Kraft weist Vorwürfe im Fall Amri zurück
Archivmeldung vom 23.01.2017
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Freigeschaltet durch André OttDie nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat sich im Fall Amri vor ihren Innenminister Ralf Jäger gestellt und Vorwürfe zurückgewiesen, die Sicherheitsbehörden des Landes hätten versagt. "Ich mache da niemandem persönlich einen Vorwurf", sagte Kraft der "Bild am Sonntag".
"Es werden anhand von Erkenntnissen Entscheidungen getroffen und dabei können leider auch Fehler passieren. Wir müssen gemeinsam zeigen, dass Politik ein lernendes System ist." Es sei im Nachhinein eine Fehlentscheidung des Bundes und der Länder gewesen, Amris Beobachtung zu beenden, seine Gefährlichkeit nicht richtig zu beurteilen.
Nach Einschätzung der Behörden habe die geltende Rechtslage nicht zugelassen, Amri festzusetzen, so Kraft. "Wenn das Gesetz so einfach anwendbar wäre, würden der Bundesinnen- und der Bundesjustizminister ja nicht als Reaktion auf Amri vorschlagen, die Anwendung der Abschiebehaft deutlich zu erleichtern", sagte die SPD-Politikerin.
"Nach der Beurteilung der Behörden waren die rechtlichen Hürden zu hoch, Amri in Abschiebungshaft nehmen zu können. Sie können jemanden nur dann in Abschiebehaft nehmen, wenn die vom Gesetz geforderte zeitnahe Abschiebung hätte durchgeführt werden können. Das ist aber bei bestimmten Staaten üblicherweise nicht zu schaffen, weil die Herkunftsländer die Ausstellung von Passersatzpapieren massiv verzögern.
Fest steht: NRW hat während der ganzen Zeit die Abschiebung von Amri betrieben." Kraft verwies zugleich auf Entscheidungen des Bundes im Fall Amri: "Ich möchte darauf hinweisen, dass im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum, wo 40 Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern an einem Tisch sitzen, alle mehrmals zu dem Ergebnis gekommen sind, dass von Amri keine konkrete Gefährdung ausgeht."
Forderungen, ihren Innenminister Jäger zu entlassen, wies Kraft zurück: "Warum sollte er nicht mehr im Amt sein? Zur Aufklärung der Vorgänge in NRW wird es ein Gutachten durch einen unabhängigen Sonderbeauftragten geben. Wir als Landesregierung stellen uns einer fachlichen Überprüfung." Man sei es den Opfern schuldig, die Vorgänge rund um den Terroranschlag in Berlin umfassend aufzuklären.
"Dieser Anschlag hat uns alle ins Herz getroffen", so Kraft. "Wir müssen die Fehler analysieren, um alles zu tun, so eine schreckliche Tat künftig zu verhindern. Doch hundertprozentige Sicherheit kann keiner versprechen." Kraft fügte hinzu: "Wir sind noch in der Phase der Analyse.
Es geht darum, sachlich, sauber und schnell aufzuklären. Es ist mir sehr bewusst, dass dies für die Hinterbliebenen und Verletzten kein Trost sein kann."
Quelle: dts Nachrichtenagentur