Gedankenspiele über einen Vorsitzwechsel bei der CSU von Stoiber zu Seehofer
Archivmeldung vom 06.01.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlFührende CSU-Politiker gehen, nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" (Sonnabend-Ausgabe) davon aus, dass es zwischen dem in die Krise gekommenen CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber und seinem Partei-Vize, Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer, eine "vertrauliche Absprache" über einen Wechsel Seehofers zum Parteivorsitzenden gebe, sollte sich Stoiber in der nächsten Zukunft nicht von seinen persönlich schlechten Umfragewerten erholen.
Sowohl
ein Mitglied des CSU-Präsidiums als auch zwei Vorstandsmitglieder
meinten übereinstimmend gegenüber der Zeitung, man gehe davon aus,
"wenn Stoiber bis zum Sommer nicht in seinen Umfragewerten Anschluss
an die guten Werte für die Partei gefunden hat", dass Stoiber
Seehofer bitten werde, das Amt des Parteichefs zu übernehmen, damit
sich der Ministerpräsident ganz auf seine Aufgabe als Regierungschef
in Bayern und auf die Landtagswahl 2008 konzentrieren könne. Diese
"logische Absprache" zwischen beiden werde die Solidaritätsaktionen
der CSU-Führung mit Stoiber in den kommenden Tagen "überlagern",
räumte ein Präsidiumsmitglied der Christsozialen ein.
Derweil appellierte der bayerische Landtagspräsident Alois Glück,
CSU, an Edmund Stoiber, seiner Verantwortung als Amtsinhaber gemäß
dafür Sorge zu tragen, dass der Übergang zu seinem Nachfolger
geregelt über die Bühne gehe. In einem Interview mit der "Leipziger
Volkszeitung" sagte Glück: "Alles andere ist für eine Partei immer
eine Abenteuerreise. In Rheinland-Pfalz hat sich die CDU nach 20
Jahren noch nicht von einem abenteuerlichen Spitzenwechsel erholt."
Glück, der bis 2003 CSU-Fraktionschef im Landtag war, um dann den Weg
für seinen Nachfolger Joachim Hermann freizumachen, meinte mit Blick
auf Stoiber: "Es gelingt also schon, ganz neue Kräfte sich entwickeln
zu lassen. Dafür, dass das rechtzeitig in die Wege geleitet wird,
steht immer der Amtsinhaber in der Verantwortung. Ich hoffe, dass bei
Herrn Stoiber der Wechsel zum Zeitpunkt X gelingt, ohne Brüche."
Zugleich hob Glück hervor, dass für alle in der CSU "klar sein
muss, dass Ausforschungen des Privatlebens in unserer Partei nicht
geduldet werden können". In der strittigen Angelegenheit der
Ausforschung der Stoiber-Kritikerin Gabriele Pauli, die
CSU-Vorstandsmitglied und Landrätin in Fürth ist, meinte Glück: Deren
Antrag auf Urabstimmung über einen neuerlichen
Ministerpräsidenten-Kandidaten Stoiber bei der Wahl 2009 sei
"natürlich absurd". Aber man könne eine jetzt ausgebrochene
Führungsdebatte "in einer demokratischen Partei nicht von oben herab
einfach beenden". Er sei sich jedoch sicher, dass die bei ihren
Tagungen in Kreuth erwartete Solidarisierung der CSU-Gremien mit dem
Kandidaten Edmund Stoiber "auch eine eher beruhigende Wirkung nach
innen wie nach außen" haben werden. Schließlich hätte eine
Fortsetzung "der Phase der Selbstbeschäftigung" der CSU mit sich
selbst "fatale Wirkungen auf die Handlungsfähigkeit der CSU und auf
ihre Wirkung in München wie auch in Berlin".
Die Fürther Landrätin Pauli meinte gegenüber der Zeitung: "Ich will, dass Stoiber 2008 aufhört. 45 Prozent der CSU-Mitglieder sehen das laut Umfrage genauso. Deshalb hat sich mein Vorstoß überhaupt nicht erledigt." Zugleich hielt sie der CSU-Führung vor, "alle Register zu ziehen, um jemanden, der diese Forderung erhebt, einfach mundtot zu machen". Das führe bis hin zur Forderung nach einem Parteiausschluss, "nur weil ich meine Meinung zum Vorsitzenden äußere".
Im Fall eines Parteiausschlussverfahrens gegen das
Vorstandsmitglied Gabriele Pauli wäre der frühere CSU-Vorsitzende und
Rechtsanwalt Theo Waigel, nach Informationen der Zeitung, bereit, die
Mitgliedsrechte von Frau Pauli "notfalls bis hin zum
Bundesgerichtshof" zu verteidigen. Das wurde aus CSU-Kreisen heraus
bestätigt.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung