Kabinett bringt Entwurf zu kommunalen Altschulden auf den Weg
Das Bundeskabinett hat am Freitag einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Grundgesetzes zu den kommunalen Altschulden beschlossen. "Wir wollen die gesetzliche Möglichkeit schaffen, damit der Bund die betroffenen Kommunen einmalig dabei unterstützen kann, ihre Altschuldenproblematik zu lösen, damit diese wieder die dringend notwendigen Investitionen in Kindergärten, Schulen oder öffentlichen Nahverkehr tätigen können", sagte Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD).
"Mit dem Kabinettsbeschluss für eine Änderung des Grundgesetzes schaffen
wir die Voraussetzung, dass der Bund kommunale Altschulden gemeinsam
mit den Ländern übernehmen darf. Dadurch könnten wir von der
kostengünstigeren Finanzierung der Liquiditätskredite durch Bund und
Länder profitieren", fügte er hinzu. Es liege nun an den Fraktionen im
Bundestag und den Ländern, "diesen von allen Beteiligten grundsätzlich
befürworteten Weg weiterzugehen", so Kukies.
Der Gesetzentwurf
sieht hierzu einen neuen Artikel 143h des Grundgesetzes vor. Die
Vorschrift ermächtigt den Bund einmalig zur hälftigen Übernahme des
Entschuldungsvolumens des jeweiligen Landes, wenn das Land seine
Kommunen vollständig von ihren übermäßigen Liquiditätskrediten, die auf
insgesamt 31 Milliarden Euro beziffert werden, entschuldet hat. Stichtag
ist der 31. Dezember 2023. Hierbei können auch übermäßige
Liquiditätskredite berücksichtigt werden, die Gegenstand eines
Entschuldungsprogramms der Länder waren und zum 31. Dezember 2023 bei
den Kommunen nicht mehr bestehen.
Um den erneuten Aufbau von
Liquiditätskrediten zu verhindern, werden die Länder in Artikel 143h
Absatz 2 verpflichtet, "geeignete haushaltsrechtliche und
kommunalrechtliche Maßnahmen" zu ergreifen. Der besonderen Situation in
den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg soll ebenfalls Rechnung
getragen werden. In diesen Ländern gibt es keine direkte Entsprechung
des kommunalen Liquiditätskredits. Deshalb wird hier ein fiktiver
Bestand an kommunalen Liquiditätskrediten zugrunde gelegt. Dieser ergibt
sich aus einem Vergleich mit der Verschuldungssituation in deutschen
Großstädten (Artikel 143h Absatz 3).
Die
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi begrüßt den Kabinettsbeschluss zur
Übernahme der kommunalen Altschulden: "Die Altschulden lasten wie ein
Mühlstein auf den Finanzen vieler Kommunen. Eine Altschuldentilgung ist
zwingend erforderlich, um die Handlungsfähigkeit der betroffenen
Kommunen wiederherzustellen", sagte Verdi-Chef Frank Werneke am Freitag.
"Die
Wiederherstellung der finanziellen Handlungsfähigkeit für die Kommunen
ist eine Investition in einen funktionierenden Staat. Denn vor allem vor
Ort in Städten und Gemeinden wird für die meisten Bürgerinnen und
Bürger staatliches Handeln unmittelbar erlebbar: Egal ob im Bürgeramt,
bei Sprechstunden, der Bearbeitung von Anträgen oder vielen anderen
Dienstleistungen des Staates - sie werden vorwiegend in den Kommunen
erbracht", sagte Werneke. "Eine finanzielle Entlastung der Kommunen
dämmt Politikfrust und Wut 'auf die da oben' und stärkt die Demokratie",
so Werneke.
Die kommunalen Altschulden machten weder vor Länder-
noch vor Parteigrenzen halt: "Die Fraktionen aller demokratischen
Parteien im Deutschen Bundestag sind deshalb aufgefordert, ihre
Verantwortung wahrzunehmen und die Grundgesetzänderung noch in der
laufenden Legislaturperiode zu beschließen", sagte Werneke. "Wegen der
erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat
richtet sich dieser Appell insbesondere an die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion."
Quelle: dts Nachrichtenagentur