Bericht: Christliche Konvertiten vor Verfolgung schützen
Archivmeldung vom 28.10.2019
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Freigeschaltet durch André OttDas Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors hat am 28. Oktober im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin einen aktuellen Bericht zur Situation von 6.516 christlichen Konvertiten in Deutschland vorgelegt. In der repräsentativen Erhebung "Schutz für Konvertiten vor Abschiebung in Länder mit Christenverfolgung" wurden Daten und Hinweise aus 179 Gemeinden verschiedener Kirchen in Deutschland ausgewertet.
Immer weniger Konvertiten erhalten Asylschutz. Vielen
droht die Abschiebung in Länder, in denen die Abkehr vom Islam als
todeswürdiges Verbrechen gilt. Laut Open Doors müssen sie dort wegen
ihres Glaubens mit Gewalt, Haft und möglicherweise mit Folter sowie
ihrer Ermordung rechnen.
Der frühere CDU/CSU Fraktionsvorsitzende Volker Kauder bekräftigte
seine im Vorfeld der Pressekonferenz geäußerte Überzeugung:
"Deutschland, als Land der Religionsfreiheit, darf Konvertiten nicht
in Länder abschieben, wo Christen verfolgt werden."
Anerkennungsquote seit Juli 2017 halbiert
In einer gemeinsam mit den Partnern "Internationale
Informationsstelle für Religionsfreiheit Deutschland" (IIRF-D) und
"Professur für Religionsfreiheit und Erforschung der
Christenverfolgung, Freie Theologische Hochschule Gießen"
durchgeführten Erhebung hat Open Doors die aktuelle Situation von
Flüchtlingen untersucht, die sich dem christlichen Glauben zugewandt
haben. Viele von ihnen werden im Verlauf ihres Asylverfahrens mit dem
Vorwurf konfrontiert, ihren Glaubenswechsel nur vorgetäuscht zu
haben. Damit werden zuerst sie und genauso auch Pfarrer und Pastoren,
die diesen Konvertiten die Ernsthaftigkeit ihres Glaubens
bescheinigen, massiv diskreditiert.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellte laut
Angaben der an der Erhebung beteiligten Gemeinden vor dem 1. Juli
2017 in 67,9% der Anhörungen positive Bescheide für Konvertiten aus.
Nach diesem Datum sank die Zahl auf 36,3%. Konvertiten aus Iran
stellen mit 4557 Schutzsuchenden die größte Gruppe innerhalb der
Erhebung, gefolgt von Flüchtlingen aus Afghanistan und Syrien.
Was Konvertiten im Fall einer Abschiebung in ihr Herkunftsland in
punkto Verfolgung erwartet, spielte nach dem 1.7.2017 in immer
weniger Entscheidungen des BAMF eine Rolle. Ihre besondere Gefährdung
wird nicht erkannt oder wissentlich übergangen.
Keine einheitliche Rechtsprechung - willkürliche Entscheide?
Laut BAMF wird in den Anhörungen die "Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels" von Konvertiten geprüft und ermittelt, ob der Glaubenswechsel "identitätsprägend" ist. Damit soll eingeschätzt werden, ob und wie intensiv Konvertiten nach einer Abschiebung in ihre Heimatländer ihren Glauben praktizieren würden und deshalb von Verfolgung bedroht wären. Laut der Erhebung hat das BAMF 45 % der Konvertiten keinen Schutz erteilt, nicht einmal ein Abschiebeverbot ausgesprochen. Fast alle Abgelehnten klagten jedoch vor dem Verwaltungsgericht (VG), das 63 % der Klagen (zumindest teilweise) stattgab. Behörden schätzen demnach die Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels bei ein und demselben Konvertiten sehr unterschiedlich ein. Auffällig ist, dass die Anerkennungsquote von Konvertiten bei den VG je nach Bundesland stark variiert. Beim VG Berlin liegt die Quote ähnlich wie in Baden-Württemberg im Durchschnitt bei höchstens 20 %, in Hessen und in manchen östlichen Bundesländern jedoch bei über 80 %. Eine einheitliche Rechtsprechung erfolgt nicht.
Kirchliche Bescheinigungen mindern Chancen auf Anerkennung
Legt ein Konvertit eine Bescheinigung seiner Kirche über die
Ernsthaftigkeit seines Glaubenswechsels und seiner Glaubenspraxis
vor, sinken dadurch seine Chancen auf einen positiven Bescheid durch
das BAMF. Welchen Wert haben dann kirchliche Bescheinigungen? Nach 2-
bis 4-stündigen Gesprächen (mit Dolmetscher) mit den Konvertiten
können Mitarbeiter des BAMF und der VG angeblich die religiöse
Haltung dieser Personen besser einschätzen als Pfarrer und Pastoren,
die sie oft über lange Zeiträume begleiten und ihre Glaubenspraxis im
Alltag beobachten können?
Die von Politik und Behörden oft geäußerte Mutmaßung, der
Glaubenswechsel vieler Konvertiten sei nicht echt, steht im klaren
Widerspruch zur Einschätzung der Pastoren und Pfarrer: Im Rahmen der
Erhebung bescheinigen sie 88,1 % der schutzsuchenden Konvertiten
einen ernsthaften Glaubenswechsel.
Abschiebepraxis im Widerspruch zur Religionsfreiheit
Das Recht auf Religionsfreiheit schließt den Glaubenswechsel ein, auch Konvertiten sollen ihren Glauben privat und öffentlich leben können. Das ist in ihren islamischen Herkunftsländern nicht möglich. Ihre Abschiebung in eine solche Verfolgungssituation widerspricht der Intention des Grundgesetzes sowie den Menschenrechten.
- Deshalb fordern Open Doors Deutschland und die Partner in der Erhebung: Auf politischer Ebene soll bundesweit ein Abschiebungsverbot für Konvertiten beschlossen werden, sofern ihnen aufgrund ihrer Konversion Gefahr für Leib und Leben in ihrem Herkunftsland droht und eine Kirchengemeinde die Ernsthaftigkeit ihres Glaubens bescheinigt hat.
- Diese Bescheinigungen sollen durch Verwaltung und Gerichte als Indizien einer asylrechtlich erheblichen Glaubensüberzeugung und religiösen Prägung konsequent und einheitlich gewürdigt werden.
- Die EU-Qualifikations-Richtlinie RL 2011/95/EU soll vollständig und ihrer Intention nach umgesetzt werden.
- Die BAMF Länderberichte sollen deutlich den Verfolgungsdruck aufgrund von Konversion abbilden sowie verfügbare Quellen zur Landessituation berücksichtigen und auf dem aktuellsten Stand halten.
- Religionsfreiheit muss in vollem Umfang gewährt werden, dazu gehören öffentliche und gemeinschaftliche Glaubensausübung und Glaubenswerbung. Der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Open Doors Deutschland, Markus Rode, sagt: "Die Ergebnisse der Erhebung sollten nicht als Anklage gegen Entscheider des BAMF oder der VG verstanden werden. Es geht hierbei nicht um Positionen sondern um Menschen, auf deren Leben die einmal getroffene Entscheidung eine erhebliche Auswirkung hat. Insofern hoffen wir, dass diese Erhebung eine wertvolle Grundlage für alle am Entscheidungsprozess Beteiligten sein wird."
www.opendoors.de/konvertitenbericht
Quelle: Open Doors Deutschland e.V. (ots)