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Die Liste der EU-Abgeordneten mit Zweitrente

Archivmeldung vom 26.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: ©CDU
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Zahlreiche deutsche Europaabgeordnete sind oder waren Mitglieder in einem umstrittenen Luxemburger Pensionsfonds, der ihnen eine Altersversorgung von monatlich bis zu 5.575 Euro sichern kann.

Dabei haben die deutschen EU-Parlamentarier schon ein Anrecht auf eine Altersentschädigung wie Bundestagsabgeordnete. Ihnen steht nach hiesigem Recht die gleiche luxuriöse Altersentschädigung zu wie den Mitgliedern des Bundestages, also noch einmal 5.175,90 Euro nach 27 Jahren.

Zwar müssen die Zahlungen aus dem EU-Fonds, der von einem Luxemburger Verein verwaltet wird, laut Gesetz mit der deutschen Pension verrechnet werden. Allerdings ist nach Recherchen des stern nicht gewährleistet, dass die Bundestagsverwaltung von allen Anwartschaften aus dem Luxemburger Fonds erfährt. Er wird zu zwei Dritteln mit Steuergeldern finanziert und stieß mehrfach auf Kritik seitens des EU-Rechnungshofes.

Das EU-Parlament hielt die Namen der Fondsteilnehmer bisher geheim. Dem stern liegen aber die Mitgliederlisten des Luxemburger Pensionsvereins vor. Mindestens 37 der gegenwärtig 99 deutschen Abgeordneten sind dabei. Zählen die Ausgeschiedenen mit, stehen sogar 76 Deutsche auf den Listen.

Nach stern-Informationen waren oder sind folgende deutsche Politiker an dem Luxemburger Pensionsfonds beteiligt:

