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Archivmeldung vom 19.04.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.04.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Michael Dahlke
Armut
Armut

Die Umfragen zeigen die Revolte großer Teile des Volkes Ein Bericht von rbi-aktuell

Wer geglaubt hatte, das Volk in Deutschland sei den bürgerlichen Lügen endgültig auf den Leim gegangen und rettungslos in Egoismus, Stumpfsinn und Individualismus versunken, muß sich eines Besseren belehren lassen.In Rekordzeit haben wesentliche Teile der Gesamtheit der Bevölkerung in Deutschland einen Großteil der ideologischen Schlacken abgeworfen, die ihnen von den „alten“ Politikern und den Medien ins Gehirn gebrannt wurden und haben Positionen bezogen, die jedem wirklichen Linken das Herz höher schlagen lassen.


Das drückt sich bisher kaum darin aus, daß diese Normalbürger auf linken Demonstrationen erscheinen, aber das hat seine tiefen Gründe. Der sichtbare Bereich deutscher Linken ist dominiert von Gestalten, die jedem vernünftigen Arbeiter in Deutschland abstoßen: Das beginnt mit Anarchisten, Autonomen und Antifas, die es, schwarz gekleidet, nur auf Schlägereinen mit Polizisten anlegen, geht weiter mit kleinbürgerlichen Intellektuellen wie gewisse Führer von attac und Trotzkismus, die sich nur im Zelebrieren der eigenen Egos ergehen und mit einem Arbeiter aus Deutschland nichts am Hut haben – nicht einmal versuchen, sich ihm verständlich zu machen, geht weiter mit Führern der PDS- und WASG, bei denen der Arbeiter  sehr schnell (manchmal auch nicht ganz so schnell) die Angepaßtheit an die bestehenden Zustände bemerkt und endet schließlich bei Figuren von der Rechten, die sich als „Kommunisten“ bezeichnen und auf Demonstrationen mit Fahnen Israels und der USA erscheinen.


Bleiben übrig nur die Leute von der MLPD, aber sobald sich ein Normalbürger denen annähert, wird er von einer Flut von MLPD-Beschimpfungen der sogenannten Linken überrascht und schreckt zurück. Wie die Vertreter der Montagsdemo zum Beispiel bei gewissen Ostermärschen 2005 behandelt wurden, wie in Berlin, legt ein lebhaftes Zeugnis über die „Sachlichkeit“ ab, mit der das oben genannte linke Spektrum Leute behandelt, bei denen es Verbindungen zur MLPD vermutet.


Ein  hervorragendes Beispiel für die schnellen Veränderungen im Denken vieler Menschen in Deutschland kamen bei zwei Umfragen zum Vorschein, die im Internet bei „Frankfurter Rundschau Online“ am 8.4.2005 dokumentiert wurden:


Die erste ging über die Frage der Renten. Während die „alten“ Politiker diese Frage aus finanztechnischen Gesichtspunkten behandeln und munter kommende Rentensenkungen ankündigen, weiß die klare Mehrheit der Befragten in den Umfragen, was Anstand ist, was Respekt vor dem Alter bedeutet und daß man nie die Scham verlieren darf.


Satte 68% (also über Zwei Drittel) „der Deutschen“ (hat man wirklich nur Deutsche befragt und Ausländer, die in Deutschland leben, aus der Umfrage verbannt? Wenn ja – warum?) sagen eindeutig, daß irgendwelche Überlegungen über Bundesfinanzen nicht zu Rentenkürzungen führen dürfen. Lediglich 27% (etwa ein Viertel) plädieren dafür, im nächsten Jahr Rentenkürzungen durchzuführen, wenn, wie vorhersehbar, aufgrund der Lohnminderungen und Arbeitsplatzvernichtungen dieses Jahres die Lohnsumme sinkt und die Rentenanpassung negativ wäre. Dabei war die Fragestellung absolut suggestiv in Richtung der „Beibehaltung des bewährten Zusammenhanges von Löhnen und Renten“.


Das Umfrageergebnis zeigt lediglich einen leichten Trend abhängig vom Alter, d.h. auch die Jugendlichen sind sich in ihrer weit überwiegenden Mehrheit bewußt, daß Rentenkürzungen schamlos sind.


Das Ergebnis einer zweiten Umfrage ist mindestens genau so eindeutig. Es wurde nach der Einverständnis mit der Regierungspolitik gefragt. 78 (in Worten achtundsiebzig) Prozent der Befragten gaben an, überwiegend (47%) oder völlig (31%) den Kurs der Bundesregierung abzulehnen, das war eine Steigerung gegen 75% im März. Nur noch 20% der Befragten sind mit der Bundesregierung zufrieden. Selbst innerhalb der Gruppe, die sich als SPD-Wähler definieren, traf Schröders Politik nur noch bei 48% auf Zustimmung, während 51% sie ablehnen, dies eine Steigerung von 9 Prozentpunkten gegenüber dem März.


78% - das ist schon eine kleine Revolte!


Natürlich sind in den 78% auch hartleibige Rechte enthalten, die Schröders Angriffe auf die Lebenslage des Volkes in Deutschland für noch nicht ausreichend halten, aber der wesentliche Anteil dieser 78% - einen Anhaltspunkt geben die oben genannten 68% - kritisiert Schröders Politik eben genau wegen dieser Angriffe.


