Steinmeier besorgt über Entwicklungen in den USA
Archivmeldung vom 27.01.2017
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Freigeschaltet durch André OttDer scheidende Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigt sich tief besorgt angesichts der Entwicklungen in den USA. "Ich war trotz langer Jahre in der Politik entsetzt über diesen amerikanischen Wahlkampf", sagte Steinmeier der "Süddeutschen Zeitung". Nun könne man nur hoffen, dass der Präsident sich im Amt ändere. "Es geht nicht um Kleinigkeiten, sondern um Grundfragen unseres Selbstverständnisses, wie bei der Haltung zur Folter", warnte Steinmeier.
Er verwies auf die Schärfe der Auseinandersetzung in den Vereinigten Staaten: "Nie haben wir eine solche Polarisierung in der amerikanischen Innenpolitik erlebt", klagte der SPD-Politiker. Steinmeier hofft darauf, dass es trotz aller aktuellen Sorgen gelingt, die neue US-Regierung vom Nutzen des transatlantischen Verhältnisses und seiner Bedeutung als Fundament des Westens zu überzeugen.
"Dieses Fundament ist nur stark, wenn es von beiden Seiten getragen und gepflegt wird." Dabei räumte Steinmeier ein, dass es schwer werden dürfte, dem neuen US-Präsidenten die Bedeutung der EU für Europa selbst zu erklären. "Ich habe nicht die naive Hoffnung, ihm das Wachsen und Werden der Europäischen Union aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs erklären zu können", so der SPD-Politiker.
"Aber dass die USA nichts davon haben, wenn Europa geschwächt, wird, das sollte einleuchten." Verwundert zeigte sich Steinmeier darüber, wie wenig Trump vom freien Welthandel halte und wisse. "Dass ein französischer und ein chinesischer Präsident ihrem neuen amerikanischen Kollegen die Vorteile einer offenen Welt und eines freien Welthandels öffentlich nahebringen müssen, hätte ich mir bis vor wenigen Tagen beim besten Willen nicht vorstellen können", sagte der scheidende Außenminister.
Mit Blick auf die vielen EU-Kritiker sagte er, es wäre "geradezu grotesk", sollte Europa "das in nun fast 60 Jahren Wachstum und Fortschritt Erreichte aufgeben". Mit deutlichen Worten warnte der SPD- Politiker vor dem sich ausbreitenden Nationalismus. "Wo Patriotismus zu Nationalismus wird, wird es ernst und gefährlich", mahnte Steinmeier. Außer acht läßt er dabei, daß ein Mensch der seine Nation liebt, eben Nationalist genannt wird.
"Wir spüren, dass nichts unumkehrbar ist und der Frieden auch in Europa immer wieder neu begründet und verteidigt werden muss." Eindringlich warnte der designierte Bundespräsident auch vor einem Ende des Atomabkommens mit Iran. Der Vertrag habe einen Krieg in der Nahost-Region verhindert; entsprechend gefährlich wäre es, ihn aufzukündigen.
"Mir will nicht einleuchten, wie das im amerikanischen oder israelischen Interesse sein soll", so Steinmeier. "Die Ängste werden nicht kleiner dadurch, dass Iran wieder an der Entwicklung von Atomwaffen arbeitet."
Quelle: dts Nachrichtenagentur