Ökonom Rürup weist Scholz-Kritik an Renten-Experten zurück
Archivmeldung vom 09.09.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićBert Rürup, früherer Vorsitzender der Wirtschaftsweisen und Renten-Experte, hat harsche Kritik von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Richtung der Renten-Fachleute der Republik erwidert.
"Dass der Kanzler Olaf Scholz nun Ökonomen, die nicht seiner aktuellen
Ansicht sind, rüde kritisiert, ist in meinen Augen ein Zeichen von
argumentativer Schwäche", sagte Rürup dem "Tagesspiegel". Ihm sei kein
Experte bekannt, der Scholz' Rentenpolitik für eine gute und richtige
Idee halte. "Wenn es diese Experten gibt, sollte der Kanzler sie
nennen."
Derzeit streitet die Ampel-Koalition um das Rentenpaket
II. Im "Tagesspiegel" hatte Scholz gesagt, es müsse unbedingt wie
geplant verabschiedet werden. Auf den Einwand, viele Fachleute hielten
die Pläne für eine einseitige Belastung Jüngerer, entgegnete Scholz:
"Das ist die Auffassung einer ausschließlich Establishment-orientierten
Expertenlandschaft, die ihre Schäfchen im Trockenen hat."
Er kam
auch auf den Streit um die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren
zu sprechen und sagte: "Dagegen wenden sich lauter Akademiker, die
frühestens mit 25, 26 Jahren anfangen zu arbeiten und Beiträge zu zahlen
und selbst nie auf 45 Beitragsjahre kommen." Sie wollten aber jenen,
die viel früher angefangen haben zu arbeiten und viel länger Beiträge
zahlen, die Chance nehmen, nach einem langen Arbeitsleben zwei Jahre
früher ohne Abschläge in Rente zu gehen. "Für mich hat das einen fahlen
Beigeschmack."
Beim Konflikt um das Rentenpaket II geht es unter
anderem um die angedachte Garantie, dass das Rentenniveau mit Wirkung
bis 2040 nicht unter 48 Prozent fallen kann. Zahlreiche Ökonomen
kritisieren diesen Schritt als einseitige Belastung der jüngeren
Generationen, da Kosten auf Beitragszahler und Bundeshaushalt zukommen.
Die SPD sieht die Garantie hingegen als Absicherung eines würdevollen
Lebens im Alter.
Rürup sagte, dass der Kanzler ein "erfahrener
Politiker" und unter anderem von 2007 bis 2009 Arbeits- und
Sozialminister der damaligen Großen Koalition gewesen sei. "Alle
Sozialminister von Norbert Blüm über Walter Riester, Ulla Schmidt, Franz
Müntefering und selbst Andrea Nahles waren sich klar darüber, dass die
mit der Bevölkerungsalterung verbundenen Kosten real sind." Das heißt,
sie seien nicht "wegreformierbar", sondern könnten nur möglichst
gleichmäßig über alle Generationen verteilt werden. "Und diese Position
hat Olaf Scholz zu seiner Amtszeit als Sozialminister auch vertreten."
Rürup
gilt als ausgewiesener Rentenfachmann. Er war ab 2000 Mitglied des Rats
der Wirtschaftsweisen und von 2005 bis 2009 dessen Vorsitzender.
Quelle: dts Nachrichtenagentur