Richterbund und Anwaltverein schlagen nach Wahl in Thüringen Alarm
Archivmeldung vom 06.09.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Deutsche Richterbund und der Deutsche Anwaltverein (DAV) haben nach der Landtagswahl in Thüringen und dem Wahlerfolg der AfD Alarm geschlagen. "Es braucht jetzt auch in den Ländern konkrete Initiativen, um die Justiz besser vor politischen Durchgriffen zu schützen und sie als Bollwerk der Demokratie zu stärken", sagte Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
Hintergrund der Forderung ist, dass die in Thüringen als gesichert
rechtsextremistisch geltende Partei eine Sperrminorität von einem
Drittel der Landtagssitze erlangt hat und damit unter anderem den
Richterwahlausschuss sowie die Wahl von Verfassungsrichtern blockieren
kann. Auch Verfassungsänderungen und Neuwahlen sind gegen den Widerstand
der AfD nicht mehr möglich.
"Mit Blick auf die jüngsten
Wahlergebnisse ist es dringender denn je, die Unabhängigkeit der Justiz
in Bund und Ländern besser gegen gezielte politische Eingriffe durch
illiberale, extremistische Kräfte zu sichern", sagte Rebehn. "Mit der
Sperrminorität der AfD in Thüringen ist ein erster Dominostein bereits
gekippt." Die jüngst von der Ampelkoalition und der Union verabredeten
Pläne für eine bessere Absicherung des Bundesverfassungsgerichts im
Grundgesetz könnten deshalb nur der Anfang sein, um den Rechtsstaat
wetterfest aufzustellen, fuhr er fort.
So müsse das Verfahren zur
Besetzung von Richterstellen gesetzlich so ausgestaltet sein, dass es
möglichst nicht parteipolitisch missbraucht werden könne. Die Ernennung
und Beförderung von Richtern könne Richterwahlausschüssen anvertraut
werden, in denen Justizvertreter und Experten säßen und
Parteienvertreter keine dominierende Rolle spielten. "Außerdem muss sich
die Politik endlich dazu durchringen, die aus der Zeit gefallene
politische Weisungsbefugnis für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu
streichen oder zumindest auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle zu
beschränken", mahnte der Bundesgeschäftsführer des Richterbundes.
DAV-Vizepräsident
Ulrich Karpenstein sieht die Lage nach der Landtagswahl als Mahnung.
"Der DAV und zahlreiche andere Institutionen hatten genau vor der
Situation gewarnt, die in Thüringen nun eingetreten ist. Aber in Erfurt
wurde nicht rechtzeitig gehandelt, um die Resilienz des Freistaates zu
stärken", sagte Karpenstein dem RND. "Nun ist es für Thüringen zu spät.
Anderen Ländern sollte das eine Mahnung sein: Die demokratischen
Parteien müssen handeln, bevor es nicht mehr möglich ist."
Quelle: dts Nachrichtenagentur