Und innenpolitisch hat sie einen Kurswechsel vollzogen. Von dem neoliberalen Programm 2006 ist in der Regierungspolitik nichts übrig geblieben. Meine Vorbehalte habe ich bei der Europapolitik. Da fehlt mir der Mut zu einer beherzten Krisenüberwindung."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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