Direkt zum Inhalt Direkt zur Navigation
Sie sind hier: Startseite Berichte Politik Ökonom: Flüchtlingskrise könnte zu höheren Steuern führen

Ökonom: Flüchtlingskrise könnte zu höheren Steuern führen

Archivmeldung vom 17.10.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.10.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de
Bild: Tim Reckmann / pixelio.de

Der Ökonom Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg hat seine Kalkulationen über einen aus seiner Sicht drohenden Steuer- und Abgabenanstieg wegen der Flüchtlingskrise konkretisiert. Zwar lasse sich über die wahren Kosten der Flüchtlingskrise nur spekulieren. Allerdings arbeite er in der Denkfabrik Stiftung Marktwirtschaft an einer Aktualisierung einer Studie aus dem Jahr 2008. "Demnach müsste man pro 100.000 Zuwanderern, die sich wie in der Vergangenheit integrieren, etwa eine Abgabenerhöhung über alle Steuern und Beiträgen von circa 0,3 Prozent rechnen", sagte Raffelhüschen der "Welt". "Bei einer Million, die sich dann noch schlechter integrieren, sieht es entsprechend düster aus."

Würden dieses und nächstes Jahr, wie inoffiziell vermutet, jeweils eine Million Flüchtlinge kommen, müssten laut Raffelhüschen die Steuern und Abgaben also um sechs Prozent steigen. Darüber hinaus müsse Deutschland seine Sozialversicherungen deutlich umbauen. Der massive Anstieg von Altersarmut würde eine Tendenz zu einer steuerfinanzierten Grundversorgung auslösen, sagte Raffelhüschen. Ähnlich wären die Entwicklungen bei der Gesundheits- und Pflegeversorgung. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), ist dagegen anderer Meinung: "Es müssen keine Steuern erhöht werden und auch keine Leistungen für irgendjemanden gekürzt werden", sagte Fratzscher der "Welt".

Der deutsche Staat werde im kommenden Jahr voraussichtlich 20 Milliarden Euro an Überschüssen – nach Berücksichtigung von zusätzlichen zehn Milliarden Euro für Flüchtlinge – erzielen. "Das ist mehr als ausreichend, um alle Aufwendungen abzudecken", sagte Fratzscher. Die Frage sei vielmehr, wie diese Gelder und technische Unterstützung den Kommunen zukommen können, die diese dringend benötigten. Auch andere Länder hätten solche Herausforderungen erfolgreich bestanden. "Es gibt keinen guten Grund, wieso Deutschland die Herausforderung dieses Mal nicht bestehen sollte", sagte Fratzscher. Anstelle von kontraproduktiven und populistischen Diskussionen, ob wir es uns "leisten" können oder ob wir uns "übernehmen", sollten Politik und Wirtschaft endlich die Ärmel hochkrempeln und Lösungen für eine erfolgreiche Integration präsentieren, forderte Fratzscher. Fratscher fordert, man müsse endlich aufhören, Flüchtlinge als "Kosten" zu sehen. "Sie sind eine Chance für Deutschland, die auch helfen, unsere Probleme der Demografie und des zunehmenden Fachkräftemangels zu lindern", sagte er.

Wie gut die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert werden, werde der Schlüssel für deren langfristigen wirtschaftlichen Beitrag sein. Eine erfolgreiche Integration hänge aber nicht nur von den Flüchtlingen selbst ab, sondern mehr noch von den Bemühungen, diesen Menschen eine Chance und Unterstützung zu geben. Die autorisierten Zitate von Bernd Raffelhüschen: "Wenn Deutschland das im Alleingang macht, dann werden wir uns übernehmen. Die Asylpolitik muss völlig neu und europäisch überdacht werden. Schengen erfordert, dass wir an den Außengrenzen alles andere aber keine Willkommenskultur an den Tag legen. Die Willkommenskultur der amerikanischer Grenzpolizei spricht wohl Bände und der Zaun zu Mexiko ist deutlich länger als der ungarische. Darüber hinaus sind wir ein Einwanderungsland und waren es schon seit mehr als 150 Jahren – allerdings ohne Einwanderungsregeln. Das müssen wir ändern. Zu entscheiden ist, wie viele wir jeweils in den einzelnen Ländern Europas aufnehmen wollen. Und dann ist zu entscheiden, wie wir Qualifikation, Alter und Integrationsfähigkeit in entsprechende Quoten einfließen lassen.