Beer, Angelika (Grüne): MdEP seit 2004. Fondsmitglied seit 2004.
Berend, Rolf (CDU): MdEP seit 1994. Fondsmitglied zumindest von 1995 bis 1999. Ist nach eigenen Angaben seit zehn Jahren nicht mehr Mitglied.
Bloch von Blottnitz, Undine Uta (Grüne): MdEP bis 1999. Fondsmitglied zumindest 1995 und 1996. 2001 verstorben.
Botz, Gerhard (SPD): 1994 bis 1999 MdEP. Jetzt im Bundestag. 1995 Fondsmitglied.
Braun-Moser, Ursula (CDU): 1985 bis 1994 MdEP. 1993 Fondsmitglied.
Breyer, Hiltrud (Grüne): MdEP seit 1989. Fondsmitglied zumindest ab 1999 und bis 2004.
Bullmann, Hans Udo (SPD): MdEP seit 1999. Seitdem auch Fondsmitglied. Ist nach eigenen Angaben bereits seit 2006 nicht mehr Mitglied; Beiträge wurden ihm zurück erstattet. Auf Platz 8 der SPD-Kandidatenliste für die Europawahl am 7. Juni.
Ceyhun, Ozan (erst Grüne, dann SPD): MdEP 1998 bis 2004. Fondsmitglied zu- mindest von 1999 bis 2002.
Ehler, Christian (CDU): MdEP seit 2004. Zumindest 2004 Fondsmitglied.
Florenz, Karl-Heinz (CDU): MdEP seit 1989. Fondsmitglied ab 1993. Trat nach eigenen Angaben Ende 1994 wieder aus.
Gahler, Michael (CDU): MdEP seit 1999. Fondsmitglied zumindest von 1999 bis 2004. Auf Platz 2 der hessischen CDU bei der Europawahl.
Gewalt, Roland (CDU): MdEP seit 2005. Zumindest 2006 Fondsmitglied.
Glante, Norbert (SPD): MdEP seit 1994. Fondsmitglied mindestens von 1995 bis 2004. Nach eigenen Angaben heute dort ausgeschieden. Platz 21 der SPD-Liste für die Europawahl.
Glase, Anne-Karin (CDU): MdEP 1994 bis 2004. Fondsmitglied zumindest 1995 bis 1997.
Goepel, Lutz (CDU): MdEP seit 1994. Fondsmitglied zumindest 1995 bis 1999.
Gomolka, Alfred (CDU): MdEP seit 1994. Fondsmitglied zumindest ab 1995. Ehemaliger Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern.
Grund, Johanna-Christina (Republikaner): MdEP 1989 bis 1994. Fondsmitglied zumindest von 1993 bis 2004.
Haug, Jutta (SPD): MdEP seit 1994. Fondsmitglied seit 1995. Hat im August 1994 nach eigenen Angaben die Einzahlungen beendet, aber hat weiter Anspruch auf eine Pension aus dem Fonds. Steht auf Platz 4 der SPD-Liste für die Europawahl.
Heinisch, Renate Charlotte (CDU): MdEP von 1994 bis 1999, heute im EU Wirtschafts- und Sozialausschuss. Fondsmitglied zumindest von 1995 bis 1999.
Holzfuss, Martin (FDP): MdEP von 1989 bis 1994. Fondsmitglied zumindest 1993.
Horacek, Milan (Grüne): MdEP seit 2004. Wurde 2004 Fondsmitglied, trat aber nach eigenen Angaben Ende Februar 2005 wieder aus.
Jöns, Karin (SPD): MdEP seit 1994. War vom 1.8.1994 bis 31.1.1998 im Fonds. Trat dann nach eigenen Angaben aus und ließ sich ihre eingezahlten Eigenbeiträge zurück zahlen.
Keppelhoff-Wiechert, Hedwig (CDU): MdEP 1989 bis 2004. Fondsmitglied zumindest von 1993 bis 1996.
Kessler, Margot (SPD): MdEP 1990 bis 2004. Fondsmitglied zumindest 1999 bis 2002.
Klamt, Eva (CDU): MdEP seit 1999. Fondsmitglied zumindest von 1999 bis 2001.
Klass, Christa (CDU): MdEP seit 1994. Fondsmitglied von 1995 bis 2003. Ließ sich nach eigenen Angaben beim Austritt gezahlte Eigenbeiträge wieder auszahlen.
Klinz, Wolf (FDP): MdEP seit 2004. Fondsmitglied seit 2004. Platz 4 auf der Kandidatenliste der FDP für die Europawahl.
Knolle, Karsten (CDU): MdEP 1999 bis 2004. Zumindest von 1999 bis 2002 im Fonds.
Koch, Dieter-Lebrecht (CDU): MdEP seit 1994. Zumindest von 1995 bis 2004 im Fonds. Nach eigenen Angaben heute nicht mehr Mitglied.
Köhler, Heinz Fritz (SPD): 1989 bis 1994 MdEP. Fondsmitglied zumindest bis 2002.
Konrad, Christoph (CDU): MdEP seit 1994. Zumindest 1995 bis 1999 Fondsmitglied.
Kreissl-Dörfler, Wolfgang (erst Grüne, dann SPD): Fondsmitglied zumindest 1995 bis 2002. Ist nach eigenen Angaben schon lange aus dem Pensionsfonds ausgetreten. Auf Platz 5 der SPD-Liste für die Europawahl.
Kuckelkorn, Wilfried (SPD): MdEP 1994 bis 2004. Fondsmitglied zumindest seit 1995. Kandidierte 2005 für den Vorstand des Pensionsvereins.
Kuhne, Helmut (SPD): MdEP seit 1994. Zahlte nach eigenen Angaben bis 2004 in den Fonds ein und ließ sich seinen Eigenanteil im November 2007 auszahlen.
Lambsdorff, Graf Alexander (FDP): Seit 2004 MdEP und seitdem auch im Fonds. Platz 2 auf der FDP-Liste für die Europawahl.
Lauk, Kurt (CDU): Seit 2004 MdEP und seitdem auch im Fonds. Ist auch Präsident des CDU-Wirtschaftsrates.
Lehne, Klaus-Heiner (CDU): MdEP seit 1994. Fondsmitglied zumindest in den Jahren 1995 und 1996. Nach eigenen Angaben ausgetreten.
Mann, Erika (SPD): MdEP seit 1994. Stand von 1995 bis 2006 in den Mitgliederlisten des Fondsvereins. Hat ihn nach eigenen Angaben bereits vor Sommer 2004 verlassen und ließ sich ihre Eigenbeiträge auszahlen. Platz 24 der SPD-Liste für die Europawahl.
Mann, Thomas (CDU): Seit 1994 MdEP. Fondsmitglied zumindest von 1995 bis 2004.
