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Ex-Offizier klärt auf: So gelangte Geist der SS in die Bundeswehr

Archivmeldung vom 19.08.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.08.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Angehörige der SS-Totenkopf-Division, Aufnahme einer Propagandakompanie der Wehrmacht, Russland 1941
Angehörige der SS-Totenkopf-Division, Aufnahme einer Propagandakompanie der Wehrmacht, Russland 1941

Foto: Bundesarchiv, Bild 101III-Cantzler-045-05A / Cantzler / CC-BY-SA 3.0
Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Nach dem jüngsten Skandal rund um die exzessive Feier des KSK der Bundeswehr, bei der Soldaten durch rechtsradikale Gesinnung aufgefallen sind, hat Sputnik mit Jürgen Rose, Bundeswehr-Oberstleutnant a. D., gesprochen. Der Offizier ging dabei darauf ein, wie die rechte Gesinnung in der Truppe überleben konnte.

Im Sputnik Textbeitrag zum Interview mit Jürgen Rose heißt es weiter: "Wie Rose feststellt, musste die Politik bei der Gründung der Bundeswehr in den Jahren 1955 bis 1965 teilweise auf die ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht und der Waffen-SS zugreifen und mit diesen die Kader der neu geschaffenen Bundeswehr besetzen. Die Begründung der Politik sei damals einfach gewesen:

„Konrad Adenauer, der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik, sagte, er könne keine Achtzehnjährigen zu Generälen machen“, so der Oberstleutnant.

Genau dadurch habe aber laut Rose „der Geist der Wehrmacht und teilweise auch der Waffen-SS in die neue geschaffene Bundeswehr“ eindringen können.

Damit habe die Politik maßgeblich ihr eigenes Ziel verfehlt, eine demokratische Streitkraft aufzubauen, sondern habe lediglich eine „optimierte Wehrmacht“ geschaffen.

Die Folgen davon seien gerade heute in einer „ganzen Serie von Einzelfällen“ zu sehen.

Ein sichtbarer Ausdruck der fehlgeschlagenen Entnazifizierung der Truppe sei die Namensgebung vieler Bundeswehr-Standorte und Kasernen. Diese würden oft nach ehemaligen Wehrmachtsoffizieren oder Mitgliedern der ehemaligen Waffen-SS benannt, was nicht nur der Kernidee der demokratischen Armee widerspreche, sondern auch nach den internen Bundeswehr-Regelungen formal vorschriftswidrig sei.

„Das war damals schon völlig Politik widrig im Sinne einer demokratischen Orientierung der neuen Streitkräfte“, unterstreicht Rose.

In diesen internen Regelungen der Bundeswehr stehe schließlich eindeutig, dass der Maßstab für die Benennung einer Kaserne nach einer bestimmten Person sich danach richten solle, dass diese Person eine herausragende Tat für Recht und Freiheit erbracht haben müsse.

„Das trifft zum Beispiel für Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Mitverschwörer des 20. Julis zu, als sie versucht haben, Hitler durch einen Anschlag zu töten“, betonte der Experte.

Diese Regelung sei aber maßgeblich in den sechziger Jahren unter dem Minister Franz Josef Strauß aufgeweicht worden. Seitdem seien „Wehrmacht-Traditionalisten“ mit ihrer Benennungspolitik stets präsent geblieben und hätten so auch den Geist der Bundeswehr mit dem rechten Gedankengut versetzt , um nach ihrem Wunsch den neuen Bundeswehrsoldaten feste militärische Vorbilder zu geben.

Die nun veröffentlichten Berichte über Exzesse und rechtsradikal anmutende Szenen im KSK erschienen dem Oberstleutnant a. D. daher durchaus glaubwürdig.

Er selbst habe während seiner aktiven Laufbahn bei der Bundeswehr Erfahrungen mit rechtsradikalen Offizieren gehabt. Diese seien nicht nur von der Führung toleriert, sondern auch explizit in Schutz genommen worden.

Angesichts der so stark verwurzelten rechtsradikalen Elemente in der Bundeswehr sei es laut Rose seitens der Politik zumindest „scheinheilig“, nur von „bedauerlichen Einzelfällen“ zu sprechen.

Er unterstreicht: „Aus dem politischen Bereich sowie aus der militärischen Führung wird nichts oder viel zu wenig getan“.

Paradoxerweise müssten oft die Beteiligten trotz des ganzen Wissens in der Führung über das Abdriften der Truppe in das rechte Gedankengut kaum ernste Konsequenzen fürchten. Es sei ein bürokratischer Hürdenlauf, auch nur den Tatbestand offiziell festzuhalten – auch weil die Offiziere den Ermittlungsprozess in keiner Weise unterstützen, sondern in manchen Fällen versuchen würden, die Ermittlungen in den Sand laufen zu lassen, so der Oberstleutnant.

Selbst wenn die Rechtswidrigkeit der Tat nachgewiesen wurde, könne zudem oft das Urteil abgemildert werden. Sei beispielsweise Alkohol im Spiel gewesen, werde die Schuldfähigkeit deutlich abgemildert. Unter diesen Umständen jemanden harten Strafen unterzuziehen sei extrem schwierig.

Noch geringer seien die Optionen, wenn es sich – wie bei dem jüngsten Fall – um das KSK handelt.

Das KSK öffentlich zu bestrafen sei  kaum möglich, „denn das Kommando der Spezialkräfte lebt unter der Glocke der totalen Geheimhaltung“, betont der Offizier.

Dies erschwere ungemein die Kontrolle des KSK und lasse die Truppe an der Grenze der Verfassungskonformität agieren, meint er. Somit könne es vorkommen, dass „diese Truppe den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entgeht, in verfassungswidriger Weise.“

Gleiches gelte beim Einsatz der Truppe in Auslandsmissionen. Formal müsste jeder bewaffnete Einsatz nach der deutschen Verfassung vom Deutschen Bundestag genehmigt werden. Dies passiere aber kaum bei KSK-Einsätzen und sei damit nah an der Verfassungswidrigkeit.

Bei einer Abschiedsfeier des KSK für einen Kompaniechef soll es vor einigen Tagen laut ARD-Berichten nicht nur zu Alkoholexzessen der Soldaten gekommen sein, sondern auch ethisch fragwürdige Spiele mit Schweinekopfwerfen und einer jungen Frau als Hauptpreis gegeben haben. Zudem sollen rechtsradikale Lieder gespielt und gesungen worden und sowohl vom Kompaniechef als auch von mehreren Soldaten der Hitlergruß gezeigt worden sein."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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