Klimawandel Hauptthema in Merkels Neujahrsansprache: "Bedrohlich"
Archivmeldung vom 31.12.2019
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Freigeschaltet durch André OttBundeskanzlerin Angela Merkel hat das Thema Klimawandel in den Mittelpunkt ihrer Neujahrsansprache gestellt. "Die Erwärmung unserer Erde ist real. Sie ist bedrohlich", sagte Merkel in der bereits aufgezeichneten Rede, die am Silvesterabend von mehreren Fernsehsendern ausgestrahlt wird.
Merkel sagte weiter: "Also müssen wir auch alles Menschenmögliche unternehmen, um diese Menschheitsherausforderung zu bewältigen. Noch ist das möglich." "Ich bin mit meinen 65 Jahren in einem Alter, in dem ich persönlich nicht mehr alle Folgen des Klimawandels erleben werde, die sich einstellen würden, wenn die Politik nicht handelte", so Merkel weiter. "Es sind ja unsere Kinder und Enkel, die mit den Folgen dessen leben müssen, was wir heute tun oder unterlassen." Das gerade beschlossene Klimaschutzprogramm leiste dazu einen wichtigen Beitrag.
"Dabei können wir aufbauen auf dem, was uns schon immer stark gemacht hat: unseren Ideen, unserem Erfindergeist, unserem Fleiß und unserer Hartnäckigkeit, unseren Handwerkern, Ingenieuren und Fachkräften, unseren staatlichen und ehrenamtlichen Strukturen, unserer Art des Zusammenlebens in Familien und Vereinen, der Wertschätzung für diejenigen, die zum Beispiel in der Pflege für andere Menschen und mit anderen Menschen arbeiten", so die Kanzlerin. Gleichzeitig warb sie dafür, dass Europa "seine Stimme stärker in der Welt einbringen" solle.
"Dafür werden wir uns auch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr einsetzen, zum Beispiel durch einen Gipfel aller Mitgliedstaaten mit China und ein Treffen mit den Staaten Afrikas." Die Zusammenarbeit mit Afrika liege "auch in unserem eigenen Interesse". "Unsere Sicherheit und unser Wohlstand hängen wesentlich davon ab, dass es auch in unserer Nachbarschaft sicher wird und wirtschaftlich aufwärts geht." Die 20er Jahre könnten gute Jahre werden, so die Kanzlerin. "Veränderungen zum Guten sind möglich."
Neujahrsansprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Wortlaut
Mehrere Fernsehsender strahlen um den Jahreswechsel die
Neujahrsansprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus. Hier der
Wortlaut: "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, heute Abend stehen wir
nicht nur am Beginn eines neuen Jahres, sondern auch eines neuen
Jahrzehnts. Ich bin überzeugt: Wir haben gute Gründe, zuversichtlich zu
sein, dass die in wenigen Stunden beginnenden 20er Jahre des 21.
Jahrhunderts gute Jahre werden können - wenn wir unsere Stärken nutzen,
wenn wir auf das setzen, was uns verbindet, wenn wir uns daran erinnern,
was wir in den letzten Jahrzehnten gemeinsam erreicht haben. Im
nächsten Jahr wird Deutschland seit 30 Jahren in Frieden und Freiheit
wiedervereint sein. In diesen 30 Jahren haben wir Großartiges geschafft.
So hatten zum Beispiel noch nie so viele Menschen Arbeit wie heute. Dennoch bleibt auch im nächsten Jahrzehnt noch mehr zu tun, als wir vor 30 Jahren gedacht haben. Zugleich erleben wir täglich, wie sehr der digi tale Fortschritt unser Leben in allen Bereichen verändert, natürlich auch unser Arbeitsleben. Darauf müssen wir neue Antworten finden. Denn wir wollen, dass alle Menschen Zugang zu der Bildung haben, die sie für diesen Wandel brauchen. Wir wollen, dass sie auch in Zukunft einen guten und sicheren Arbeitsplatz haben - und im Alter eine verlässliche Rente. Dazu brauchen wir mehr denn je den Mut zu neuem Denken, die Kraft, bekannte Wege zu verlassen, die Bereitschaft, Neues zu wagen, und die Entschlossenheit, schneller zu handeln, in der Überzeugung, dass Ungewohntes gelingen kann - und gelingen muss, wenn es der Generation der heute jungen Menschen und ihren Nachkommen noch möglich sein soll, auf dieser Erde gut leben zu können.