Mayer, Hans-Peter (CDU): MdEP seit 1999. Fondsmitglied zumindest von 1999 bis 2004. Trat nach eigenen Angaben aus, nachdem ihm klar geworden sei, dass die Pensionszahlungen aus dem Fonds auf die Altersentschädigung des Bundestages angerechnet werden müssen.
Mayer, Xaver (CSU): 1994 bis 2004 MdEP. Fondsmitglied zumindest von 1995 bis 2004.
Modrow, Hans (Linke): 1999 bis 2004 MdEP. Fondsmitglied zumindest von 1999 bis 2002.
Mosiek-Urbahn, Marlies (CDU): 1994 bis 1999 MdEP. Zumindest 1995 und 1996 im Fonds. War zeitweilig hessische Sozialministerin.
Müller, Edith (Grüne): MdEP von 1994 bis 1999. Zumindest 1995 und 1996 im Fonds.
Müller, Emilia Franziska (CSU): 1999 bis Ende 2003 MdEP. Fondsmitglied zumindest 1999 bis 2002. War bis vor kurzem bayerische Wirtschaftsministerin.
Müller, Rosemarie (SPD): 1999 bis 2004 MdEP. Zumindest von 1999 bis 2002 im Fonds.
Neubauer, Harald (für die Republikaner ins EU-Parlament gewählt): 1989 bis 1994 MdEP. Im Fonds zumindest von 1993 bis 2004.
Niebler, Angelika (CSU): MdEP seit 1999. Zumindest von 1999 bis 2004 im Fonds. Auf Platz 2 der CSU-Liste für die Europawahl.
Öger, Vural (SPD): MdEP seit 2004. Zumindest 2004 auch Fondsmitglied.
Cem Özdemir (Grüne): MdEP seit 2004. War nach Angaben seines Büros kurzzeitig für einige Monate im Pensionsfonds und ist dann ausgetreten. Bundesvorsitzender der Grünen.
Partsch, Karl (parteilos, auf Liste der Grünen gewählt): MdEP 1989 bis 1994. Zumindest von 1993 bis 2004 im Fonds. Im Januar 2009 verstorben.
Pflüger, Tobias (Linke): MdEP seit 2004. Zumindest 2004 im Fonds.
Piermont, Dorothee (Grüne): MdEP von 1984 bis 1994. Im Fonds zumindest 1993 bis 2000.
Radwan, Alexander (CSU): MdEP von 1999 bis Dezember 2008. Fondsmitglied zumindest 1999 bis 2004. Heute im bayerischen Landtag und CSU-Schatzmeister.
Rapkay, Bernhard (SPD): MdEP seit 1994. Zahlte nach eigenen Angaben bis 2004 in den Fonds ein. Chef der SPD-Gruppe im Europaparlament. Platz 3 der SPD-Liste für die Europawahl.
Roth, Claudia (Grüne): 1994 bis November 1998 MdEP. War zumindest 1995 und 1996 im Fonds. Trat nach eigenen Angaben bald wieder aus und verlangte eine radikale Reform der Pensionskasse. Heute im Bundestag und Bundesvorsitzende der Grünen.
Sakellariou, Jannis (SPD): MdEP von 1984 bis 2004. Zumindest 1995 und 1996 im Fonds.
Schäfer, Axel (SPD): 1994 bis 1999 MdEP. Zumindest von 1995 bis 1999 im Fonds. Seit 2002 im Bundestag. Sprecher der EU-Arbeitsgruppe der SPD-Fraktion.
Schiedermeier, Edgar Josef (CSU): 1993 bis 1999 MdEP. Zumindest 1995 bis 2004 im Fonds.
Schlee, Emil (für Republikaner im Europaparlament): MdEP 1989 bis 1994. Zumindest 1993 im Fonds.
Schmidbauer, Barbara (SPD): 1987 bis 1999 MdEP. Zumindest 1993 im Fonds.
Schnellhardt, Horst (CDU): MdEP seit 1994. Zumindest 1995 bis 2003 im Fonds.
Schodruch, Hans-Günter (für Republikaner im Europaparlament): 1989 bis 1994 MdEP. Zumindest 1993 bis 2000 im Fonds.
Schröder, Ilka (ehemals Grüne): MdEP 1999 bis 2004. Zumindest 1999 bis 2002 im Fonds.
Schroedter, Elisabeth (Grüne): MdEP seit 1994. Im Fonds zumindest 1995 bis 2004. Hat ihn nach eigenen Angaben inzwischen verlassen. Platz 13 der Grünen-Liste für die Europawahl.
Schwaiger, Konrad (CDU): MdEP 1994 bis 2004. Zumindest 1995 bis 2005 im Fonds. Bezieht nach eigenen Angaben als ehemaliger EU-Beamter keine Altersentschädigung des Bundestages.
Soltwedel-Schäfer, Irene Barbara Lilia (Grüne): 1994 bis 1999 MdEP. Zumindest 1995 bis 1999 im Fonds.
Sommer, Renate (CDU): MdEP seit 1999. Zumindest von 1999 bis 2002 im Fonds.
Stockmann, Ulrich (SPD): MdEP seit 1994. Zumindest von 1999 bis 2005 im Fonds. Ist nach eigenen Angaben 2005 ausgetreten.
Telkämper, Wilfried (ehemals Grüne): MdEP 1987 bis 1999. Im Fonds zumindest von 1995 bis 1998.
Tillich, Stanislaw (CDU): MdEP 1994 bis 1999. Im Fonds zumindest von 1995 bis 1999. Hat ihn nach eigenen Angaben inzwischen verlassen. Heute Ministerpräsident von Sachsen.
Wagenknecht, Sahra (Linke): MdEP seit 2004. Zumindest 2004 im Fonds.
Wechmar, Rüdiger von (FDP): MdEP 1989 bis 1994. Im Fonds zumindest von 1993 bis zu seinem Tod im Jahr 2007. War früher deutscher Botschafter bei der UN und Regierungssprecher unter Willy Brandt.
Wenzel-Perillo, Brigitte (CDU): MdEP 1999 bis 2004. Im Fonds zumindest 2001 und 2002. Auf Platz 3 der sächsischen CDU-Liste für die Europawahl.
Wolf, Friedrich (Grüne): MdEP 1994 bis 1999. Zumindest 1995 bis 1999 im Fonds.
Würmeling, Joachim (CSU): MdEP von 1999 bis Ende 2005. Zumindest 2004 und 2005 im Fonds. War zeitweise Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und ist heute Bevollmächtigter beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.
Zimmerling, Jürgen (CDU): MdEP von 1999 bis Ende 2005. Im Fonds zumindest von 1999 bis 2002. Verstorben.
Zimmermann, Wilmya (SPD): MdEP 1994 bis 1999. Im Fonds zumindest von 1996 bis 2004.
Zissener, Sabine (CDU): MdEP 1999 bis 2004. Im Fonds zumindest 1999 bis 2003.

