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Koalitionsspitzen haben sich bereits grundsätzlich auf das Abschalten der Alt-Meiler verständigt

Archivmeldung vom 01.04.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.04.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Kernkraftwerk Biblis Bild: Armin Kübelbeck / de.wikipedia.org
Kernkraftwerk Biblis Bild: Armin Kübelbeck / de.wikipedia.org

Die Koalition von Union und FDP ist bei ihrem Ausstiegsfahrplan aus der Kernenergie intern bereits weiter als dies öffentlich eingeräumt wird. Nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" haben sich am Dienstagabend dieser Woche bei einem vertraulichen Treffen der drei Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP, zusammen mit den Fraktionschefs von Union, FDP und der CSU-Landesgruppe die Beteiligten als Konsequenz aus der Japan-Katastrophe und als Reaktion auf die jüngsten Wahlergebnisse auf einen Ausstiegsfahrplan für die sieben Alt-Reaktoren plus des als Pannemeiler bei Krümmel bekannt gewordenen AKW verständigt.

Bis Mitte, spätestens Ende, Juni könnte vom Gesetzgeber politisch entschieden sein. Minister Röttgen sagte der Zeitung: "Sollte es ein Ausstiegsgesetz geben, wäre dies bis Mitte oder Ende Juni durchsetzbar." Auf dem internen Dienstags-Treffen der Partei- und Fraktionsspitzen im Kanzleramt wurde, so bestätigten Teilnehmerkreise der Zeitung, eine "Grundsatzvereinbarung" besprochen und für gut geheißen, nach der der Wiederbetrieb der sieben Alt-Reaktoren plus des Pannenreaktors bei Krümmel nach Ablauf des Moratoriums ausgeschlossen wird. Durch eine "Verschärfung der Sicherheitskriterien" für den Betrieb von Atomkraftwerken, die durch das Umweltministerium zu erarbeiten sei, werde die dauerhafte Außerdienststellung von acht der 17 Reaktoren "garantiert sein", bestätigte ein Teilnehmer der Gesprächsrunde. Mit dieser Grundsatzvereinbarung hätte sich die Regierungsspitze selbst über ihr eigenes Prinzip hinweggesetzt, vor Ablauf der Prüfphase und des Moratoriums keine Festlegungen zu treffen. Mit Blick auf die noch offene Besetzung der Ethik-Kommission wurde zugleich geregelt, auch auf Druck einzelner bereits benannter Kommissionsmitglieder, dass mit dem Sozialdemokraten Volker Hauff (der in enger Abstimmung mit der SPD-Spitze agieren will) und dem Grünen Ralph Fücks garantiert sein soll, dass es keine politische Einseitigkeit in der Expertenrunde geben werde. 

Claudia Roth: Von Strauß bis Merkel - eine einzige Atomlobbyismus-Kontinuität

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hat der Partei von Bundeskanzlerin Angela Merkel "sechs Jahrzehnte massivsten Atomlobbyismus" vorgeworfen. Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" meinte Frau Roth, es gebe eine Kontinuität vom Atom-Minister Strauß bis zur Laufzeitverlängerin Merkel. "Es ist abenteuerlich, wie die Union jetzt sechs Jahrzehnte massivsten Atomlobbyismus vergessen machen will", sagte Roth. "Vom ersten deutschen Atomminister Franz-Josef Strauss, der in den 50er Jahren das deutsche Atomprogramm auf den Weg brachte, bis hin zu Angela Merkel, die 2010 den Atomausstiegskonsens brach und die Laufzeiten verlängerte, war die Union die politisch treibende Kraft hinter der Atomenergie." Und so wie die Union jetzt diese Geschichte verdrehen und vergessen machen wolle, so habe sie "vor Fukushima systematisch die Fakten verdreht und die bekannten Risiken der Atom kleingeredet", meinte die Grünen-Chefin. "Die Aussagen und Programme, in denen das geschah, sind eine wahre Fundgrube zum Thema Unglaubwürdigkeit - angefangen von Ronald Pofallas Äußerung: ,Kernkraft ist für die CDU Ökoenergie', bis hin zu jenem Parteitagsbeschluss von 2008, in dem die CDU ihr Projekt der Laufzeitverlängerung programmatisch fixierte und dem sie mit zynischem Kalkül den Titel ,Bewahrung der Schöpfung' gab", kritisierte Roth. "Und ausgerechnet derjenige, für den Atomkraft gerade noch Ökoenergie war, soll jetzt als Kanzleramtsminister an entscheidender Stelle für eine vermeintliche Kehrtwende sorgen", bemängelte die Grünen-Vorsitzende. 

Homburger : AKW-Stilllegung ist nur Lindners Position

FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger hat sich von der Forderung von FDP-Generalsekretär Christian Lindner distanziert, die acht im Rahmen des Moratoriums stillgelegten Atommeiler nie mehr als Netz gehen zu lassen. "Das kann, muss aber nicht das Ergebnis sein", betonte Homburger im Gespräch mit der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Lindner habe lediglich "in der laufenden Debatte seine Position formuliert", sagte Homburger. Die Diskussion müsse "viel gründlicher geführt werden", betonte Homburger. "Mit mir wird es auf keinen Fall eine Lösung geben, bei der wir Strom aus unsichereren ausländischen Kernkraftwerken importieren." 

RWE klagt gegen Stilllegung von Biblis

RWE lässt die Stilllegung des Atomkraftwerks Biblis A gerichtlich prüfen. Am morgigen Freitag will der Konzern eine Klage beim zuständigen Verwaltungsgerichtshof Kassel einreichen, wie die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" erfuhr. Die Klage richtet sich gegen die Anordnung der hessischen Aufsichtsbehörde, die am 18. März die einstweilige Einstellung des Betriebs für drei Monate angeordnet hatte. RWE begrüßte in seiner Klage die Sicherheitsüberprüfung der deutschen Kernkraftwerke. Allerdings sei eine rechtlich saubere Grundlage Voraussetzung für das Moratorium. Die Regierung hatte die Stilllegung von Biblis A und weiteren sechs Meilern mit Verweis auf Paragraf 19,3 des Atomgesetzes angeordnet. Danach kann die Aufsichtsbehörde die Stilllegung eines Kraftwerks verlangen, wenn konkrete Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter bestehen. Die deutschen Kernkraftwerke erfüllten aber die geltenden Sicherheitsanforderungen, argumentiert RWE. Dass das Moratorium auf Basis dieses Paragraphen tragfähig sei, hatten in den vergangenen Tagen auch verschiedene Rechtsexperten wie der frühere Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier infrage gestellt.

Quelle: Leipziger Volkszeitung / Rheinische Post

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