Die Erwärmung unserer Erde ist real. Sie ist bedrohlich. Sie und die aus der Erderwärmung erwachsenden Krisen sind von Menschen verursacht. Also müssen wir auch alles Menschenmögliche unternehmen, um diese Menschheitsherausforderung zu bewältigen. Noch ist das möglich. Diese Überzeugung trägt auch das Klimaschutzprogramm, das Bund und Länder vor wenigen Tagen verabschiedet haben. Ich weiß sehr wohl, dass die darin beschlossenen Maßnahmen den einen Angst machen, dass sie sie überfordern könnten, und den anderen noch lange nicht ausreichen. Und es stimmt ja auch: Ich bin mit meinen 65 Jahren in einem Alter, in dem ich persönlich nicht mehr alle Folgen des Klimawandels erleben werde, die sich einstellen würden, wenn die Politik nicht handelte. Es sind ja unsere Kinder und Enkel, die mit den Folgen dessen leben müssen, was wir heute tun oder unterlassen. Deshalb setze ich all meine Kraft dafür ein, dass Deutschland seinen Beitrag leistet - ökologisch, ökonomisch, sozial - den Klimawandel in den Griff zu bekommen.
Das
gerade beschlossene Gesetz bietet dazu den - im Wortsinne - Not-wendigen
Rahmen. Dabei können wir aufbauen auf dem, was uns schon immer stark
gemacht hat: unseren Ideen, unserem Erfindergeist, unserem Fleiß und
unserer Hartnäcki
gkeit, unseren Handwerkern, Ingenieuren und Fachkräften, unseren
staatlichen und ehrenamtlichen Strukturen, unserer Art des
Zusammenlebens in Familien und Vereinen, der Wertschätzung für
diejenigen, die zum Beispiel in der Pflege für andere Menschen und mit
anderen Menschen arbeiten. Und dabei tragen uns die Werte des
Grundgesetzes von Freiheit, Solidarität und der Achtung der Würde jedes
einzelnen Menschen sowie die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft.
Sie bleiben unser Kompass auch im nächsten Jahrzehnt. Das heißt, auch im
digitalen Zeitalter hat die Technik dem Menschen zu dienen - und nicht
umgekehrt. Die Würde des Menschen setzt die Grenzen, denn sie ist
unantastbar. Das ist der Kern unserer freiheitlichen Demokratie, die
jeden Tag mit Leben zu füllen ist.
Ich danke den Frauen und Männern, die
in unserem Land politische Verantwortung übernehmen, ganz besonders
denen in den Kommunen. Sie - wie alle Menschen in unserem Land - vor
Hass, Anfeindungen und Gewalt, vor Rassismus u
nd Antisemitismus zu schützen, ist Aufgabe des Staates, eine Aufgabe,
der sich die Bundesregierung besonders verpflichtet fühlt. Ich danke den
vielen, die sich für unser Gemeinwesen einsetzen, haupt- und
ehrenamtlich: den Polizisten, Feuerwehrleuten und all denen, die ihren
Mitmenschen in schweren Situationen beistehen. Sie alle bilden das
Rückgrat unserer Demokratie. Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, in den
vergangenen Jahren habe ich oft gesagt, dass es auch Deutschland auf
Dauer nur dann gut geht, wenn es auch Europa gut geht.
Denn nur in der
Gemeinschaft der Europäischen Union können wir unsere Werte und
Interessen behaupten und Frieden, Freiheit und Wohlstand sichern. Europa
muss seine Stimme stärker in der Welt einbringen. Dafür werden wir uns
auch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr
einsetzen, zum Beispiel durch einen Gipfel aller Mitgliedstaaten mit
China und ein Treffen mit den Staaten Afrikas. Die Zusammenarbeit mit
Afrika liegt auch in unserem
eigenen Interesse. Denn nur wenn Menschen die Chance auf ein friedliches
und sicheres Leben haben, werden Flucht und Migration abnehmen.
Nur wenn wir Kriege durch politische Lösungen beenden, wird sich nachhaltige Sicherheit einstellen. Unsere Sicherheit und unser Wohlstand hängen wesentlich davon ab, dass es auch in unserer Nachbarschaft sicher wird und wirtschaftlich aufwärts geht. Deshalb danke ich heute Abend sowohl unseren Soldatinnen und Soldaten, den Polizistinnen und Polizisten als auch den zivilen Helferinnen und Helfern, die fern der Heimat ihren Dienst tun. Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ein neues Jahrzehnt liegt vor uns. Die 20er Jahre können gute Jahre werden. Überraschen wir uns einmal mehr damit, was wir können. Veränderungen zum Guten sind möglich, wenn wir uns offen und entschlossen auf Neues einlassen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien ein gesundes, frohes und gesegnetes neues Jahr 2020."
Quelle: dts Nachrichtenagentur