Ex-Ministerpräsident Sellering besorgt über Zustand der SPD
Archivmeldung vom 10.09.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićErwin Sellering (SPD), früherer Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, zeigt sich besorgt über den Zustand seiner Partei. In einem Gastbeitrag für die Online-Ausgabe des Magazins Cicero wirft er die Frage auf, ob sie sich noch den Aufgaben einer Volkspartei stelle: "Das Handeln der SPD in den letzten Jahren weckt große Zweifel, ob dies noch ihrem Selbstverständnis entspricht."
Das jahrzehntelange Herzensanliegen der Sozialdemokraten sei für sehr
viele Menschen im Land nicht mehr als vordringliches Ziel der Partei
erkennbar, so Sellering. "Als sozial und gerecht wurde es immer
verstanden, dass jenen geholfen wird, die sich nicht selbst dabei helfen
können, ihren Weg zu machen." Viele Menschen hätten inzwischen aber den
Eindruck gewonnen, dass dies nicht mehr der Fall sei.
"Es geht
nicht nur um das Problem, dass aus dem Bürgergeld längst de facto ein
bedingungsloses, leistungsloses Grundeinkommen geworden ist. Eine
Tatsache, die mit der Idee der Sozialdemokratie einfach unvereinbar ist.
Und es geht auch nicht nur darum, dass Vermögende und Besserverdienende
in unserem Land weniger zum sozialen Ausgleich beitragen als anderswo
auf der Welt."
Auch beim Thema Migration ermahnte er seine
Partei, die "klare Mehrheit der Menschen in unserem Land" habe "kein
Verständnis dafür, wenn humanitäre Wunschvorstellungen die Regierung an
entschlossenem Handeln hindern" oder wenn administrative Schwierigkeiten
und Versäumnisse immer wieder zu Bedrohungslagen führten. "Die
Regierung dieses Landes muss für klare und sichere Verhältnisse sorgen.
Sonst verliert sie die Menschen und die Zustimmung zur Demokratie."
Die
Positionierung der SPD im Krieg zwischen Russland und der Ukraine
bereitet Sellering ebenfalls Sorge. Es sei wichtig, "nicht in den Chor
derer einzustimmen, die den in den Wahlergebnissen in Thüringen und
Sachsen zum Ausdruck kommenden Wunsch nach Frieden als ostdeutsche
Verblendung abtun wollen". Die derzeitige öffentliche Debatte laufe
"nicht selten in unerträglicher Weise von oben herab". Immer wieder gebe
es den Tenor, der Osten brauche eben noch etwas demokratische Nachhilfe
aus dem Westen. Sellerings Fazit: "Ist aber nicht die
Kriegsbereitschaft im Westen eher zu hinterfragen als die
Friedensüberlegungen im Osten?"
Quelle: dts Nachrichtenagentur