Eine Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme ist jedenfalls zu unterbinden – notfalls auch damit, dass wir Flüchtlingsboote zurückschleppen, zerstören und die Schlepper hart bestrafen. Wirklich fundierte Prognosen lassen sich bislang nicht machen. Fakt ist jedoch, dass sich ein erheblichen Teil der Zuwanderer – nur die wenigsten sind wirklich Flüchtlinge aus Kriegsregionen – erst einmal für den hiesigen Arbeitsmarkt qualifizieren muss.

Der syrische Arzt ist doch einfach Unfug, der ist doch schon längst da gewesen! Angelernte und unqualifizierte Arbeitskräfte haben es jedoch immer schwerer. Und wenn wir es nicht schaffen, Hunderttausende von Hartz iV Empfängern in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wie soll das dann bei den Zuwanderern gelingen? Wo sind denn die Jobs und vor allem wo, beim deutschen Mindestlohn?" Zur Frage, ob wegen der Flüchtlingskrise Steuern und Abgaben steigen: "Auch hier lässt sich nur spekulieren, allerdings arbeiten wir als Stiftung Marktwirtschaft zur Zeit an einer Aktualisierung einer Studie aus dem Jahr 2008. Demnach müsste man pro 100.000 Zuwanderern, die sich wie in der Vergangenheit integrieren, etwa eine Abgabenerhöhung über alle Steuern und Beiträge von circa 0,3 Prozent rechnen. Bei einer Million, die sich dann noch schlechter integrieren sieht, es entsprechend düster aus. Darüber hinaus müssen wir unsere Sozialversicherungen deutlich umbauen. Der massive Anstieg von Altersarmut, die man an der Hautfarbe erkennen kann, würde eine Tendenz zu einer steuerfinanzierten Grundversorgung auslösen. Ähnlich wären die Entwicklungen bei der Gesundheits- und Pflegeversorgung."

Die autorisierten Zitate von Marcel Fratzscher (DIW): "Deutschland hat keine Wahl, als die Flüchtlinge, die gekommen sind, so gut wir können zu integrieren und zu fördern, damit sie ein Teil unserer Gesellschaft werden. Viele Länder, auch Deutschland in der Vergangenheit, haben ähnliche Herausforderungen erfolgreich bestanden. Es gibt keinen guten Grund, wieso Deutschland die Herausforderung dieses Mal nicht bestehen sollte. Ausgaben für Flüchtlinge sind keine "Kosten", sie sind Investitionen in unsere Zukunft. Wir sollten endlich aufhören Flüchtlinge als "Kosten" zu sehen. Sie sind eine Chance für Deutschland, die auch helfen, unsere Probleme der Demografie und des zunehmenden Fachkräftemangels zu lindern. Wie gut wir die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren, wird der Schlüssel für deren langfristigen wirtschaftlichen Beitrag sein.

Eine erfolgreiche Integration hängt nicht nur von den Flüchtlingen selbst ab, sondern mehr noch von unseren Bemühungen, diesen Menschen eine Chance und Unterstützung zu geben. Bisher sind es nur unsere gesellschaftlichen Gruppen, die dieser Verantwortung gerecht werden. Politik und Wirtschaft werden ihrer Verantwortung bisher nicht gerecht. Anstelle von kontraproduktiven und populistischen Diskussionen, ob wir es uns "leisten" können oder ob wir uns "übernehmen", sollten Politik und Wirtschaft endlich die Ärmel hochkrempeln und Lösungen für eine erfolgreiche Integration präsentieren. Es müssen keine Steuern erhöht werden und auch keine Leistungen für irgendjemanden gekürzt werden.

Der deutsche Staat wird im kommenden Jahr voraussichtlich 20 Milliarden Euro an Überschüssen – nach Berücksichtigung von zusätzlichen zehn Milliarden Euro für Flüchtlinge – erzielen. Das ist mehr als ausreichend, um alle Aufwendungen abzudecken. Die Frage ist vielmehr, wie diese Gelder und technische Unterstützung den Kommunen zukommen können, die diese dringend benötigen."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

Videos
Daniel Mantey Bild: Hertwelle432
"MANTEY halb 8" deckt auf - Wer steuert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?
Mantey halb 8 - Logo des Sendeformates
"MANTEY halb 8": Enthüllungen zu Medienverantwortung und Turcks Überraschungen bei und Energiewende-Renditen!
Termine
Newsletter
Wollen Sie unsere Nachrichten täglich kompakt und kostenlos per Mail? Dann tragen Sie sich hier ein:
Schreiben Sie bitte wollen in folgendes Feld um den Spam-Filter zu umgehen

Anzeige