Was hat es mit dem Luxemburg Pensionsfonds auf sich?

Auf dem Schild an dem unscheinbaren grün-braunen Bürogebäude steht Investor House. Luxemburg, All?Scheffer Nummer 5 - hier ist der Sitz der Caceis Bank und einer wenig bekannten Investmentgesellschaft.

Zeitweise standen Werte von 212 Millionen Euro in den Büchern der Investmentgesellschaft, über Jahre aufgehäuft, aus Steuergeldern, aber ohne Rechtsgrundlage. Mehr als 1000 EU-Abgeordneten soll der Fonds eine luxuriöse Zusatzpension garantieren - nach 20 Jahren im Parlament stolze 5575 Euro pro Monat. Doch nun haben sich die Parlamentarier verspekuliert. Die Verluste sollen die Bürger tragen.

Der Fonds hatte schon 2007 ein Defizit von 31 Millionen Euro.

Anfänglich bestand das Vermögen des Pensionsvereins zu 93 Prozent aus Anleihen - also wenig profitträchtigen, aber sicheren Wertpapieren. Doch Stück für Stück erhöhte der Verein den Aktienanteil auf über 70 Prozent und verlor. Das versicherungsmathematische Minus, die Unterdeckung der zugesagten Leistungen, betrug Ende 2007 bereits 31 Millionen Euro - noch vor dem jüngsten dramatischen Kurseinbruch an den Weltbörsen.

Ich vermute, dass das Ding seitdem die Hälfte an Wert verloren hat, sagt der Finanzanalytiker Volker Looman. 70 Prozent eines solchen Fonds in Aktien anzulegen, war in seinen Augen schlicht unvertretbar.

Wenn im Pensionstopf jetzt weniger Geld ist, müssten eigentlich die Rentenanwartschaften reduziert werden. Doch davon wollen die Abgeordneten nichts wissen. Der Luxemburger Verein besteht darauf, dass am Ende das EU-Parlament für die zugesagten Rentenansprüche vollständig gerade stehen müsse.