So gut wie alle Spitzenpolitiker mußten in den zurückliegenden Wochen deutliche Ansehensverluste hinnehmen. Am schwersten hat es Schröder getroffen, mit dessen Arbeit derzeit nur noch 34 Prozent der Bürger einverstanden sind, gegenüber März ein Minus von 8 Punkten.


Hartz IV hatte zunächst im August/September 2004 zu riesigen Montagsdemos geführt, worauf sich offenbar eine Stimmung „es wird schon nicht so schlimm kommen“ ausgebreitet hatte. Es besteht kein Zweifel, daß dieses schamlose Gesetz den Menschen in Deutschland jetzt wieder schmerzhaft ins Bewußtsein kommt, denn die meisten müssen ja damit rechnen, daß es auch sie erwischen kann mit der Arbeitslosigkeit.


In dem Maße, wie die Behandlung der Antragsteller in den „Arbeitslosigkeits-Agenturen“ bekannt wird, in dem Maße, wie die willkürlichen Ablehnungen der Zahlung des Regelsatzes ins Bewußtsein der Bürger dringt, in dem Maße, wie ihm bewußt wird, daß bereits 30 000 Jugendlichen das Arbeitslosengeld II gestrichen wurde, in dem Maße, wie er erfährt, daß willkürlich jede beliebige Person im gleichen Haus oder der gleichen Wohnung als „Bedarfsgemeinschaft“ definiert wird, in dem Maße, wie er erfährt, wo und wie die Zwangsarbeiter in den Ein-Euro-Jobs ausgebeutet werden, in dem Maße, wie er in seiner Umgebung erlebt, wie Leute die Wohnung räumen müssen, kurz: In dem Maße, wie ihm der ganze Umfang der Hartz-IV-Brutalitäten bewußt wird, wird er sich von diesen bürgerlichen Politkern abwenden und Ausschau nach Alternativen halten.


Die aktuellen Umfragen zu den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen im wesentlichen nur Prozentzahlen von Parteien, verdecken aber die wesentlichste Vorhersage: Die Wahlbeteiligung wird voraussichtlich noch einmal deutlich sinken gegenüber der bereits niedrigen von vor vier Jahren, ein Ausfluß der Erkenntnis vieler Bürger, daß keine der antretenden Parteien wirklich seine Interessen berücksichtigt, daß es kein „kleineres Übel“ gibt, daß die Wahl zwischen verschiedenen Vertretern von Großkonzernen eine Farce ist.


Man kann schon jetzt voraussehen, daß am Wahlabend und danach fast ausschließlich die Resultate der Parteien in Relativ-% der abgegebenen Stimmen wieder und wieder hervorgehoben werden, verbunden mit Spekulationen, wie eine Regierung aussehen werde. Das wahrscheinliche Wahldesaster für alle bürgerlichen Parteien aber wird kaum erwähnt werden: nach jetzigen Voraussagen wird die absolute Anzahl der Stimmen sowohl von Rot, wie von Grün, wie von Gelb wie von Schwarz abnehmen, z.T. sogar deutlich. Und – aus Sicht der bürgerlichen Parteien das Schlimmste: Die ihnen verloren gegangenen Stimmen werden nicht auf das Konto der NPD oder anderer Faschisten schlagen, obwohl in den Medien immer wieder erwähnt wird, die NPD würde wohl aus Protest gegen Hartz IV gewählt und damit den von Hartz IV Enttäuschten nahegelegt wird, NPD zu wählen.


Inzwischen scheint sich schon herumgesprochen zu haben, daß Faschisten höchstens vorgeben, gegen Hartz IV zu sein. In Wirklichkeit haben bisher alle bekannten faschistischen Regimes Maßnahmen ähnlich Hartz IV durchgeführt und Zwangsarbeit schlimmer als die Ein-Euro-Jobs eingeführt. Die NPD-Landtagsfraktion in Sachsen hat bisher absolut nichts gegen Hartz IV unternommen, nicht einmal versucht, es war also nichts als „Tarnen und Täuschen“.


Die PDS hat in Nordrhein-Westfalen bekanntlich nicht gerade ihren Schwerpunkt, ob die WASG ins Parlament kommt, ist fraglich. So wird aller Voraussicht nach der wesentliche Teil der Verluste der vier Parteien der „Berliner Allparteienkoalition“ schlicht und einfach zu den Nichtwählern bzw. den Ungültig-Wählern gehen.


Rbi-aktuell nimmt Wetten darauf an, daß fast alle bürgerlichen Medien diese Tatsachen versuchen werden zu verschleiern. Man wird zwar von ‚erschreckendem’ Rückgang der Wahlbeteiligung reden, aber die Ergebnisse fast nur in % der abgegebenen Stimmen angeben, so daß der Schein entstehen wird, als habe eines der bürgerlichen Lager Zuwächse erzielt. In einigen großen Tageszeitungen kommt aber im Innenteil ein größerer Zahlenfriedhof. Wer sich die Mühe macht, dort die absolute Zahl der abgegebenen Stimmen mit der vor vier Jahren (oder mit der der Bundestagswahl) zu vergleichen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit genau die oben angegebenen Trends feststellen.


Die Linken haben diese Ex-Wähler natürlich keineswegs ‚in der Tasche’, aber sie haben eine Chance, sie zu gewinnen! Das Volk hat Durchblick, Leute!

Elmar Getto

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