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Bundesregierung verstößt gegen EU-Vorgaben: Deutsche Umwelthilfe reicht neue Klimaklagen ein

Archivmeldung vom 07.08.2024

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.08.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Deutsche Umwelthilfe e.V. in der Kritik: Über 100 Anwälte und nur wenige Mitglieder. Abmahnungen gehören zu ihrem täglichen Geschäft. Jetzt auch die Verhaftung einer Landesregierung.
Deutsche Umwelthilfe e.V. in der Kritik: Über 100 Anwälte und nur wenige Mitglieder. Abmahnungen gehören zu ihrem täglichen Geschäft. Jetzt auch die Verhaftung einer Landesregierung.

Bild: Eigenes Werk /OTT

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt erneut gegen die Bundesregierung wegen mangelhafter Klimaschutzpolitik: Aus Sicht der DUH verstößt die Bundesregierung gegen geltende EU-Verordnungen im Bereich der Landnutzung sowie in den sogenannten ESR-Sektoren, worunter insbesondere Verkehr und Gebäude fallen. Konkret klagt die DUH auf Einhaltung der EU-Klimaschutzverordnung und der LULUCF-Verordnung.

Sollten die gesetzlich bindenden EU-Klimaschutzvorgaben nicht eingehalten werden, drohen Deutschland ab 2030 Zahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe für den Erwerb von Emissionszertifikaten aus anderen EU-Staaten. Die Klagen liegen vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Zum einen klagt die DUH auf Einhaltung der geltenden EU-Verordnung zu den sogenannten ESR-Sektoren. Demnach sind alle Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, ihre Emissionen in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Kleinindustrie, Abfall und Landwirtschaft bis 2030 um 50 Prozent im Vergleich zu 2005 zu reduzieren. Dieses Ziel wird Deutschland mit dem derzeitigen Kurs krachend verfehlen - insbesondere wegen der massiv überhöhten Emissionen in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Von allen Mitgliedstaaten ist Deutschland aktuell Schlusslicht und steuert auf die größte Zielverfehlung zu. Wirksame Korrekturmaßnahmen, die laut EU-Verordnung jetzt beschlossen werden müssten, bleibt die Bundesregierung bislang schuldig.

Dazu Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: "Vor allem im Verkehr muss endlich ein Kurswechsel stattfinden, um die europäischen Klimaschutzvorgaben noch erfüllen zu können. Die EU-Vorgaben kann die Bundesregierung auch mit ihrem entkernten Klimaschutzgesetz nicht umgehen. Duckt sich die Ampel weiterhin weg, drohen dem Steuerzahler zusätzliche Zahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe. Geeignete Maßnahmen liegen längst auf dem Tisch: Ein Tempolimit 100/80/30 kostet nichts, spart aber mehr als 11 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr ein. Wir werden die Einhaltung der verbindlichen EU-Klimaschutzvorgaben vor Gericht durchsetzen und so dafür sorgen, dass Porsche-Minister Volker Wissing seine Klimablockadepolitik endlich beendet."

Barbara Metz, DUH-Bundesgeschäftsführerin: "Der Wärmepumpeneinbau stockt, die Sanierungsrate liegt brach, die Gebäudeförderung droht im Haushaltsstreit unter die Räder zu geraten. Jetzt vor den drängenden Klimaschutzherausforderungen im Gebäudesektor die Augen zu verschließen, wird sich in wenigen Jahren doppelt und dreifach rächen. Nicht nur der Staat wird für seinen Kuschelkurs mit der Immobilienlobby in wenigen Jahren zur Kasse gebeten, auch die Bewohnerinnen und Bewohner der vernachlässigten Gebäudesubstanz. Eine bundesweite, staatlich querfinanzierte Sanierungsoffensive ist nicht nur fiskalpolitisch die einzig sinnvolle Antwort auf die Krise, sondern würde gleichzeitig Millionen von Energiearmut betroffenen Haushalten dauerhaft die Sorge vor der nächsten Nebenkostenabrechnung nehmen."

Zusätzlich droht Deutschland auch gesetzlich bindende EU-Vorgaben im Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) zu verfehlen. Deutschland ist nach EU-Recht dazu verpflichtet, klare Ziele für die Treibhausgaseinspeicherung durch Ökosysteme zu erreichen. Weil auch hier bislang keine ausreichenden Korrekturmaßnahmen ergriffen wurden, hat die DUH Klage gegen die Bundesregierung erhoben.

Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: "Die EU-Kommission hat Deutschland bereits aufgefordert, das Maßnahmenpaket im Landnutzungssektor nachzuschärfen. Diese Nachbesserungen sind bisher nicht erfolgt und verzögern den Strukturwandel weiter. Wirksame Maßnahmen sind die massive Reduzierung des Holzeinschlags zur Energiegewinnung, der Stopp von Entwässerungen und die Wiedervernässung von Mooren. Gerade weil Wälder, Moore und Grünland Zeit brauchen, um ihre volle Klimawirksamkeit zu entfalten, muss jetzt dringend gehandelt werden. Mit dieser Klage auf Basis der EU-Verordnung erhöhen wir erneut den Druck auf die Bundesregierung, ausreichende Maßnahmen im Landnutzungssektor zu ergreifen."

Link:

Die beiden Klageschriften finden Sie unter folgendem Link: https://l.duh.de/p240807

Hintergrund:

Die EU-Kommission hat in ihrem Klimaschutz-Fortschrittsbericht (Oktober 2023) und nochmals in ihrem Bewertungsbericht zum Entwurf des deutschen Nationalen Energie- und Klimaschutzplans (Dezember 2023) dargelegt, dass Deutschland sowohl bei den ESR-Sektoren als auch im LULUCF-Sektor auf massive Zielverfehlungen zusteuert und zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen notwendig sind. Laut den geltenden EU-Verordnungen muss die Bundesregierung in beiden Fällen mit wirksamen Korrekturmaßnahmen reagieren. Dies ist bislang nicht erfolgt.

Werden die EU-Klimaschutzvorgaben in den ESR-Sektoren bis 2030 nicht eingehalten, ist Deutschland dazu gezwungen, Emissionszertifikate anderer EU-Mitgliedsstaaten zu kaufen. Behält die Bundesregierung ihren derzeitigen Kurs bei, drohen laut aktuellen Schätzungen Zahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe, die aus dem Haushalt bestritten werden müssten. Auch im LULUCF-Sektor fallen Ausgleichzahlungen an, sollte Deutschland die Zielvorgaben bis 2030 verfehlen.

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)



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