Keine zureichende Rechtsgrundlage

Der Fonds wurde 1990 vom Parlamentspräsidium der Vielvölkerkammer beschlossen und im März 1994 in Luxemburg errichtet. Eine ausreichende Rechtsgrundlage sei in all den Jahren nie geschaffen worden, beklagte der EU-Rechnungshof im November 2003. Erst seit 2005 erwähnt ein von Ministerrat und Parlament verabschiedetes Abgeordnetenstatut die Luxemburger Pensionskasse explizit.

Trotzdem finanzierte das EU-Parlament und damit der Steuerzahler Jahr für Jahr zwei Drittel der Beitragssummme direkt und ein weiteres Drittel indirekt. Den Eigenanteil der Abgeordneten zog die Parlamentsadministration bis September 2008 einfach von der gut 4000 Euro betragenden Bürokostenpauschale ab, die die Abgeordneten jeden Monat bekommen. Ob die Parlamentarier die Pauschale mit eigenen Mitteln wieder auffüllten, wurde von der Verwaltung nie geprüft - entgegen ausdrücklicher Forderungen des Parlamentsplenums.

Erstaunlich, so der stern, ist auch, dass sich die teilnehmenden Politiker der Grünen und der Linkspartei nicht an dem wenig sozialökologisch orientierten Aktienportfolio des Fonds störten. Frühzeitig investierten die Pensionsverwalter in die Zigarettenhersteller British American Tobacco und Philip Morris oder setzten auf Ölkonzerne wie BP und Shell. Selbst der Mediaset-Konzern des umstrittenen italienischen Premiers Silvio Berlusconi stand mehrfach auf der Liste der Assets, ebenso Rüstungskonzerne wie General Dynamics, BAE Systems oder EADS. Millionen Euro investierte der Fonds in Steuerparadiesen wie den Bahamas und den Cayman Islands.

Für Experten kommt überraschend, wieviel Liebe zu Luxemburg gerade die deutschen Europarlamentarier entwickelten. Unter dem Strich rechnet sich das für fast niemanden, glaubt ein Rentenexperte der Bundestagsverwaltung. Denn das Gesetz bestimmt, dass EU-Renten mit der deutschen Altersentschädigung verrechnet werden müssen.

Schummeln macht Sinn

Der EU-Pensionsfonds macht für deutsche Abgeordnete eigentlich nur unter drei Voraussetzungen Sinn: Erstens für Europaparlamentarier, die bis 2007 nur fünf Jahre dem hohen Haus angehörten - anders als im EU-Fonds gab es vom Bundestag bis dahin erst nach acht Jahren Rente.

Zweitens für Brüsseler Politiker, die schummeln - weil sie in Wahrheit ihren Eigenanteil gar nicht selbst finanziert, sondern ihn von der Kostenpauschale abgeknapst und einfach weniger Büroklammern und Briefumschläge gekauft hatten.

Das wäre eindeutiger Schmu, genauso wie die dritte Variante: gleichzeitiges, heimliches Kassieren in Luxemburg und in Berlin.
Das scheint durchaus möglich. Denn die Bundestagsverwaltung ist darauf angewiesen, dass ihr die EU-Abgeordneten mitteilen, ob sie Gelder aus Luxemburg zu erwarten haben. Seit dem Jahr 2000 hat man in Berlin nur von zwei solchen Fällen erfahren. Die Zahl der ausgeschiedenen EU-Abgeordneten, die seitdem doppelt anspruchsberechtigt geworden sein müssen, ist deutlich größer.

478 aktive und 635 ehemalige Volksvertreter aus allen Ecken Europas sind Mitglieder des so genannten freiwilligen Pensionsfonds.

 EU-Pension: Claudia Roth dagegen, Angelika Beer zahlt

Grünenparteichefin Claudia Roth (53) aus Schwaben war zwar selbst sieben Jahre Mitglied im umstrittenen Luxemberger Pensionsfonds, dessen Beiträge zu zwei Dritteln und dessen eventuelle Marktverluste sogar total von Steuergeldern bezahlt werden. Aber sie trat aus, hat heute keine Ansprüche daraus und gehört zu den großen Gegnern der steuergestützten Zweitrente für EU-Parlamentarier. Das jedenfalls ließ Claudia Roth, die gerade mit einer Delegation des Kulturausschusses des Bundestages im Ausland unterwegs ist, dem Finanznachrichtendienst www.gomopa.net von Grünen-Pressesprecher Ali Mahdjoubi ausrichten.

