Seidler zu Koalitionsvertrag: Merz und Klingbeil unter Realisierungsdruck
„Die neue Koalition verspricht in Ihrem Vertrag viel und steht damit unter erheblichem Druck, jetzt auch zu liefern. Dabei gibt es noch eine Menge offener Fragen zur Umsetzung dieser Versprechen. Da kann noch viel schiefgehen“, kommentiert der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler die heutige Präsentation des Koalitionsvertrages.
„Als Vertreter nationaler Minderheiten im Deutschen Bundestag ist es mir besonders wichtig, dass die Belange der Minderheiten im Koalitionsvertrag Erwähnung finden – danach sah es zunächst nicht aus. Für mich ist klar: Hier braucht es mehr als die einfache Erwähnung. Wir dürfen beim Schutz und der Förderung unserer nationalen Minderheiten nicht hinter das Erreichte zurückfallen. Hier müssen Taten folgen.
Bedenken habe ich zudem bei der neuen Ausrichtung des Minderheitenbeauftragten – von einer Stärkung des Postens kann aus meiner Sicht kaum die Rede sein. Da erwarte ich Nachbesserung bis zur Regierungsbildung im Mai.“
Mit Blick auf die vielen internationalen Herausforderungen fordert Seidler ein stärkeres Bewusstsein für gemeinsame grenzüberschreitende Lösungen – vor allem mit den nordischen Partnern.
„Der Koalitionsvertrag trägt an vielen Stellen eine zu nationale Handschrift. Konkrete Ideen für grenzüberschreitende Lösungen und Zusammenarbeit finden sich kaum. Das ist ein Schritt in die falsche Richtung. Dabei können wir uns nationales Klein-klein in diesen Zeiten nicht erlauben. Etwa bei der Sicherheit im Ostseeraum. Hier scheint man sich wenig damit befasst zu haben, wie wir durch gemeinsame internationale Zusammenarbeit mit den Ostseeanrainern für bessere Kooperation und mehr Sicherheit in der Region sorgen können. Dabei ist das längst überfällig. Auch beim Verkehr benennt der Koalitionsvertrag konkret lediglich Projekte nach Osteuropa – keine Spur von den Korridoren nach Norden. Das ist zu wenig, denn hier sehen wir besonders viel Wachstum. Dass zudem weiterhin an allen deutschen Grenzen – auch zu unseren dänischen Nachbarn kontrolliert werden, ist verfehlte nationale Symbolpolitik. Es fehlt das Fingerspitzengefühl für die Belange der Grenzregion.“
Klärungsbedarf sieht Seidler auch in der beabsichtigten engeren Kooperation mit Nordseeanrainern im Offshore-Bereich oder bei Wasserstoffimporten: „Bei der Energiewende will die zukünftige Bundesregierung mehr grenzüberschreitende Projekte voranbringen, aber bei der Realisierung fehlt es an belastbaren Absprachen. In Dänemark weiß man noch nichts von diesen Plänen.“
Abschließend richtet der SSW-Mann deutliche Kritik an die Pläne zur On- und Offshore Kohlenstoffspeicherung: „Dass die Koalition das CCS-Gesetz wiederbeleben will, ist vollkommen fehlgeleitet und nicht im Interesse unseres Nordens. Die Geduld der Menschen im Energiewendeland ist am Ende und das Ökosystem an der Nordseeküste steht bereits heute unter erheblichem Nutzungsdruck. Das Verspressen von CO2 rechtlich zu ermöglichen, wäre grob fahrlässig und nicht akzeptabel.“
Quelle: SSW