Aus dem Innenleben von Hartz
Archivmeldung vom 31.05.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.05.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Michael DahlkeEinige lokale Zeitungen machen nicht mehr mit im Chor des Verschweigens. rbi-aktuell, berichtet
Eine Anzahl kleinerer Zeitungen machen die allgemeine Verschweigenskampagne der Medien über die Folgen von Hartz
IV nicht mehr mit. So hat zum Beispiel die Torgauer Zeitung am 27.5.05.
einen Artikel veröffentlicht, der ein Spitzenprodukt von
Enthüllungsjournalismus ist. Er enthüllt, wie Betroffenen in den Ämtern
behandelt werden und warum die Angestellten selbst hilflos sind. Die
Redaktion bemerkt in einer Anmerkung, daß man dies veröffentlicht, weil
man weiß, das es keine Einzelfälle sind. Allerdings erwähnt man keinen,
der dahinter steckt. Weder Joseph Fischer noch Angela Merkel noch
Edmund Stoiber noch Gerhard Schröder noch Guido Westerwelle.
Es
wird die Szene aus der ARGE (das sind die Zusammenlegungen von Agentur
ohne Arbeit mit dem Sozialamt) erzählt und mit einem Photo illustriert.
Eine Mutter mit Baby in der Schlange der Wartenden fragt, ob man einen
Raum habe, wo sie stillen könne. Die Antwort der genervten
Amts-Angestellten: „Extra-Raum hammer nicht“. Die Frau stillt ihr Kind
schließlich im Wartebereich (mit Photo der Zeitung). Die Mutter wollte
von dem Amt wissen, warum man immer noch nicht das Geld für die
Umstandskleidung überwiesen habe.
Der die Zeitung darauf
aufmerksam gemacht hatte, will seinen Namen nicht nennen. Er hat Angst,
daß er dann noch mehr „rangenommen“ wird von der Hartz –IV-Bürokratie.
Ein
anderer Mann, der eine Menge medizinisches Gerät mit sich herumtragen
muss. Er bekommt keinen Cent – seine Akte sei abhanden gekommen.
Ein
dritter Mann berichtet, daß er nur 50 Cent im Monat überwiesen bekommt.
Er hat ein schwerkrnakes Kind. Die Medikamente sind teuer, er arbeitet
schwarz, Tag und Nacht, um sie bezahlen zu können.
Am
Dienstag nach Pfingsten stürmten etwa 70 Frauen die Arge Torgau mit
ihren Kindern. Grund: Sie bekamen kein Geld überwiesen, z.T. schon seit
Monaten. Immer wieder waren sie auf dem Amt vertröstet worden, das Geld
sei unterwegs, aber es ging nicht ein. Einige hatten bereits die
Kündigung vom Vermieter.
Die Torgauer Zeitung befragte nun Mitarbeiter des Amtes und bekam (hinter vorgehaltener Hand) Auskunft.
"Wir
sind von heute auf morgen zur ARGE umgesetzt worden, hatten lediglich
einen Crash-Kurs. Ausführliche Lehrgänge sollten folgen, wir können sie
aber nicht wahrnehmen, weil sich die Akten stapeln. Wir schaffen diese
Riesen-Arbeit einfach nicht. Zudem ist das Computerprogramm der größte
Schrott, es macht Fehler ohne Ende", so ein ARGE-Mitarbeiter. Da sei
auch der Grund, warum die Überweisungen nicht hinausgingen, obwohl sie
ins Programm eingegeben wurden.
Bis heute haben wir nicht
gehört, daß der verantwortliche Minister dahinter, ein gewisser
Clement, sein Geld auf der Bank gelassen hätte, bis auch der letzte
ALG-II-Empfänger alles auf dem Konto hat, was ihm zusteht. Warum auch,
man ist schließlich nicht verantwortlich für das, was man tut, nicht
wahr?
Quelle: http://www.rbi-aktuell.de