Ökonomen bekräftigen Forderung nach Konjunkturprogramm fürs Wohnen
Archivmeldung vom 06.09.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.09.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićMehrere Spitzen-Ökonomen unterstützen die Forderungen nach einem milliardenschweren Konjunkturprogramm für den Wohnungsbau.
"Der Zeitpunkt ist klug, da sich eine zusätzliche Nachfrage der
öffentlichen Hand kaum auf die Preise auswirken würde", sagte Marcel
Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung
(DIW), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagsausgaben). Der
fehlende Wohnraum und die explodierenden Wohnkosten würden vor allem
verletzliche Gruppen der Gesellschaft hart treffen. "Daher ist die
Forderung nach zusätzlichen Geldern für den sozialen Wohnungsbau
richtig."
Der Deutsche Mieterbund und die Industriegewerkschaft
Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hatten pro Jahr 20 Milliarden Euro für den
bezahlbaren und sozialen Wohnungsbau gefordert und sich bei der Höhe der
Mittel auf eine Analyse des Pestel-Instituts gestützt. Fratzscher
warnte allerdings davor, die Baubranche zu subventionieren, da deren
Unternehmen in den vergangenen 15 Jahren hohe Profite erzielt hätten.
"Die Unternehmen der Baubranche sollten sich darauf fokussieren,
produktiver und effizienter zu produzieren, um die Kosten zu senken.
Neben einer stärkeren Förderung des sozialen Wohnungsbaus sollte vor
allem auf eine Deregulierung, schnellere Verfahren und das Ausweisen von
neuem Bauland gesetzt werden", sagte Fratzscher.
Positiv
bewertet die Forderung auch Peter Bofinger, langjähriges Mitglied im
Sachverständigenrat. "Der Kern des deutschen Wirtschaftsmodells
funktioniert nicht mehr. Der Export ist stark rückgängig, Innovationen
im Bereich Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz finden in
Deutschland nahezu nicht statt. Zumindest bauen können wir aber noch.
Dann sollten wir das doch auch nutzen", sagte der VWL-Professor an der
Universität Würzburg den Funke-Zeitungen. 20 Milliarden Euro würden
einen halben Prozentpunkt beim Bruttoinlandsprodukt ergeben, hinzu
könnten weitere Effekte durch ausgelöste private Investitionen kommen.
Bofinger
plädierte für Zinssubventionen und bessere Abschreibungsbedingungen.
"Würden Unternehmen zinsverbilligte Kredite von einem Prozent erhalten,
könnte die Miete damit pro Quadratmeter um zwei Euro gesenkt werden",
sagte Bofinger. Aber auch eine Abschaffung der Grunderwerbsteuer beim
ersten Immobilienkauf oder eine anteilige Zurückzahlung, wenn man
vorzeitig ausziehe, könne helfen. "Wer zum Beispiel nach zwei Jahren
auszieht, müsste dann nur 20 Prozent Grunderwerbsteuer zahlen", sagte
Bofinger.
Michael Voigtländer, Immobilienökonom beim
arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft aus Köln (IW),
plädierte für eine Senkung der Grunderwerbsteuer oder Fertigungsprämien.
"Aufgrund der Zinserhöhungen und der Baukostensteigerungen der letzten
Jahre passen aktuell Angebot und Nachfrage nicht mehr zusammen, daher
sind Impulse durchaus wichtig", sagte Voigtländer den Funke-Zeitungen.
Zugleich müsse mehr Bauland ausgewiesen und das Bauen vereinfacht
werden. "Solche Strukturreformen sollten fiskalische Impulse unbedingt
begleiten."
Quelle: dts Nachrichtenagentur