Bund und Länder nähern sich bei Planungsbeschleunigung an
Archivmeldung vom 21.09.2023
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićNach monatelangen Debatten kommt offenbar Bewegung in die deutschlandweit angestrebte Planungsbeschleunigung und Entbürokratisierung. Die Bundesländer haben auf ein Vorschlagspaket reagiert, welches ihnen das Kanzleramt Ende Juli geschickt hatte, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".
Unter Federführung der Staatskanzleien in Niedersachsen und
Nordrhein-Westfalen haben sich die Länder demnach auf ein 17-seitiges
Dokument geeinigt, das auf den Vorschlägen des Kanzleramts basiert und
um zahlreiche Änderungswünsche ergänzt wurde. Die möglichen Reformen
sollen den Bau von Windrädern, Energietrassen, Bahnstrecken und
Wohnungen erleichtern und beschleunigen. Zwar handelt es sich noch nicht
um eine Einigung zwischen Bund und Ländern, doch liegt immerhin zum
ersten Mal eine gemeinsame Diskussionsgrundlage vor. Bund und Länder
wollen erreichen, dass Genehmigungen schneller erteilt werden.
Der
Bund schlägt dabei vor, dass die Bürger früher als bisher üblich
befragt und in den Genehmigungsprozess eingebunden werden. Die Länder
fordern darüber hinaus, dass die gesetzlichen Fristen verkürzt werden -
entsprechende Gesetze müsse der Bund ändern. Die Beteiligung der
Öffentlichkeit, deren Einwände und Anregungen sollen zudem digital
dokumentiert werden. Bei "kleineren und im Wesentlichen gleichartigen
Projekten" könne auf aufwendige Genehmigungsverfahren ganz verzichtet
werden.
Bund und Länder wollen deshalb vereinfachte Verfahren
ermöglichen oder Fälle von geringer Bedeutung gleich ganz von der
Genehmigungspflicht befreien. Angedacht ist auch, einzelne
Planungsschritte parallel abzuwickeln, statt sie hintereinander
anzuordnen. Oft kann eine Behörde dem Papier zufolge ein Vorhaben nur
langsam genehmigen, weil andere Behörden ihr nur schleppend zuarbeiten.
In diesem Fall fordern die Länder eine "Genehmigungsfiktion": Künftig
solle eine Genehmigung als erteilt gelten, wenn eine bestimmte Frist
abgelaufen ist - egal, ob die Behörde in der Sache tatsächlich
entschieden hat oder nicht.
Nach dem Willen der Länder soll dies
vor allem für den Mobilfunk gelten. Um die Netze zum Beispiel für Strom
schneller ausbauen zu können, erwägen Bund und Länder, die Rechte von
Grundstückseigentümern einzuschränken. Der Neubau von Stromnetzen
verzögere sich oft, weil Eigentümer den Zugang zu ihren Grundstücken
verwehrten, heißt es in dem Papier. Künftig sollen sie gegen
Entschädigung dulden müssen, dass ihr Grundstück genutzt wird, um
Leitungen zwischen Anlagen für erneuerbare Energie und dem allgemeinen
Stromnetz zu verlegen.
Im Vorschlag des Kanzleramts heißt es,
der Bund werde prüfen, ob dazu ein Gesetz notwendig sei. Die Länder
fordern den Bund dazu auf, die Sache auf jeden Fall durch ein
Bundesgesetz zu regeln. In der Antwort der Länder auf das Kanzleramt
findet sich eine solche Aufforderung mehrmals. So hat der Bund etwa die
Länder aufgefordert, sie sollten klarstellen, dass auf allen Flächen für
gewerbliche und industrielle Nutzung ein großflächiger Ausbau
erneuerbarer Energien möglich sei.
Die Länder entgegnen: Der
Bund solle die notwendigen "Rahmenbedingungen" für diesen Ausbau
schaffen. In der Sache selbst aber scheint es einen Konsens zu geben.
Ähnlich ist die Lage im Baurecht. Für einen beschleunigten sozialen
Wohnungsbau soll ein neuer Gebäudetyp E ("E" wie einfach) zugelassen
werden. Aus Sicht des Bundes sollen dafür die Landesbauordnungen
geändert werden. Die Länder dagegen verlangen vom Bund, das Bürgerliche
Gesetzbuch anzupassen. Differenzen zeigen sich in dem Papier auch beim
sozialen Wohnungsbau: So hat das Kanzleramt die Länder aufgefordert,
ihre Förderrichtlinien so zu vereinheitlichen, dass es möglichst zu
einem bundesweiten Standard komme. Diesen Vorschlag haben die Länder in
ihrer Entgegnung komplett gestrichen.
Dafür haben sie eine Passage eingefügt, wonach der Bund den Bau von Bahntrassen vereinfachen soll. Er solle per Gesetz festlegen, dass beim Aus-, Neu- und Ersatzbau der Schieneninfrastruktur grundsätzlich ein überragendes öffentliches Interesse vorliege. Vereinfachungen soll es auch bei Umweltvorschriften geben, da sich Bauprojekte oft wegen umweltrechtlicher Vorgaben verzögern. Künftig könnten Umweltdaten und Gutachten in zentralen Datenbanken abgelegt werden, damit sie für mehrere gleichartige Vorhaben zur Verfügung stehen. Einheitliche Standards könnte es künftig für den Artenschutz geben. Für den Bau von Windenergieanlagen an Land ist das bereits der Fall, eingeführt werden soll es nach dem Willen von Bund und Ländern nun auch für den Ausbau von Schienen- und Stromnetzen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur