Erste Umfrage nach den Verhandlungen zur Großen Koalition: Bundesbürger erwarten keine Verbesserung ihrer Lebensumstände durch Schwarz-Rot
Archivmeldung vom 09.02.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.02.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach Abschluss der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD hat forsa im Auftrag der Mediengruppe RTL die politische Stimmung in Deutschland untersucht. Was erwarten die Bundesbürger von einer Großen Koalition? Ist Angela Merkel durch die Vereinbarungen geschwächt worden? Glauben die Deutschen, dass Andrea Nahles die richtige Wahl als künftige SPD-Chefin ist? Finden die Deutschen es richtig, dass Martin Schulz Außenminister wird?
Die Mehrheit der Bundesbürger (52%) - so das aktuelle RTL/n-tv-Trendbarometer - ist froh, dass endlich eine Koalitionsvereinbarung zustande gekommen ist und Deutschland wieder "richtig" regiert werden kann. 40 Prozent der Befragten sind allerdings eher besorgt über die Aussicht auf eine schwarz-rote Regierung. Positiv werten die Anhänger der CDU (76%), der CSU (68%), der SPD (66%) und der Grünen (61%) die Einigung, negativ urteilen die Anhänger der FDP (62%), der Linken (57%) und der AfD (80%).
Von Aufbruchstimmung oder gar einer "Erneuerung der Gesellschaft" kann nach Einschätzung der Deutschen jedoch keine Rede sein: 86 Prozent der Befragten bewerten die Große Koalition als eine Art "Notgemeinschaft", wie das aktuelle RTL/n-tv-Trendbarometer zeigt. Darin sind sich die Anhä-nger aller Parteien mit nur geringfügigen Abweichungen einig. Entsprechend erwartet auch nur eine Minderheit der Befragten von 9 Prozent, dass sich die Lage der Menschen durch die Beschlüsse bei den Koalitionsverhandlungen verbessern wird. 73 Prozent glauben, es werde sich nichts verändern; 15 Prozent denken sogar, die Situation der Menschen werde sich verschlechtern. Die positivsten Erwartungen haben die Anhänger der SPD (23%), dagegen befürchten 43 Pro¬zent der AfD-Anhänger, durch Schwarz-Rot werde alles schlechter.
Kein klarer Sieger im Koalitions-Poker
Wer ist Sieger der Koalitionsverhandlungen? Knapp 40 Prozent der Befragten sind der Auffassung, die Unionsparteien hätten mehr ihrer politischen Vorstellungen durchgesetzt als die SPD. Im Einzelnen: 26 Prozent meinen, die CDU habe sich am besten durchgesetzt, 12 Prozent denken das von der CSU und 30 Prozent von der SPD. 18 Prozent sind überzeugt, alle drei Parteien hätten sich in gleichem Maße durchgesetzt.
Merkel geschwächt - aber sie soll vier Jahre regieren Nur eine Minderheit (8%) sieht Angela Merkel nach den Koalitionsverhandlungen gestärkt. 45 Pro-zent der Befragten sehen sie geschwächt, 40 Prozent sind der Meinung, es habe sich nichts geändert. forsa-Chef Prof. Manfred Güllner gegenüber der Mediengruppe RTL: "Merkel sieht durch die Koalitionsverhandlungen knapp die Hälfte aller Bundesbürger als geschwächt an. Dennoch möchte eine Mehrheit, dass sie für volle vier Jahre Kanzlerin der neu zu bildenden Regierung bleibt."
55 Prozent der Befragten wollen, dass Merkel die gesamte Legislaturperiode durchregiert, 39 Pro-zent dagegen fänden es besser, sie würde ihr Amt "vorher an jemand anderen übergeben". Die Anhänger der Unions-Parteien wünschen zu 81 Prozent, dass Merkel vier Jahre lang Kanzlerin bleibt. Die SPD-Anhängerschaft ist in dieser Frage gespalten - 48 Prozent sagen Ja zur kompletten Kanzlerschaft, 49 Prozent sind dagegen. Mehrheitlich für einen vorzeitigen Rücktritt sind die Anhänger der FDP (54%) und der AfD (82%).
Wen würden die Deutschen zum Kanzler wählen, wenn eine solche Direktwahl möglich wäre? Wenn Martin Schulz Kandidat der SPD wäre, würden 44 Prozent Merkel und nur noch 12 Prozent Schulz die Stimme geben - ein Vorsprung für Merkel von 32 Prozentpunkten. 44 Prozent würden keinen von beiden wählen. Wenn Andrea Nahles kandidieren würde, würden 46 Prozent Merkel und 23 Prozent Nahles wählen, 31 Prozent keinen von beiden. Wenn Olaf Scholz als Kandidat an-träte, würden 45 Prozent Merkel und 27 Prozent Scholz wählen, 28 Prozent keinen von beiden.