Wörtlich heißt es in der Stellungnahme an GoMoPa: Claudia Roth war als Europaabgeordnete (1989-1998) entsprechend der damals im Europäischen Parlament üblichen Praxis anfangs dem Pensionsfonds beigetreten, aus dem sie aber Ende 1996 ausgetreten ist. Sie gehörte zu den ersten im Europaparlament, die die geänderte Konstruktion dieses Pensionsfonds des Europäischen Parlaments kritisierte: Bereits 1998, also 5 Jahre vor der Kritik des Europäischen Rechnungshofes, forderte sie als Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament in einem Brief an den Parlamentspräsidenten, dass dieser Pensionsfonds ausschließlich aus privaten Mitteln der Europaabgeordneten finanziert werden sollte. Teil der Kritik in diesem Zusammenhang war auch, dass das Europaparlament für eventuelle Verluste des Fonds nicht aufkommen darf. Frau Roth hat keinen Anspruch auf Pensionszahlungen aus diesem Fonds.

Die deutschen Grünen im EU-Parlament hätten ihren Mitgliedern nach der Europawahl 2004 abgeraten, dem Fonds beizutreten, sagt deren Chefin, Rebecca Harms, dem Hamburger Magazin stern. Die ehemalige Grünen-Bundesvorsitzende Angelika Beer (51) aus Schleswig-Holstein schrieb sich trotzdem noch im selben Jahr ein.

Und sie zahlt auch heute noch ein, teilte die grüne Europaparlamentarierin GoMoPa aus Brüssel mit.

Wörtlich heißt es in der Stellungnahme von Angelika Beer an GoMoPa: Zur Schaffung einer möglichen Altersvorsorge bin ich im Jahr 2004 dem Pensionsfonds beigetreten und zahle seitdem monatlich einen Betrag von meinem Abgeordnetengehalt auf ein Konto ein. Was ich mit meinem zurückgelegten Geld mache, ist heute noch nicht entscheidungsreif. An den Bezug von Rente oder Pension ist in meinem Alter noch nicht zu denken. Ich hoffe natürlich, möglichst direkt nach dem Ausscheiden aus dem Europaparlament einen Arbeitsplatz zu finden, mit dem ich meine Familie und mich ernähren kann. Ein doppelter Rentenanspruch ist nicht gegeben, weil mögliche Zahlungen aus öffentlichen Kassen und dem freiwilligen Pensionsfonds gegeneinander aufgerechnet werden.

Zu den ehemaligen Mitgliedern zählte auch der heutige Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir (43) aus Baden-Württemberg. Er trat nach eigenen Angabe bereits nach wenigen Monaten wieder aus.

Der Luxemburg Pensionsfonds investierte in die Zigarettenhersteller British American Tobacco und Philip Morris oder setzten auf Ölkonzerne wie BP und Shell. Selbst der Mediaset-Konzern des umstrittenen italienischen Premiers Silvio Berlusconi stand mehrfach auf der Liste der Assets, ebenso Rüstungskonzerne wie General Dynamics, BAE Systems oder EADS. Millionen Euro investierte der Fonds in Steuerparadiesen wie den Bahamas und den Cayman Islands. Heute macht der Fonds nach Recherchen von stern riesige Verluste, die jedoch vom Europaparlament, also von Steuergeldern, ausgeglichen werden sollen.

Der CDU-Politiker Professor Kurt Lauk (62) aus Baden-Württemberg trat gleich nach seiner Wahl ins EU-Parlament im Jahr 2004 bei. Als Präsident des CDU-Wirtschaftsrates setzt er sich regelmäßig für mehr Eigenverantwortung der Bürger bei der Altsversorgung ein und für niedrigere Steuern. Für seine Zusatzpension soll trotzdem der Fiskus einspringen.

Die bekennende Kommunistin Sahra Wagenknecht (39) aus Thüringen von der Linkspartei war seitdem ebenso dabei wie ihr Fraktionskollege Tobias Pflüger (44) aus Baden-Württemberg und der FDP-Parlamentarier Alexander Graf Lambsdorff (42) aus Nordrhein-Westfalen.

Auch der Chef der Brüsseler SPD-Gruppe, Bernhard Rapkay (58) aus Nordhrein-Westfalen, zahlte bis 2004 ein. Er findet, schreibt der stern, dass das eine Entscheidung "rein privater Natur" sei.

Quelle: GoMoPa (www.gomopa.net)

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