Forsa-Chef Prof. Manfred Güllner zur Mediengruppe RTL: "Eine größere Schwächung von Merkel ist gerade bei den Kanzlerpräferenzen nicht erkennbar. Zwar ist ihr Wert gegenüber der letzten Messung vor den Koalitionsverhandlungen um 2 Prozentpunkte zurückgegangen - aber das trifft auch auf Martin Schulz zu, der damit auf einen weiteren Tiefpunkt abgerutscht ist. Selbst von den SPD-Anhängern würde gerade mal ein Drittel (33%) für Schulz votieren."
Viele Deutsche trauen Nahles den SPD-Vorsitz nicht zu Ist Andrea Nahles die richtige Lösung für den SPD-Parteivorsitz? 52 Prozent der Deutschen sagen: Nein, "jemand anderes wäre besser geeignet". 42 Prozent der Befragten trauen Nahles den SPD-Vorsitz zu. Unter den SPD-Anhängern sieht eine hauchdünne Mehrheit (49 Prozent) in Andrea Nahles eine gute ParteiVorsitzende, 47 Prozent allerdings halten sie für ungeeignet. 46 Prozent der Bundesbürger glauben nicht daran, dass Nahles ihre Partei erneuern kann; 36 Prozent halten das doch für möglich. Unter den SPD-Anhängern ist das Urteil in dieser Frage positiver: 51 Prozent von ihnen trauen Nahles zu, die Sozialdemokratie zu erneuern; 32 Prozent sind pessimistisch.
Ablehnung für Minister Schulz
Fast drei Viertel der Deutschen (72%) halten es für falsch, dass Martin Schulz Außenminister wird, nur 26 Prozent finden das richtig. Die Entscheidung des SPD-Chefs zum Eintritt in die Merkel-Regierung halten auch 60 Prozent der SPD-Anhänger für falsch. Folgerichtig haben die Bundesbürger auch keine hohen Erwartungen an einen Außenminister Schulz: 54 Prozent der Deutschen befürchten, er werde als Chef des Auswärtigen Amtes keine gute Arbeit leisten, 35 Prozent der Befragten glauben, er werde sehr wohl ein guter Minister sein.
Auch gegenüber einem Innenminister Horst Seehofer sind die Befragten skeptisch: 53 Prozent sind der Meinung, er werde das Amt nicht gut führen, 38 Prozent betrachten ihn positiv. Bessere Bewertungen erhält Peter Altmaier als möglicher Wirtschaftsminister: Von ihm erwarten 49 Prozent der Deutschen eine gute, 30 Prozent eine schlechte Amtsführung. Auch Olaf Scholz wird als Finanzminister von 48 Prozent der Befragten positiv, von 26 Prozent negativ bewertet.
Noch kein "Nahles-Effekt" für die SPD
Wenn nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen neu gewählt würde, gäbe es nur wenige Veränderungen gegenüber der Vorwoche. Die Union würde zwei Prozentpunkte einbüßen, die SPD kommt über den niedrigen Wert von 18 Prozent nicht hinaus. Forsa-Chef Prof. Manfred Güllner gegenüber der Mediengruppe RTL: "Ein positiver 'Nahles-Effekt' ist für die SPD zumindest bislang nicht erkennbar. Das liegt auch daran, dass die Entscheidung von Martin Schulz - entgegen seiner klaren Ankündigung - doch in ein Kabinett unter Merkel eintreten zu wollen und den beliebten Außenminister Sigmar Gabriel aus seinem Amt zu verdrängen, für nicht gut befunden wird. Das belastet den Umfrage-Wert der SPD."
Die Ergebnisse im Einzelnen: CDU/CSU 31 Prozent (Bundestagswahl 32,9), SPD 18 Prozent (20,5), FDP 10 Prozent (10,7), Grüne 13 Prozent (8,9), Linke 10 Prozent (9,2), AfD 13 Prozent (12,6). 5 Pro-zent würden sich für eine der sonstigen Parteien entscheiden (5,2).
Die Daten wurden am 7. und 8. Februar 2018 vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag der Mediengruppe RTL erhoben. Datenbasis: 1003 Befragte. Statistische Fehlertole-ranz: +/- 3 Prozentpunkte.
Quelle: Mediengruppe RTL Deutschland (ots)